Vollpension: „Konnten dank des neuen Geschäftsmodells Teil des Corona-Schadens abfangen“
9,90 Euro pro Stunde inklusive unbegrenzt Kaffee, Tee und Hauslimos nach Wahl und ein Stück Kuchen oder Brote von der Oma: Das neue Preismodell des Wiener Kaffeehauses Vollpension ist ordentlich eingeschlagen. Um auf die Umsatzrückgänge in der Corona-Krise zu reagieren, hat das Team rund um Mitgründer Moriz Piffl vor zwei Wochen eine Beta-Phase für das neue Geschäftsmodell gestartet (Trending Topics berichtete). Nun gibt es einen ersten Zwischenbericht und einige Neuerungen.
„Das Feedback ist zu 90 Prozent positiv. Wir konnten dank des neuen Geschäftsmodells einen Teil des Corona-Schadens abfangen. Wir hatten nur ein Drittel der Gäste aus dem Vergleichszeitraum im Vorjahr, aber immerhin 50 Prozent des Umsatzes“, so Piffl über den doch gewagten Versuch, nicht mehr die konsumierten Speisen und Getränke zu verrechnen, sondern eine Paschalbetrag für die verbrachte Zeit im Lokal zu verlangen.
Quickie und Sozialtarif
Die Vollpension, die zwischenzeitlich in Halbpension umbenannt wurde, um auf die Corona-Maßnahmen aufmerksam zu machen, wird also vorläufig bei dem neuen Preismodell bleiben. Die Testphase wird u zwei Wochen bis zum 30. Juni verlängert. Und: Es kommen auch zwei neue Modelle dazu, um den Bedürfnissen der Kunden besser entgegen kommen zu können, und zwar:
- „Oma Express“: 30 Minuten Halbpension und zwei Getränke nach Wahl kosten 4,90 Euro
- „Halbpension Schluckspecht”: Abendpaket ab 18 Uhr für laue Sommernächte im Gastgarten um 9,90 Euro/Stunde inklusive Kuchen oder Brot und 2 Getränke (zur Wahl stehen kleines Bier, Spritzer, Prosecco, Achterl Wein, Limonade, dazu gibt es „all you can Eierlikör“
- „Sozialtarif“: Wer sich wegen Arbeitslosigkeit, zu kleiner Pension, als Student o.ä. den Normalpreis der Halbpension nicht leisten kann, bezahlt pro Stunde nur 8,40 Euro
Ist die Vollpension, pardon, Halbpension damit über den Berg? „Noch ist nicht klar, ob das ein Einmaleffekt ist, der nach ein paar Wochen wieder verfliegt, deshalb läuft die verlängerten Beta-Phase vorerst bis 30. Juni. Eine mögliche Hitzewelle mit leergefegten Hundstagen in Wien und die ausbleibenden Touristen wären fatal, von einer zweiten Welle ganz zu schweigen“, heißt es seitens der Betreiber.
Andere Kaffeehäuser werden aufmerksam
Auch die von der Regierung angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent für die Gastronomie wird nicht alles retten können. „Die aktuelle Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie wird die Einbußen durch die ausbleibenden Gäste und Touristen nicht abfedern können, die im Sommer sonst 60 Prozent der Gäste ausmachen“, sagt Julia Krenmayr, Mitgründerin der Vollpension.
Anklang findet das Preismodell, das auch Zeit, Raum und Dienstleistung des Kaffeehauses berücksichtigt, auch bei anderen Lokalbetreibern. „Natürlich steht das ’sich wohl fühlen‘ bei einem Lokalbesuch im Vordergrund, besonders im Café. Allerdings kosten Zeit, Raum und Dienstleistung Geld. Und in der Kalkulation heißt das: ‚Umsatz pro Sitzplatz pro Stunde.‘ Warum also nicht den Sitzplatz, den Ort, die Zeit als Basis der Rechnung zu machen und weniger das Getränk oder die Speise?“, so etwa Berndt Querfeld, Chef des berühmten Café Landtmann.
Anmerkung: Details zum „Halbpension Schluckspecht“-Tarif wurden hinzugefügt.