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Warum die Krise keinen Startup-Boom in Österreich brachte

© Per Lööv on Unsplash
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Krisenjahre sind Gründer:innen-Jahre. Wie oft haben wir das gehört in den vergangenen zwei Jahren, seit Corona über die Welt fegte und der Digitalisierung den berühmten Schub verpasste. Mag sein, dass das in anderen Ländern dazu geführt hat, dass sich immer mehr junge (und alte) Menschen dazu berufen fühlten, ihre eigenen Firmen zu gründen und in die Startup-Welt zu springen.

In Österreich, wo es dank massiver Corona-Hilfen keine befürchtete Insolvenzwelle gab (hier unser Insolvenz-Ticker), schlug das Pendel nicht wesentlich aus. Im aktuell veröffentlichten Austrian Startup Monitor (ASM), in dem andere Dinge wie Job-Motor und gestiegene Zahl der Spin-offs hervor gehoben werden, heißt es: „Das jährliche Wachstum an Neugründungen ist in den letzten Jahren etwas abschwächt.“ Im Vorjahr hieß es noch, dass seit 2009 mehr als 2.600 Startups gegründet wurden, während es heuer heißt: In Österreich wurden seit 2010 mehr als 2.800 Startups gegründet.

Für 2020 gibt der ASM 235 neu gegründete Startups an, für 2021 gibt es keine Zahlen. Sie dürften wieder gefallen sein. Denn wie es in den Bericht heißt: 2017 gab es einen Peak bei 340 Neugründungen, danach fielen die Zahlen wieder ab und pendelten sich in den Folgenjahren bei um die 300 ein. Die konkreten Zahlen für 2021 wird es wegen einer Verzögerung bei der Erfassung erst später geben.

Heißt unterm Strich: 2021 wurden 200 mehr Startups gegründet als 2020. Ist das viel? Zum Einordnen: Laut Wirtschaftskammer wurden ist der Anteil der GmbHs an den Gründungen 2020 von 13,6 Prozent auf 14,8 Prozent gestiegen. Bei insgesamt etwa 35.000 Neugründungen 2021 sind das 2021 etwa 5.200 GmbHs, und davon sind es mehrere Hundert, die man im engeren Sinne als Startup (Tech-basiert, skalierendes Geschäftsmodell, Wachstumswille, Investment-fähig) klassifizieren könnte. Eine Gründerwelle, wie sie manche prophezeit hatten, die sieht anders aus.

Gewinner der Krise: Diese Startups entstanden in schwierigen Zeiten und sind heute Milliarden wert

Die wesentlichen Faktoren

Warum gibt es nun keinen Gründer:innen-Boom? Obwohl doch viele damit rechneten und immer wieder die Finanzkrise ab 2008 anführten, in der heutige Schwergewichte wie Airbnb, Uber, WhatsApp oder Instagram entstanden? Ich denke, dass es folgende Gründe gibt:

  • Große staatliche Corona-Hilfen: Auch wenn es den VC-Fonds immer noch nicht gibt, der COVID-Startup-Hilfsfonds mit 50 Millionen Euro, ist immer noch legendär in der Szene. Mit den 50 Millionen Euro wurden mindestens weitere 50 Mio. Euro Investments verdoppelt, und mehr als 200 Firmen unterstützt. Das hat eine Pleitewelle in der Startup-Branche verhindert, damit Arbeitsplätze gesichert und viele Gründer:innen davor verschont, in Konkurs zu gehen und ggf. neu gründen zu müssen.

