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Volksbank-Vorstand Thomas Uher im Interview: „Fintechs werden Banken nicht ersetzen“

© Robert Polster
Thomas Uher, Vorstandsdirektor der Volksbank © Robert Polster
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Fintechs versuchen in der stark regulierten Finanzwelt neuartige Produkte anzubieten und damit traditionelle Banken herauszufordern. Viele Konsumenten und Firmen fragen sich angesichts neuer Angebote: Werden Fintechs traditionelle Banken ersetzen? Wo sind meine Daten gut aufgehoben? Was schafft Vertrauen? Was kann AI? Wie sieht das zukünftige Arbeiten in einer Bank aus? Hat Bargeld ausgedient?

Thomas Uher, Vorstand für den Bereich Risiko bei der VOLKSBANK WIEN AG, spricht im Vorfeld der Fintech-Week über die neuen Herausforderungen von Banken im digitalen Zeitalter und erklärt warum er keine Krawatte mehr trägt.

Am 20. November lädt die VOLKSBANK WIEN AG zur Podiumsdiskussion. Erfolgreiche Fintechs teilen ihre Strategie zum Thema „Growth Hacking = lots of customers?“.

Vor zwei Jahren haben Sie in einem Interview gesagt, dass Fintechs traditionelle Banken nicht ersetzen werden. Bleiben Sie noch dabei?

Das glaube ich immer noch. Ich habe schon damals an die Ökosysteme geglaubt. Banken werden sehr eng mit Fintechs kooperieren. Fintechs werden für Banken Bausteine machen. Aus einer engen Vernetzung heraus wird Innovation über die Fintechs in die Banken getragen werden. Aber Fintechs werden Banken nicht ersetzen.

Würden Sie etwas einschränken?

Das eine oder andere Fintech wird zur Bank mutieren. Dann ist es aber kein Fintech mehr, sondern auch eine Bank. Das sehen wir bei N26, die immer mehr Bank werden. Zwischen einem Fintech und einer Direktbank ist es ein schmaler Grat. Manche Fintechs werden Banken. Das wird allerdings eine Ausnahme bleiben. Die Regel wird sein, dass Fintechs von Banken übernommen werden oder in den Wertschöpfungsketten der Banken Bausteine einbringen werden.

Warum glauben Sie das?

Fintechs haben große Vorteile. Fintechs schleppen keine Altlasten mit sich herum. Sie sind wirklich agil. Das ist schon ein Unterschied. Sie sind dynamischer und rascher. Was sie nicht haben, ist das ganz große Thema Vertrauen. Unsere Kunden wollen das Vertrauen nicht verlieren aber sie wollen uns schneller und agiler und komfortabler sehen.

Wird bei den Kunden das Bedürfnis nach Vertrauen im Zeitalter der Digitalisierung größer?

Nein. Aber auch nicht kleiner. Die Digitalisierung hat die Vertrauensthematik nicht verändert. Da hat Krise etwas bewirkt. Mit der Krise 2008 oder Griechenland und Italien gibt es krisenhafte Entwicklungen, während denen die Leute in Betongold geflüchtet sind oder Gold gehortet haben. Das vergeht ja dann immer, weil es so extrem mühsam ist. Also es gibt schon einen Zug zu Sicherheit aber der ist nicht der Digitalisierung geschuldet.

Wie sorgen Sie für Vertrauen?

Wir haben zwei Dinge die auf Vertrauen einzahlen. Das eine ist die Beziehung zwischen dem Kunden und dem Kundenberater. Das war immer die Hauptwährung. Auch wenn sich Kunden über ihre Bank ärgern, dann sagen manche, über meinen Kundenberater will ich nichts sagen, der bemüht sich so um mich. Das ganz große Thema ist die Beziehung zwischen Kundenberater und Kunden. Das zweite ist das Gesamtsystem Bank. Beim Kundenberater können sie viel richtig machen. Beim besagten System dürfen sie die Dinge einfach nicht falsch machen. Auch wenn eine Gruppe in Schwierigkeiten kommt. Die Volksbank hat vor ein paar Jahren als ÖVAG Ihre Kundenbeziehung gehalten. Das hat funktioniert.

