Ausblick

BUIDL! Was im Krypto-Winter gebaut werden wird

Lego-Maxerl im Schnee. © Yulia Matvienko on Unsplash
Lego-Maxerl im Schnee. © Yulia Matvienko on Unsplash
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Der Sektor ist sich einig: Der Crash ist hart, und was folgt, das ist der Krypto-Winter. 2018 und 2019 hat man eine solche Phase bereits gesehen, die dann später, 2020 und 2021, einige ganz große Player hervorgebracht hat. FTX, nunmehr die zweit größte Krypto-Börse hinter Binance, ist im Krypto-Winter gegründet worden; OpenSea, der heute führende NFT-Marktplatz, hat 2018 und 2019 seine ersten Investments an Land gezogen; Terraform Labs, das vor kurzem spektakulär mit seinen LUNA- und UST-Token implodierte, wurde 2018 in Seoul gegründet; USDC als Herausforderer für Tether wurde 2018 von Coinbase und Circle in Stellung gebracht; und Solana Labs startete mit einer Ethereum-Alternative für Blockchain-Entwickler:innen – um nur einige zu nennen.

Einige dieser Projekte werden weiter am Markt bestehen, andere werden wie Terraform Labs wieder vom Markt gefegt. „Der Markt ist sehr hart und bestraft Projekte, die im Krypto-Sommer viel geredet, aber nichts gebaut bekommen haben“, sagte etwa Cedric Heidt vom Frankfurt School Blockchain Center. Er wie viele andere beschäftigen sich aber weniger mit den stark schwankenden/fallenden Preisen von Kryptowährungen und mehr mit der Technologie an sich – und was künftig gebaut werden wird.

1. Regulatorisches Fundament

In der EU steht ein ganz großes Update für Krypto-Assets an: MiCA (Markets in Crypto Assets) soll das Rahmenwerk werden, in dem sich künftig die Krypto-Industrie abspielen wird. Gemeinsam mit der geplanten kontroversen Transfer-of-Funds-Regulierung und schließlich DAC 8 wird MiCA ab 2023/2024 sehr viel umkrempeln – und letztendlich Fragen wie „wie muss ein Stablecoin gestaltet sein, um erlaubt zu werden“, „was muss in einen Whitepaper drinstehen“ und „wer muss welche Daten angeben, wenn er Krypto-Überweisungen macht“ klären. Auch in den USA drängt die Politik auf neue Regeln vor allem für Stablecoins – auch, weil ähnlich wie in der EU ein digitaler Dollar kommen könnte.

„Eine wichtige Basis wird geschaffen: die regulatorische Basis“, sagt etwa Florian Wimmer, CEO und Mitgründer des auf Krypto-Steuern spezialisierten Scale-ups Blockpit. „Diese Basis brauchen wir, um neuen Playern den Einstieg in den Markt zu ermöglichen. Es ist ganz gut, dass MiCA und die Transfer of Funds-Regulierung in diese Phase des Bauens fallen.“

MiCA: Die Zukunft von Kryptowährungen in der EU

2. Bitcoin Layer 2 und Layer 3

Es gibt immer mehr Startups, die nicht auf Ethereum, Solana oder Cardano aufbauen wollen, sondern auf dem größten und stabilsten dezentralen Netzwerk der Welt: der Bitcoin-Blockchain. Auch wenn das Bitcoin-Netzwerk (aus guten Gründen) nur sehr langsam weiter entwickelt wird, gibt es spätestens seit dem Taproot-Upgrade im November 2021 neue Möglichkeiten, auf dem BTC-Netzwerk aufzubauen. Smart Contracts, DeFi, NFTs, Stablecoins, dApps – all das, was man bereits von Ethereum und Co kennt, könnte in den nächsten Jahren auch Einzug bei Bitcoin halten.

Auch in Österreich oder der Schweiz gibt es Unternehmen wie Relai, 21bitcoin oder Coinfinity, die auf Bitcoin-only-Strategien setzen. Da wird es spannend zu sehen sein, was sie und andere entwickeln werden.

Bitcoin: Man braucht keine „Shitcoins“, um DeFi, Stablecoins und NFTs zu bauen

3. Usability

Hand aufs Herz: Wer sich schon mal ETH bei einer Exchange besorgt hat, um sie dann mittels Wallet in eine NFT-Börse zu bringen und dort einzukaufen, der weiß: Für Otto Normalverbraucher, der die Usability von WhatsApp und Insta gewohnt ist, ist das alles noch nichts. „Es sind immer noch Tech-affine Leute, die das alles nutzen. Wir sind vielleicht in zwei, drei Jahren so weit, bis die breite Masse das bedienen kann, wie sie heute Apps bedienen“, sagt Wimmer von Blockpit. Deswegen sollte im Krypto-Bereich seiner Ansicht nach vor allem an der Usability gearbeitet werden. „DeFi und NFTs – diese Themen werden weiter gehen. Aber bei beiden Themen ist die Usability schrecklich. In Zukunft werden diese Dinge wie eine klassische App verwendbar werden“, sagt auch Alexander Valtingojer, CEO und Mitgründer des Wiener Krypto-Startups Coinpanion.

4. CO2-Token

Hypes um neue DeFi-Protokolle und NFT-Sammlungen kommen und gehen, aber was fix bleibt – das ist die Klima-Katastrophe. Sie wird, je näher das Jahr 2030 mit hohen CO2-Reduktionszielen in Europa anrückt, immer drängender, und mit neuen CO2-Steuern wird das Thema letztlich auch für die Durchschnittsbürger:innen immer greifbarer. Deswegen haben sich bereits Startups wie KlimaDAO oder FlowCarbon daran gemacht, CO2-Zertifikate zu tokenisieren.

