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Von wegen Roboter: Ohne Handarbeit geht bei Amazon in Wien gar nichts

Das Amazon-Verteilzentrum in Wien © APA / Hans Punz
Das Amazon-Verteilzentrum in Wien © APA / Hans Punz
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Eine gigantische Halle voller Fließbänder und Regale, in denen sich die Pakete stapeln: Das sieht man im flächenmäßig größten Amazon-Verteilzentrum Österreichs, das sich im 23. Bezirk Wiens befindet. Hier handelt es sich um die letzte Zwischenstation für unzählige Pakete auf dem Weg zu Kund:innen. Was hier auffällt: Auch wenn es viele Maschinen gibt, dominiert bei Amazon immer noch die manuelle, menschliche Arbeit. Doch trotz der gewaltigen logistischen Leistung, die das Team hier jeden Tag erbringt, ist es im Verteilzentrum überraschend ruhig. Die Angestellten, die die Pakete in großen Gitterkästen umherschieben, wirken nicht so, als würde jede Sekunde zählen. Die Geräuschkulisse ist auch relativ still, allgemein ist die Atmosphäre eher entspannt.

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Betrieb selbst zu Weihnachten nicht stressig

„Besucher:innen sind immer verblüfft davon, wie ruhig es im Verteilzentrum ist. Viele haben die Vorstellung, dass hier konstanter Stress herrscht und alles immer im Eiltempo abläuft. Aber unser System ist in Wahrheit so effizient, dass die Arbeit wirklich entspannt ist. Wir wissen, dass Amazon nicht immer den besten Ruf hat, was die Arbeitsbedingungen angeht, deswegen wollen wir mit Vorurteilen aufräumen“, erklärt Amazon-Pressesprecher Steffen Adler bei einem Presserundgang am Standort in Liesing. Adler zufolge ist das System so ausgeklügelt, dass der Betrieb selbst zu Weihnachten nicht allzu stressig wird. Doch so ausgefeilt das System auch ist, es funktioniert momentan nur mit einem breit aufgestellten menschlichen Team und ist nicht automatisiert.

Amazon startete 1999 in Österreich, 2002 wurde der Store für Drittanbieter:innen geöffnet. Mittlerweile ist Amazon Arbeitgeber an sechs österreichischen Standorten in Wien, Graz, Großebersdorf und Klagenfurt für mehrere Hundert Mitarbeiter:innen. Seit Eröffnung des ersten Standortes im Jahr 2016 hat der Konzern über 330 Millionen Euro in Österreich investiert. Über 2.500 in ganz Österreich ansässige KMU verkaufen bei Amazon.

Das Amazon-Verteilzentrum in Wien-Liesing © Trending Topics
Das Amazon-Verteilzentrum in Wien-Liesing © Trending Topics

Vom Logistikzentrum bis zur „letzten Meile“

Der Konzern hat seine Vormachtstellung im Bereich des E-Commerce nicht ohne Grund erreicht. Immerhin finden sich auf dem Online-Marktplatz des Konzerns unzählige Produkte, die im besten Fall innerhalb von einem Werktag an der Lieferadresse ankommen. Das funktioniert nur dank eines sehr komplexen Logistik-Systems, in dem das Verteilzentrum nur einen kleinen Teil, aber wichtigen Teil ausmacht.

An erster Stelle in diesem System stehen die Logistikzentren. Hierbei handelt es sich um die einzigen Amazon-Standorte, die auch als Lager für Produkte fungieren. Zu bedenken ist, dass das nicht auf alle Produkte zutrifft, denn viele Drittanbieter haben ihre eigenen Lager. Im Logistikzentrum findet die Verpackung der der Waren statt. In Deutschland gibt es 20 dieser Zentren. Von diesen gewaltigen Standorten aus transportiert Amazon die Pakete zu den Sortierzentren. Diese Standorte helfen dabei, spezifische Regionen anzusteuern. Von dort aus geht es weiter zu den Verteilzentren, wo die „letzte Meile“ von Amazon beginnt.

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Regelrechte Choreographie beim Abholen der Pakete

Im Verteilzentrum transportieren die Angestellten zuerst die Pakete von den eingehenden Lieferwägen zu den Fließbändern. Hierbei kommt ein Scanner zum Einsatz, der automatisch feststellt, wo das Paket am Ende landen muss, und es mit einem zum entsprechenden Gebiet passenden Etikett ausstattet. Für die Mitarbeiter:innen sind die Zielgebiete nur Nummern und Buchstaben, sie müssen nicht wissen, wo diese sich tatsächlich befinden. Ihre Aufgabe ist es, die Pakete in Taschen zu verpacken und diese dann zu den passenden Markierungen in der Abholzone zu bringen.