COVID-Startup-Hilfsfonds: 25 Jungfirmen bekamen mehr als jeweils eine halbe Million Euro

  • Scale-ups und Unicorns pushen am Arbeitsmarkt: 2021 war ein absolutes Rekordjahr für Startup- und Scale-up-Investments in Österreich. Vor allem ausländische (US-)Investor:innen pumpten vergangenes Jahr 1,3 Milliarden Euro in den Markt. Allerdings: Das viele Geld bedeutet nicht mehr Startups, weil das Gros der Summen in bereits bestehende Unternehmen (v.a. Bitpanda und GoStudent) floss. Tatsächlich ist der österreichische Startup-Markt gar antizyklisch. „Während es an allen Top-Standorten mehr Finanzierungsrunden als im Vorjahr gab, ist hierzulande ein Rückgang zu verzeichnen“, hieß es kürzlich im EY Startup Barometer. Währenddessen hatten Scale-ups plötzlich hunderte Millionen Euro zur Verfügung. Und dieses Geld wird hauptsächlich in den Aufbau von Personal gepumpt. Alleine Bitpanda und GoStudent bauten im vergangenen Jahr hunderte Arbeitsplätze zu oft sehr attraktiven Bedingungen auf (remember: unbegrenzter Urlaub?). Das hat Menschen, die vielleicht selbst gegründet hätten, davon abgehalten – und haben stattdessen gute Jobs in der Scale-up-Branche angenommen.

Startup-Europa im Vergleich: Wenig Gründe zum Jubeln für Österreich

  • Kein Fortschritt bei Rahmenbedingungen: Obwohl bereits 2020 vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt, ist es immer noch nicht passiert. Eigentlich hätte eine neue Gesellschaftsrechtsform (früher: Austria Limited; heute: FlexCo) bereits im Herbst 2020 in Begutachtung gehen sollen. Doch immer noch liegt kein finaler Entwurf dafür am Tisch – so fehlt etwa immer noch ein konkreter Vorschlag zur Besteuerung von Mitarbeiter:innenbeteiligungen, auf den sich die gestaltenden Ministerien einigen könnten. Angehende Gründer:innen, die auf die FlexCo warten wollen, um leichter, schneller, günstiger gründen zu können, haben stattdessen immer noch nur das altbekannte Vehikel GmbH zur Verfügung – und auch keine Klarheit, wann sie mit einer FlexCo loslegen könnten. Generell wurde das Gründer:innenpaket, das für Herbst 2021 angepeilt wurde, bis heute nicht vorgelegt.

Startup-Aufstand gegen die geplante Gesellschaftsrechtsform FlexCo

  • Fachkräftemangel: Der Fachkräftemangel in IT-Berufen ist in Österreich massiv. So sind es mittlerweile 24.000 offene Stellen, das Ganze kostet Österreich mittlerweile 3,8 Milliarden Euro pro Jahr – weil Firmen nicht das umsetzen können, was sie mit Vollbesetzung umsetzen könnten. Dazu kommt die Situation, dass Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland immer noch schwer ins Land kommen – so gab es 2021 gegenüber 2020 keinen wesentlichen Anstieg bei den erteilten RWR-Karten (2021: 4.671 vs. 2020: 4.514). Angehende Startup-Gründer:innen stehen also vor der Situationen, vielleicht eine tolle Produktidee und einen Business-Plan zu haben, aber ihn dann mangels der Fachkräfte nicht umsetzen zu können. Und siehe oben: Die gut finanzierten Scale-ups und Unicorns können den Arbeitsmarkt für Fachkräfte mit Goodies leerkaufen, die sich Newcomer nicht leisten können.

IT-Fachkräftemangel kostet Österreich 3,8 Milliarden Euro pro Jahr

Klar ist auch: Die Quantität von Startups ist nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium für einen Markt – auch die Qualität ist wichtig. Besser, es gibt 50 tolle Scale-ups mit hunderten Mitarbeiter:innen und echten Umsätzen als 5.000 dahin siechende Kleinfirmen mit einer Handvoll Freelancer:innen im Schlepptau. Allerdings nimmt sich Österreich damit die Möglichkeit, aus den Vollen schöpfen zu können. Der Startup-Markt hat immer so funktioniert, dass sich die besten Firmen aus einem Wettbewerb der Ideen heraus kristallisierten. Und dieser Wettbewerb der Ideen findet dann nur teilweise in unserem Land statt – die richtungsweisenden Entscheidungen werden aber weiter anderswo getroffen.

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