Reportage

Waymo: Autonome Autos sind in San Francisco ganz normal

Waymo erobert die Straßen in San Francisco. Und es sieht ganz danach aus, als würden autonome Fahrzeuge 2025 eine noch größere Rolle im US-Stadtleben spielen. © Trending Topics / Julia Gerber
Waymo © Trending Topics / Julia Gerber
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Auf den ersten Blick wirkt es gruselig: Im Stadtteil Bayview in San Francisco sind fahrende E-Autos ohne Fahrer:in hinter dem Lenkrad längst zur Normalität geworden. Seit Juni 2024 sind die selbstfahrenden “Waymos” für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Trending Topics hat Waymo getestet und hat sich per Ride-Hailing-Service vom Stadtzentrum mit dem Robotaxi zur Golden Gate Bridge bringen lassen. Was wir außerdem gelernt haben: Es wird eine Partnerschaft zwischen Uber und Waymo geben.

Waymo, die Google-Schwesterfirma

Waymo ging als Tochtergesellschaft aus einer Umstrukturierung von Google hervor und ist damit Teil von Alphabet Inc. Initiiert wurde das Projekt innerhalb von Google im Jahr 2009. Während der Testbetrieb mit den Robotaxis in Phoenix, Arizona, bereits 2017 startete, war es in San Francisco erst 2021 soweit. Zu Beginn wurden die Fahrkünste noch von autonomen Spezialisten überwacht. Mittlerweile fahren Waymos in den Städten Austin, Los Angeles, Phoenix, San Francisco autonom durch die Straßen. “Die Waymo-Robotaxis haben bereits über 100.000 bezahlte Fahrten pro Woche durchgeführt”, heißt es im PCMag UK

Wer heute in San Francisco unterwegs ist, kann sich ganz bequem per App eines der 300 aktiven Waymos bestellen. Die Voraussetzung: Eine amerikanische Kreditkarte oder einen Paypal-Account. Auch wenn der Account-Setup in den USA stattfindet, braucht es zumindest eine amerikanische Mobiltelefonnummer. 

360-Grad-Sichtfeld und LiDAR-Sensoren scannen Umgebung

Ist das Auto per App bestellt, rollt innerhalb von ein paar Minuten ein Waymo – Modell Jaguar I‑PACE – an. Auf seinem Dach befindet sich ein kreisrundes Bauteil: ein LiDAR-Sensor, auf dem die Initialen des Bestellers aufscheinen. Die sechste Version des Waymo enthält insgesamt 29 Kameras, vier LiDARs, sechs Radareinheiten und externe Audioempfänger für die Roboterachse. Damit ist das Robotaxi mit reichlich Hardware ausgestattet. Sie soll dem Unternehmen nach ein 360-Grad-Sichtfeld haben, durch das die Umgebung und Objekte in einer Entfernung von bis zu 500 Metern bei Dunkelheit oder schlechten Wetterbedingungen erkannt werden können.

Nur nicht das Lenkrad anfassen

Dann kann die Reise mit dem Ride-Hailing-Service auch schon losgehen. Den Fahrgast erwartet ein modernes Innenleben sowie ein Display, auf dem zum Beispiel die gewünschte Musik ausgewählt werden kann. Im Fahrzeug sind drei sichtbare Kameras, aber auch zwei Mikrofone angebracht – letztere werden nur im Notfall eingeschaltet, die Kameras dürften auch so mitfilmen. Waymo kann bis zu vier Personen befördern – auf dem Fahrersitz darf nicht Platz genommen werden. Genauso wichtig: Niemand darf das Lenkrad berühren.

Das vollelektrische Waymo bewegt sich alleine durch die Straßen von San Francisco. © Trending Topics / Julia Gerber
Das vollelektrische Waymo bewegt sich alleine durch die Straßen von San Francisco. © Trending Topics / Julia Gerber

Waymo hält gerne mitten am Zebrastreifen

Das Waymo bewegt sich mit einem maximalen Tempolimit von 40 Kilometern pro Stunde durch die Bay Area. Auf der Autobahn sind Waymos (noch) nicht erlaubt. Durch die eingebauten Sensoren wird Abstand zu anderen Fortbewegungsmitteln und Personen auf der Straße gehalten. Das hat in unserem Test-Ride sehr gut geklappt – niemals fuhr das autonome E-Auto zu knapp auf. Auch vor roten Ampeln machte es Halt. Was weniger gut funktionierte: das Anhalten vor der Sperrlinie. Waymo hielt außerdem mehrfach mitten auf dem Zebrastreifen an, sodass ihn Fußgänger:innen nicht nutzen und Busse großspurig ausweichen mussten. Das schien die Amerikaner:innen aber nicht sonderlich zu stören – man kann ja darum herumgehen.

Preis ist (noch) höher angesetzt

Für eine Waymo-Fahrt vom Union Square in San Francisco, dem Stadtzentrum, bis zur Golden Gate Bridge wurden rund 40 Dollar verrechnet. Der Preis orientiert sich an der Nachfrage. Noch sind Uber-Fahrten preiswerter, denn mit einem menschlichen Fahrer hätte die Strecke etwa 30 Dollar gekostet. Waymo ist aber auch erst seit knapp vier Monaten für die breite Masse zugänglich. Ist die Fahrt beendet, erinnert eine automatische Sprachausgabe daran, das Fahrzeug sauber zu hinterlassen und keine Gegenstände zu vergessen.

Schneller Gewöhnungseffekt

So seltsam es sich auch anfühlen mag, sich in einem fahrerlosen Auto fortzubewegen, man gewöhnt sich schnell daran. Und trotz vorhandener Mikrofone erfährt der Fahrgast ein gewisses Gefühl der Ungestörtheit. An Waymo gewöhnt hat sich auch schon manch ein Uber-Fahrer aus San Francisco – wenn auch die Reaktionen gemischt ausfallen. Auf Trending Topics Nachfrage erzählte einer: “Ich bin noch nie in Waymo gefahren, aber das ist die Zukunft. Ich finde sie cool, vielleicht probiere ich es einmal aus.” Ein weiterer Uber-Fahrer schätzt die Situation anders ein: “Waymo habe ich noch nie ausprobiert. Auch wenn wir uns zukünftig mit Waymos fortbewegen werden, wird uns das unsere Jobs kosten. Waymo und Uber wollen eine Partnerschaft eingehen. Uber will autonome Autos auf die Straßen bringen.”

So ungestört sich der Fahrgast auch fühlen mag, unbeobachtet ist er im Waymo keinesfalls.
So ungestört sich der Fahrgast auch fühlen mag, unbeobachtet ist er im Waymo keinesfalls. © Trending Topics / Julia Gerber

Waymo-Uber Partnership

Und der Uber-Fahrer soll recht behalten. Uber und Waymo haben tatsächlich erst im September ihre Kooperation angekündigt. Ab Anfang 2025 wollen die beiden autonomes Ride-Hailing in Austin und Atlanta über die Uber-App anbieten. In diesen Städten soll “eine Flotte von völlig autonomen, vollelektrischen Jaguars, die im Laufe der Zeit auf Hunderte anwachsen wird”, unterwegs sein. Da Jaguar die Produktion seiner I-PACE-Fahrzeuge beenden wird, ist noch unklar, auf welche Fahrzeuge Waymo zukünftig umsteigen wird. Waymo dürfte sich allerdings die letzte Modellreihe der Jaguars gesichert haben und damit über genügend Fahrzeuge verfügen.

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