Vollpension: Neue Pop-Up Stores und Torten-Lieferservice in 2022 geplant
Weihnachten steht vor der Tür – die Zeit für die Familie, Liebe und ganz viele Plätzchen. Doch obwohl die bekanntlich bei Oma einfach am besten schmecken, sind viele Senior:innen auch zu dieser Jahreszeit alleine. Um das verhindern, gründeten Hannah Lux, Julia Krenmayr und Moriz Piffl-Percevic 2012 ihr Startup „Vollpension“ . Heute gehört es zu einem der Vorzeigeprojekte in Sachen Social Business im deutschsprachigen Raum, doch der Weg dahin war lang.
Und er ist noch nicht zu Ende. Mit dem inzwischen vierten Lockdown in Österreich, werden die Herausforderungen an das Social Business auch Ende 2021 nicht kleiner. Mit den Herausforderungen, wächst aber auch das Potenzial auf neue Chancen. Diese will die Vollpension weiter nutzen. Mit neuen Ideen und Geschäftszweigen im Jahr 2022. Und damit Trends aufgreifen, welche immer mehr zur jungen Gastronomie gehören. Mit der Vollpension dann aber auch in die Welt der Senior:innen.
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Rückschlag für die Vollpension durch Pandemie
Mit der Motivation, Senior:innen einen Weg aus der Einsamkeit zu geben und mitten unter junge Menschen zu bringen, eröffnete das Startup 2015 sein erstes Generationencafé in Wien. In diesem backen ca. 45 Omas und Opas ab 60 Jahren für die Gäste nicht nur leckere Kuchen und Torten, sondern bieten als Gastgeber:innen zudem einen Treffpunkt für Jung und Alt.
Doch nicht nur die Isolation vieler älterer Menschen beschäftigte das Team bei der Gründung, sondern vor allem auch die weit verbreitete Altersarmut. Um diese zu sehen, muss man gar nicht bis in ferne Länder gehen. Auch in Österreich sind ca. 226.000 Senior:innen von Altersarmut betroffen, die meisten davon Frauen, so die Diakonie Österreich.
Trotz ihres Erfolgs mit dem ersten, und wenige Jahre später auch zweiten Generationencafé, geriet die Vollpension in der Pandemie, wie viele andere Unternehmen der Gastronomiebranche, an ihr Existenzlimit. Denn obwohl sie soziale Zielsetzungen verfolgen, ist das Startup nicht nur ein gemeinnütziger Verein, sondern auch ein unabhängiges Unternehmen, in welchem die Bäcker:innen fest angestellt sind.
Während die rund 45 jüngeren Helfer:innen im Café die Stellung hielten, mussten die Senior:innen als Hochrisikogruppe schon bereits vor dem Lockdown in eine externe Backstube ausziehen, um nicht mit Kund:innen in Kontakt zu kommen. Später im eigentlichen Lockdown selbst konnten ihre Gehälter kaum weiter bezahlt werden, da die Bäcker:innen nicht für die Kurzarbeit angemeldet werden konnten.
Um sie nicht entlassen zu müssen, startete die Gründer:innen eine Spendenaktion bei der durch Gäste und Fans 140.000€ zur Rettung der Arbeitsplätze gesammelt werden konnten.
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Lernen durch „OMAsterclasses“
Kurz darauf erweiterte die Vollpension zudem ihr Angebot auf die digitale Welt: Mit ihrer E-Learning-Plattform „Backakademie“ wollen sie seit dem 01.10.2020 ihr Engagement ortsunabhängig anbieten. Mit Videoback-Kursen, die sowohl in der Mediathek als auch live angeschaut werden können, sollen junge Menschen in die von Generation zu Generation weitergegebenen Familienrezepte der Omas und Opas eingeweiht werden.
“Ende April haben wir beschlossen die Akademie und unsere Möglichkeit, sich als Online-Live-Back Lehrer flexibel etwas dazuverdienen zu können, nicht nur unseren Senioren, sondern auch Senioren aus der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen“,so Hannah Lux, Mitgründerin und Co-Unternehmerin der Vollpension, im Gespräch mit Tech & Nature.
Mit ihrer Kampagne “Bake against Poverty” können sich backwillige Senior:innen auf der ganzen Welt mit ihren Geheimrezepten bewerben, um so etwas zu ihrer oft nicht ausreichenden Pension dazu zu verdienen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Bäcker:innen Englisch sprechen. Zudem möchte das Vollpension-Team aber auch durch dieses Projekt international mehr Aufmerksamkeit für das Thema Isolation und Altersarmut schaffen.
Bisher wurden sie dadurch schon von 40 internationalen Medien, wie dem pakistanischen Fernsehen, eingeladen und konnten aus über 15 Ländern Bewerbungen annehmen. Darunter fanden sich Rezepte aus Indien, Chile, Neuseeland und Afghanistan.
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Pop-up Stores zur Bewältigung der Gastro-Krise
Lux selbst sieht das Projekt nur als kleinen Teil der ganzen Vollpension. Im Moment gehe es hauptsächlich darum, die Generationencafés der Vollpension samt der Angestellten durch die Krise zu bekommen.
Während in anderen Städten Street Food bereits Gang und Gäbe ist, ist das To-Go Angebot in Wien bisher noch nicht sehr verbreitet. Lux ist sich aber sicher: “Die Pandemie hat da in der Gastro einen längst überfälligen Trend los gestoßen”. Deshalb hat das Café unter anderem in der Mariahilfer Straße einen Pop-Up Store eröffnet und plant einen weiteren am Schwedenplatz.
Widersprechen tue das dem Grundgedanken der Vollpension, ein Treffpunkt für Alt und Jung schaffen zu wollen, jedoch nicht, meint Lux, denn auch die Vollpensions-Kioske sollen trotzdem weiterhin von Senior:innen betrieben und beliefert werden. “Wobei der kommunikative Aspekt natürlich geringer als vorher sein wird”, so die Mitgründerin.
“Torten-Auslieferungs-Business” geplant
Neben den To-Go-Angeboten wird das Startup im nächsten Jahr auch mit ihrem “Torten-Auslieferungs-Business” starten. Dort können Unternehmen, wie bei dem bereits vorhandenen Geburtstagstorten-Abo, für ihre Mitarbeiter:innen für Firmen- und Weihnachtsfeiern Torten bestellen. Bereits jetzt werden Online-Live Backkurse von Firmen als Weihnachtsevent gebucht.
Eine Expansion in ganz Österreich ist bisher aufgrund der Ungewissheit in der Pandemie noch nicht vorgesehen. Aber wer weiß, wie sich die Vollpension in den nächsten Jahren entwickelt. Vielleicht kennt jede:r bald einen Opa oder eine Oma, welche:r Teil des Social Business geworden ist.