Und da spielt Digitalisierung schon mit rein. Denn eins bringt Digitalisierung mit sich: Wir sehen unsere Kunden seltener, weil sie viele Dinge aus ihren und unserem Interesse digital erledigen. Das wird die große Herausforderung sein, wie wir diese Vertrauensebene gut ins digitale Zeitalter hinüberheben können.

Wie gehen sie mit den digitalen Daten und der Beratung von Kunden im digitalen Raum um?

Die größte Herausforderung ist, die wenigen Kontakte die wir mit den Kunden haben und das Wissen was wir über den Kunden haben in einem Kundengespräch bestmöglich zu nützen. Wir brauchen Daten-Management-Systeme die uns helfen, dass wir, das was wir über sie wissen, für sie sinnvoll nutzbar machen. Zum Beispiel: Sie haben eine größere Zahlung bekommen. Sie überlegen sich, damit zu investieren und dann vergessen sie es. Die Volksbank wirdsich nach einer Woche melden und dann sagen: Ist ein größerer Betrag auf dem Konto weil sie eine größere Ausgabe planen oder können wir über eine Anlage reden? Dann empfinden sie das als Nutzen und nicht als Belästigung.

Nehmen das die Kunden auch an?

Wenn wir es gut machen ja. Es wird ganz darauf ankommen, wie man Themen an den Kunden zurückspielt. Wir bieten auch gescheite Wallet-Lösungen. So kann man bspw. Stromrechnungen mit Zusatzinformationen speichern. Auch Tresor-Lösungen bieten wir an.

Datensicherheit ist wesentlich. Wenn es gratis ist, sind die Daten der Preis den man zahlt. Das ist der Unterschied, den wir unseren Kunden versprechen: Das Bankgeheimnis. Wir wissen wirklich viel über Sie und werden das nie jemanden verkaufen oder jemand anderen erzählen.

Den vertraulichen Umgang mit Daten trauen Sie Fintechs nicht zu?

Nein. Fintechs haben ein anderes Geschäftsmodell. Fintechs die sich in eine Bank gewandelt haben, müssen sich an Bankregeln halten: Denen traue ich das auch zu, weil ich davon ausgehe, dass sie sich, wie alle unsere Mitbewerber, an die Regeln halten. Aber Fintechs haben einen anderen genetischen Code. Wo sie agiler sind, da sind wir die Vertrauenswürdigeren. Das spielen uns die Kunden jederzeit zurück.

Die Volksbank ist Teil der Fintech-Week. Was versprechen Sie sich von der Veranstaltung? Wie könnte eine Kooperation von Fintechs und einer traditionellen Bank wie der Volksbank aussehen?

Wir haben in den letzten Jahren weniger in unsere digitalen Plattformen investieren können wie unsere Mitbewerber. Das war verschiedenen Ursachen geschuldet. Für einen Verbund mit unserem Marktanteil ist es gescheit zu schauen, was nimmt der Kunde an, was nimmt er nicht an. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt gekommen. Wir sind seit einem Jahr in Kontakt mit der Community. Wir wollen ein klares Zeichen geben, dass wir bei der Digitalisierung hinter unseren Mitbewerbern nicht zurückstehen. Unsere Produkte haben ein ähnliches Qualitätsniveau. Unsere klassischen Mitbewerber können wir durch gescheite Kooperationen noch überholen. Im Gegensatz zu den anderen haben wir nicht vor alles selber zu machen, sondern wir scheuen uns nicht zu kooperieren oder dazukaufen.

Stehen explizite Investitionen in Fintechs an?

Unser Geschäftsmodell wird nicht das einer Beteiligung an Fintechs sein. Das passt auch nicht wirklich zu uns. Unser Kooperationsmodell wird sein, Teile bei Fintechs in Auftrag zu geben.

Was brauchen die Mitarbeiter? Wie gehen die mit Digitalisierung um?