Der Sinn dahinter ist, dass diese Zertifikate einfacher als bisher gehandelt werden können, und zwar nicht nur von Corporates mit Fachabteilungen, sondern auch von KMU und Individuen. Kombiniert man das mit dem Boom von Solaranlagen in Privathaushalten und kleinen Unternehmen, ergeben sich daraus spannende Usecases, die echten Sinn im Alltag haben.

Charly Kleissner & Gregor Demblin: Die Tokenisierung von Impact

5. Self Sovereign Identity (SSI)

Derzeit findet ein Wettbewerb um eine große Frage statt: Wie werden wir unser Identität künftig digital abbilden? Früher war der Facebook-Account das non plus ultra, mittlerweile wandern Dokumente wie Führerschein oder Reisepass in Apps bzw. werden direkt in die Betriebssysteme von Smartphones integriert. Doch da wie dort stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich der Herr über diese Daten: die Bürger:innen? Der Staat? Oder doch am Ende die Digitalkonzerne?

Blockchain-Technologien können dazu eingesetzt werden, um den Bürger:innen die Kontrolle über ihre Daten zurück zu geben. Vorstellbar sind lokal gespeicherte Wallets, von denen man aus punktuell verschiedenen anderen Personen oder Institutionen (Ärzte, Polizisten, Finanzamt usw.) Zugriff auf bestimmte Datenpunkte geben kann. Eine Grundlage dafür wurde bereits geschaffen: European Blockchain Services Infrastructure (EBSI). Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sie oder ähnliche Technologien in die Gänge kommen.

6. Zero Knowledge

ZK Rollups, ZK Snarks, ZK Protocol – diese Kürzel liest man immer wieder und öfter. ZK steht für Zero Knowledge und für das Prinzip, dass man gegenüber einem anderen den Beweis erbringen kann, dass man ein Geheimnis kennt, ohne dabei Informationen über das Geheimnis selbst preiszugeben. ZK ist etablierter Begriff im Bereich der Kryptographie und IT-Security und Grundlage für sichere Authentifizierungs- und Verifizierungssysteme, im Krypto-Bereich geht es um die Gewährleistung von Anonymität bei Zahlungen.

Je mehr Daten rund um Blockchains zu fließen beginnen und je mehr Objekte tokenisiert werden, desto wichtiger wird ZK. Auch deswegen gibt es vermehrt Protokolle und Startups, die an ZK arbeiten. Große Usecases gibt es bestimmt: Denn wenn etwa digitale Euros oder digitale Dollars eingeführt werden und die EU und die USA ihren Bürger:innen jene Anonymität bieten wollen, die sie vom Bargeld gewohnt sind, werden ZK-Protokolle eine wesentliche Rolle spielen.

7. Proof of Stake für Ethereum

Der Merge der neuen Beacon Chain (PoS) mit dem alten Mainnet (PoW) steht Ethereum noch bevor, und aktuell wird intensiv getestet. Wann es endlich so weit sein wird, ist immer noch unklar – vor allem, seit mit dem Gray Glacier-Upgrade die Difficulty Bomb nach hinten verschoben wurde – und damit auch die Deadline für den Umstieg auf Proof of Stake. Doch mit The Merge wird es nicht getan sein. Denn später sollen noch die Shardchains dazukommen, um die Zahl der möglichen Transaktionen im Netzwerk stark zu erhöhen.

Bei Polkadot mit den mit den Parachains hat man bereits im Kleinen gesehen, wie groß das Gerangel um eine Sidechain sein kann. Dort standen Startups Schlange, um einen der begehrten Slots zu ersteigern. Geht Ethereum in eine ähnliche Richtung, dann kann das einen neuen Boom der dApp-Startups auslösen.

Polkadot: Die ersten 5 Parachain-Projekte sind startklar

8. „Grünes“ Mining

Dass Bitcoin jemals vom Proof of Work-Algorithmus hin zum Strom sparenden Proof of Stake wechseln könnte – daran glaubt so gut wie niemand in der Krypto-Industrie. Vielmehr wird es in Zukunft noch mehr denn je darum gehen, Bitcoin-Mining auf erneuerbare Energiequellen umzustellen – ansonsten droht Unternehmen im Business an immer mehr Orten der Welt ein Verbot. Zuletzt wurde in New York State Mining von Kryptowährungen, das zusätzliches CO2 verursacht, verboten. In der EU wird aller Voraussicht nach eine Art Label-System für Kryptowährungen kommen – und solche als „grün“ oder „nachhaltig“ ausweisen, die mit Hilfe entsprechender Energiequellen betrieben werden.

Währenddessen sind Unternehmen auch immer weiter auf der Suche nach günstigen Energiequellen. Die Ölindustrie in den USA und Russland hat dazu Gas Flaring ins Visier genommen: Dabei werden überschüssige Gase von Ölraffinerien, die ansonsten einfach abgefackelt werden, als kostengünstige Energiequellen eingesetzt, um Mining-Anlagen mit Strom zu versorgen. Das Startup Crusoe Energy Systems arbeitet mit US-Ölfirmen wie Exxon Mobile, der russische Ölriese Gazprom soll Berichten zufolge mit BitRiver kooperieren.

Gas Flaring: Wie die Ölindustrie jetzt Bitcoin-Mining ins Visier nimmt

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