Kommentar

Was mit der neuen Krypto-Versteuerung nicht zusammenpasst

Oliver Janko & Jakob Steinschaden. © Trending Topics
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Natürlich: Wer Gewinne erwirtschaftet, zahlt in einem Sozialstaat wie Österreich Steuern – und das ist auch gut so. Fairness ist ebenfalls wichtig, weswegen die grundsätzliche Argumentation, auch Krypto-Assets zu besteuern, durchaus nachvollziehbar ist. Was mir nicht gefällt, ist die Art und Weise, wie das passiert, allem voran die rückwirkende Versteuerung mit Stichtag 28.02.2021. Für einen Staat, der begründbar entscheiden will und sich neuerdings sogar Transparenz an die Fahne heftet, ist das destruktiv. Und ob die neue Steuer die eigentlichen Probleme im Land löst, ist zu bezweifeln.

Die Besteuerung von Kryptowährungen ist also im Prinzip ein Stellvertreter für meinen Ärger. Mir ist schon klar, dass die Errungenschaften des modernen Sozialstaates auch finanziert werden müssen und das eben primär über Steuern funktioniert. Auch das Argument von Aktienbesitzer:innen, wonach gleiches Recht für alle gelten müsse, greift in diesem Zusammenhang. Die Krypto-Besteuerung im Speziellen stört mich trotzdem – aus mehreren, vielleicht auch nur indirekt damit zusammenhängenden Gründen.

Das ist die eine Seite unserer Kommentar-Kolumne „Double Trouble“. Jakob ist anderer Meinung – seinen Kommentar liest du hier:

Ich halte die neue Krypto-Steuer eigentlich für eine ziemlich kluge Sache

Die rückwirkende Besteuerung

„Willkür“, „Frechheit“, „staatlicher Diebstahl“: Nachdem der Gesetzesentwurf für die „ökosoziale Steuerreform“ präsentiert wurde, gingen bei Krypto-Tradern die Wogen hoch. Die Kapitalertragssteuer ist auch auf alle Kryptowährungen anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden – und nicht erst etwa ab dem 1. März 2022, an dem das Gesetz in Kraft treten soll. Allein: Geholfen hat der Aufschrei wenig, die rückwirkende Besteuerung bleibt. Ja, nun herrscht Klarheit und ja, es ist gut möglich, dass die Haltefrist wieder kommt. Bislang ist sie aber noch nicht da, und auf theoretische Möglichkeiten oder gar Versprechungen verlassen ist bei der Kurzlebigkeit und Sprunghaftigkeit unserer obersten Politiker:innen immer so eine Sache. Und generell gilt: Rückwirkende Änderungen schaffen kein Vertrauen in den Staat. Wie wir in den letzten Monaten gesehen haben, wäre gerade das aber wieder dringend notwendig. Dafür muss man aber auch transparent arbeiten.

Mehr Geld zum Verschleudern

Die Inflation steigt, die Löhne stagnieren, den Menschen geht auf gut Deutsch das Geld aus. Die Staatskassa freut sich hingegen, lässt die Inflation die staatlichen Schatzkammern doch voller werden. Wo bleibt die so lange versprochene Abschaffung der kalten Progression? Und wer bitte glaubt ernsthaft, dass ein 150-Euro-Gutschein per Post und verteilt mit der Gießkanne irgendetwas bringt, außer aufgebrochene Briefkästen (es gab da mal den Schnitzelfünfziger, vor langer Zeit) und vielleicht ein paar Erfolge bei den „stichprobenartigen Überprüfungen“?

Wer heute schon gut mit dem Finanzamt auskommt, wird wohl keine schlaflosen Nächte wegen eines vielleicht zu Unrecht in Anspruch genommenen Gutscheines bekommen – und falls die Beamt:innen doch vor der Tür stehen, sollten die 150 Euro recht einfach zu begleichen sein. Was bleibt, sind administrative Mehrkosten, viel Kritik von zahlreichen Expert:innen und nunmehr wichtige Jungpolitikerinnen, die sich auf Twitter über den ach so fairen „Energieausgleich“ freuen dürfen. Was fehlt, ist eine echte Entlastung (auch so ein Unwort) für die „kleinen Pensionisten“ (Trademark ÖVP) und einkommensschwache Haushalte.

Was mir bleibt, ist meine klare Ablehnung dahingehend, einem Staat, der das Wirtschaften verlernt hat (oder nie konnte), noch mehr KESt zuschieben zu wollen. Wer Geld einsammelt, muss damit auch verantwortungsvoll umgehen. Da lasse ich die KESt lieber denen, die sie „erspekuliert“ haben.

Gleiches Recht für alle?

Noch eine kurze Geschichte zur Verortung: Ich habe vor Wochen bereits einen Kommentar geschrieben, in dem ich den Staat mit dem Sheriff von Nottingham verglichen habe. Die Meinungen dazu waren geteilt, ein Argument hörte ich aber häufiger – die Sache mit dem gleichen Recht für alle. Gemeint war damit zumeist, dass es unfair sei, wenn Aktien besteuert werden und Kryptowährungen nicht. Das unterschreibe ich auch. Aber wenn wir schon das Wort „Fairness“ in den Mund nehmen, dann bitte für alle. Wenn der Staat Einnahmen braucht, soll er Erbschaften besteuern und vor allem aufhören, Unternehmen und Reiche noch reicher zu machen. KöST rauf, Erbschaftssteuer einführen und bitte endlich Millionär:innen bzw. Vermögen besteuern. Vermeintliche Krypto-Millionär:innen werden zur Kassa gebeten, während sich die Fiat-Millionär:innen seit Jahrzehnten über eine „schützende Hand“ freuen (Trademark ÖVP).

Der Fiskus erwartet sich 2023 etwa 50 Millionen Euro Mehreinnahmen aus Krypto-Assets. Einer Schätzung des ICAE (Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft an der JKU Linz) im Auftrag der GPA zufolge würde eine Vermögensteuer rund fünf Milliarden Euro pro Jahr bringen. Das ist freilich mit mehr Hürden verbunden, als einfach Krypto-Assets nachwirkend zu besteuern – und würde vermutlich für Kritik abseits des Pöbels sorgen. Worum es mir also geht? Der Staat kann Steuern einheben, gerne auch auf Krypto-Assets und künftig auch auf NFTs und was da noch alles kommen mag. Aber: Dabei bitte Transparenz und ein wirklich faires System für alle.

Staking, Lending & NTFs: Wir durchleuchten die neue Krypto-Steuer

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