Vizebürgermeister: „Geschäftsvorgänge der Wien Energie sind untragbar“
In der Causa Wien Energie – der größte Stromversorger Österreichs braucht kurzfristig bis zu 6 Milliarden Euro – hat sich nun der Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), der in einer Koalition in der Stadtregierung mit der SPÖ steht, zu Wort gemeldet. „Die Geschäftsvorgänge der Wien Energie sind untragbar, aber in der aktuellen Situation muss eines vorangestellt werden: Die Versorgung der Wiener und Wienerinnen mit Strom und Gas. Das aktuelle Krisenmanagement der Wien Energie ist unzureichend und ihrer Kommunikation fehlt jeglicher Willen zur Transparenz. Da werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet“, heißt es in einer Aussendung. Wiederkehr fordert Prüfungen durch Bundesrechnungshof und Stadtrechnungshof.
Diese ziemlich klare Aussendung kommt zwei Stunden, bevor der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sich an die Öffentlichkeit wenden wird – er wird ab 12:30 ein Statement zu der Wien Energie (eine Tochter der Stadt Wien) abgeben. Bereits am Montag Abend versuchte der Wiener Finanzstadtrat Michael Hanke zu erklären, woher der akute Geldbedarf der Wien Energie plötzlich kommt. Wien Energie würde von der Börse geforderten Sicherheiten aufbringen müssen. „Das bedeutet derzeit bis zu 2 Mrd. Euro täglich. Die Stadt Wien und die Wiener Stadtwerke haben das bisher alleine gestemmt, mit der Preisexplosion an der Börse Ende letzte Woche sind wir nun an unsere Grenzen gestoßen“, so Hanke in einer Aussendung.
Wien Energie braucht bis zu 2 Mrd. Euro täglich für Stromhandel
Handel mit Strom- und Gasderivaten
Finanzminister Brunner (ÖVP) sagte im Morgenjournal, dass er nur 48 Stunden zuvor erfahren habe, dass die Wien Energie kurzfristig zwei Milliarden Euro brauche. Mittlerweile ist in Verhandlung, dass die Republik einen Schutzschirm von zehn oder mehr Milliarden Euro für heimische Energieunternehmen spannen soll, um diese vor den drastisch gestiegenen Strompreisen zu schützen.
Wien Energie hat zuvor viele Geldmittel bei den Stadtwerken und der Stadt Wien (2x 700 Mio. Euro) geholt, um sich die durch die Preisexplosion steigenden „Initial Margin“ und „Variation Margin“ leisten zu können, die der Handel an Strommarktplätzen verlangt. Laut Hanke seien die „Mondpreise“ vom Freitag „völlig unvorhersehbar“ gewesen, deswegen hätte man sich an die Bundesregierung wenden müssen.
Doch mit dem Stromhandel und den dortigen Effekten müsste man sich bei Wien Energie eigentlich sehr gut auskennen. Denn der Jahresbericht für 2021 zeigt bereits, dass sich die kurzfristigen Schulden der Wien Energie 667 Mio. auf 4,15 Mrd. Euro im Vorjahr versechsfacht haben. Verantwortlich dafür waren auch Termingeschäfte mit Strom und Gas. „Zudem ergeben sich im Vergleich zum Vorjahr höhere Verbindlichkeiten aus der Bewertung von langfristigen Strom- und Gasderivaten infolge der energiewirtschaftlichen Preisanstiege“, heißt es in dem Bericht. Außerdem: „Die kurzfristigen Vermögenswerte haben sich im Jahr 2021 mehr als vervierfacht und lagen zum Bilanzstichtag bei 3.885,0 Mio. EUR. Diese Steigerung resultiert im Wesentlichen aus höheren kurzfristigen finanziellen Forderungen, was vor allem auf den signifikanten Anstieg der Initial- und Variation-Margins zurückzuführen ist.“
Wien Energie: Strompreis bei 1.000 Euro ließ Kautionen explodieren