Die Digitalisierung bringt in aller erster Linie mehr Zeit für Beratung. Wir müssen den Mitarbeitern die Scheu nehmen und ihnen helfen die Chancen zu nutzen. Wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Werkzeuge ihre Arbeit leichter machen, dann werden sie diese verwenden.

Was suchen Sie bei zukünftigen Mitarbeitern, die eingestellt werden?

Wenn wir jemanden für den Zahlungsverkehr einstellen, muss er digitalaffin sein aber er muss keine Digital-Freak sein. Es gibt unterschiedliche Aufgaben. Mit jeder Generation, die reinkommt, holt die Volksbank sich neue Fähigkeiten.

Was wir noch nicht haben ist ein Reverse-Mentoring. Den Jungen macht es stolz den Arrivierten etwas erklären zu können und dem alten war es überhaupt nicht peinlich den Jungen zu fragen, wie etwas funktioniert. Das bringt einen guten Wissenstransfer.

Wäre vielleicht eine gute Idee. Wie geht es der Volksbank im „War for Talent“?

Ich glaube wir kriegen nicht mehr die besten eines Jahrgangs. Große erfolgreiche Banken und Beratungsunternehmen konnten sich die motiviertesten eines Jahrganges an einschlägigen Universitäten und Fachhochschulen aussuchen. Das hat sich gewandelt. Andere Bereiche sind mehr hip – versprechen mehr Herausforderung. Wir wollen hier mitspielen. Wir bieten vergleichbare Herausforderungen und ein vergleichbares Umfeld. Wir hängen uns keine Krawatte mehr um, damit wir sie nicht abschrecken (lacht). Ab und zu zum Weltspartag hänge ich sie mir um. Zum Glück habe ich nur graue und dunkle Anzüge, das heißt es reichen zwei Krawatten.

Aber auch wie wir mit einander umgehen, hat sich geändert. Wir planen in ein neues Bürogebäude umzuziehen mit anderen Arbeitsformen. Die aktuelle Art von Büros ist nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen die besten Talente bei uns. Da müssen wir uns heute mehr anstrengen als noch vor zehn Jahren.

Haben Sie sich die neuen Bürokonzepte von Startups abgeschaut?

Die neuen Konzepte haben sehr viel von den Startups. Wir werden sehr viele Projektarbeitsplätze haben. Ich habe nicht mehr einen Schreibtisch und da bin ich immer, sondern ich arbeite ein paar Tage in einem Projekt und da schaut es durchaus startup-ähnlich aus. Dann habe ich wieder Tage an denen ich ganz normal im Büro bin. Wir haben den Mut zu sagen, wir haben Tätigkeiten in der Bank die einer ganz anderen Logik gehorchen mit anderen Platzformen als in der Vergangenheit. Wir zwingen aber nicht jeden in eine Startup-Atmosphäre, wenn der Mitarbeiter in einem nicht passenden Bereich arbeitet z.B. Meldewesen.

Viele Banken testen erste Blockchain-Transaktionen. Sie sind Vorstand für den Bereich Risiko. Wir schätzen Sie die Thematik ein?

Anwendungsfälle der Blockchain sind eher großvolumige Kapitalmarkt-Transaktionen. Das schaue ich mir an. Das halte ich für spannend. Die Blockchain kann da ihre Vorteile schon ausspielen. Aus der spezifischen Risiko-Sicht sind diese Transaktionen schwer in Ordnung. Da wird ein Sicherheitssystem „die Börse“ ersetzt durch ein anderes System „die Blockchain“, was vergleichbar sicher ist. Aus der Sicherheitsecke macht mit das keine Sorgen.

Für uns als klassische Retail-Bank mit Klein- und Mittelbetrieben spielt es noch keine Rolle. Für die Breitenanwendung funktioniert Blockchain noch nicht. Wird es kommen? Ich bin überzeugt davon.