Als nächstes kommen die Lieferwägen an, die die Pakete abholen und zu den Kund:innen bringen. Dafür öffnen sich die Tore vor den Abholzonen, die zu einem Parkplatz führen. Hier fährt in regelmäßigen Abständen eine Flotte von etwa 40 Fahrzeugen ein. Es handelt sich hierbei um eine regelrechte Choreographie, bei der die Autos in vier Reihen und in genauen Abständen stehenbleiben. Es gibt dafür eigene Aufseher:innen, die wie Fluglotsen jeden Vorgang genau organisieren.

Die Lieferwagen-Flotte beim Abholen der Pakete © Trending Topics
Die Lieferwagen-Flotte beim Abholen der Pakete © Trending Topics

Amazon rühmt sich mit hoher Sicherheit

Schließlich steigen die Fahrer:innen nacheinander aus, holen sich aus der Abholzone die Carts mit den Taschen und laden letztere schließlich in ihre Wägen ein und fahren dann der Reihe nach in die Welt hinaus. Jeder Lieferwagen absolviert pro Schicht nur eine Fahrt. Am Ende müssen die Fahrer:innen bei der ersten Lieferadresse das richtige Paket aus der Tasche hervorkramen. Dieser letzte Schritt ist etwas weniger ausgeklügelt, jedoch gibt es in den Lieferwägen eigene Regale, mit denen die Lieferant:innen die Pakete für die nächsten Lieferadressen besser organisieren können. Am Ende des Tages haben – idealerweise – alle Kund:innen im Gebiet ihre Pakete erhalten.

Der Besuch im Verteilzentrum zeigt, wie viele Schritte funktionieren müssen, damit eine Amazon-Lieferung verlässlich ankommt. Dabei wird immer wieder klar, dass bei all diesen Schritten Menschen derzeit unersetzlich sind. Kein Roboter und keine KI droht momentan, die Angestellten obsolet zu machen. Die Aufgaben der einzelnen Person sind zwar klar und übersichtlich, doch das ist nur wegen des extrem komplexen und auf möglichst hohe Effizienz zugeschnittenen System.

Weil in jeder Phase Menschen Hand anlegen müssen, ist der Sicherheitsaspekt extrem wichtig, wie Steffen Adler betont. „Wir haben überall Kleinigkeiten implementiert, die die Arbeit sicherer machen. Alle Mitarbeiter:innen tragen Sicherheitswesten, damit es keine Zusammenstöße gibt. Es gibt überall Markierungen, die Sicherheitsabstände anzeigen. Die Fahrer:innen, die reinkommen, müssen sogar ihre Autoschlüssel auf die Garagentore hängen, damit sie nicht versehentlich steckenbleiben und die Lieferwägen ins Rollen kommen“, so Adler. Laut einer Tafel an den Wand gab es im März seit mehr als 800 Tagen keinen Unfall mehr im Verteilzentrum in Liesing.

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Relativ wenig Automatisierung im Verteilzentrum

Automatisierungsprozesse sind bei Amazon zwar durchaus vorhanden, aber sie sind eindeutig nicht vorherrschend. „Wir experimentieren natürlich auch mit Robotik und KI, aber tatsächlich können viele Arbeitsschritte derzeit nur Menschen durchführen. Das liegt vor allem daran, dass es sehr schwer ist, einen Robo-Arm dafür zu trainieren, Pakete in verschiedenen Größen zu greifen, ohne sie dabei zu beschädigen“, erklärt Adler. Viel stärker will der Konzern in Zukunft auf Nachhaltigkeit setzen. Bis 2040 will man klimaneutral sein. Auch hier soll die steigende Effizienz helfen, aber das Großunternehmen setzt auch auf Recycling-Startups, E-Mobility und Solarenergie.

Amazon ist also von einer Vielzahl an menschlichen Arbeitskräften angewiesen. Vor allem in den USA hat der Konzern als Arbeitgeber aber nicht gerade den besten Ruf. Doch das Team im Verteilzentrum will gegen diese Reputation ankämpfen. Der E-Commerce-Gigant rühmt sich oft mit der Diversität seines Teams. Im Verteilzentrum bestätigt sich das tatsächlich, und zwar in allen Bereichen, ob in der Administration, bei den Fahrer:innen und bei den Sortierer:innen. Laut Adler können Angestellte in drei unterschiedlichen Schichten rund um die Uhr verteilt arbeiten, jedoch ist jede davon exakt acht Stunden lang. Alle Angestellten sind permanent in eine Schicht eingeteilt, auf Wunsch können sie sie aber auch Schicht wechseln.

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„Firmenkultur sehr von USA geprägt“

Der Konzern bietet nach eigenen Angaben außerdem viele Aufstiegsmöglichkeiten. „Unsere Firmenkultur ist tatsächlich sehr von den USA geprägt, aber das ist nicht zwingend ein Nachteil. Denn das bedeutet auch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Bei uns können Arbeitskräfte auch ohne besondere Ausbildung einsteigen, doch später ist es ihnen möglich, in höher qualifizierte Jobs bei Amazon aufzusteigen“, meint Amazon-Pressesprecherin Franziska Helmetsberger.

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