Das wird sich dramatisch und rasch verändern. Wir werden rasch in Technologiesprünge kommen wo auch andere Dinge damit gut funktionieren werden. Dann werden wir sie auch anwenden. Ich sehe weniger das Risiko, sondern mehr die Business-Kosten. Daher glaube ich, dass das auf Großtransaktionen mit wenig Teilnehmern bezogen bleibt. Aber es wird mittelfristig eine Veränderung geben. Für uns sind andere Dinge wichtiger, die früher funktionieren werden.

Welche?

Smarte Robotik-Lösungen werden in einer Robotiksbank viel früher eine Anwendung finden. Weil wir hier auf der Kosten- und Tempo-Seite viel rascher zu Ergebnissen kommen. Mit Artificial Intellegence werden wir viel weiterkommen. Selbstlernende Systeme kommen besser als Berater zu Kundeninformationen.

Da sehe ich solche Dinge früher Eingang bei uns finden. Die Blockchain-Technologie wird den Massenschritt aber noch machen. Davon bin ich überzeugt.

Wird Roboterberatung in Zukunft für die Volksbank eine Rolle spielen?

Jein. Was wir sicher haben werden, sind Chatbots. Sag mir meinen Kontostand? Ist das schon Beratung? (lacht) Ein bisschen oder? Wieso sollte das bei Siri funktionieren und bei der Bank nicht. Das müsste alles, wenn es der Kunde will, extrem einfach funktionieren. Wir werden hier sicher in diesen Bereich sehr rasch technische Lösungen haben. Es wird Portfolio-Manager geben die von Logarithmen gemacht werden. Die werden nicht schlechter werden.

Sehe ich irgendwelche Sony-Puppen bei uns? Nein, das sehe ich nicht. In dem Moment in dem der Kunde mit uns in Kontakt tritt, will er noch mit einem echten Kundenberater reden. Alles was man auf elektronischen Weg machen kann, wird am Schluss wahrscheinlich von AI- oder Robotik-Systemen übernommen. Das wird auch für niemanden ein Nachteil sein.

In der Schulung setzt die Volksbank aber bereits im kommenden Jahr auf Virtual Reality (VR) unterstütze Ausbildungsformate mit Brillen mit 360-Grad-Videos, um den Lernprozess für die Volksbank-Mitarbeiter effizienter, innovativer und auch unterhaltsamer zu gestalten.

Sie haben Bitcoins?

Ich persönlich nein. Aber das hat nichts mit der Frage zu tun ob ich dieses Blockchain-System für sicher halte. Bitcoin war ziemlich gehypt. Ich halte es für ein typisches Blasenphänomen. Aber das ist kein Thema bei meinen Anlagen. Ich beschäftige mich nicht übertrieben viel mit meinen eigenen Anlagen.

Die erste Blase hatten wir mit Tulpen.

Ja, in den Niederlanden.

Damals moderne Technologie (lacht). Aber die Leute haben nicht Geld verloren, weil die Tulpen nicht gewachsen wären, sondern weil die Blase geplatzt ist.

Schauen wir mal, ob die Bitcoins blühen werden.

Aber das hat sich wieder normalisiert. In einem Punkt bin ich schon altmodisch. Wertschöpfung ist eine öffentliche Aufgabe. Ich bin schon ein Freund von Notenbank-Geld. Ich sehe das als eine staatliche Aufgabe. Geld ist ein Zahlungsmittel und hat eine Werterhaltungsfunktion aber wenig Spekulationsfunktion. Bei den Bitcoins war die Wertentwicklung spekulativ. Das passt zu meinem Bild von Geld nicht. Wenn man es als Asset-Kategorie sieht, ist es etwas anderes. Aber dann ist es ein reiner spekulativer Asset.

Hat Bargeld bald ausgedient?

Nein, weil die Menschen Bargeld wollen. Es gibt Gesellschaften, die weiter sind, aber in Österreich und in Zentral-Europa wird Bargeld weiter eine Rolle spielen. Die Rolle wird geringer werden jedoch hat Bargeld auch einen Freiheitsgedanken. So lange die Menschen Bargeld wollen, sollen sie Bargeld nehmen.

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