Analyse

Weg von WhatsApp: Signal, Threema und Telegram im Datenschutz-Vergleich

© Wikipedia / Logos WhatsApp/Signal/Trhreema/Telegram/ Montage Trending Topics
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WhatsApp hat sich mit den neuen Nutzungsbedingungen ein wenig verpokert – und die früheren Nutzer wandern scharrenweise in Richtung Telegram, Signal oder Threema. Die Alternativen versprechen mehr Sicherheit und besseren Datenschutz. Aber stimmt das so? An sich ja, aber auch die Alternativen haben die eine oder andere Schwäche.

Massenabwanderung zu WhatsApp-Alternativen

Wer am Wochenende neuer Signal-User werden wollte, musste sich in Geduld üben: Die Server des Messaging-Dienstes gingen aufgrund des überraschenden Ansturms in die Knie, einige Stunden lang funktionierte nur wenig. Wie berichtet hatte WhatsApp vor einigen Tagen die Nutzungsbestimmungen dahingehend abgeändert, dass die Datenweitergabe an Facebook nun möglich sein soll. Zwar gibt es eine Ausnahmeregelung für Europa, der Imageschaden ist für WhatsApp aber wohl nur mehr schwer wettzumachen. In den letzten Tagen kehrten wohl hunderttausende Menschen WhatsApp den Rücken. Aber wie so oft des einen Leid – wenn auch selbstverschuldet – des anderen Freud: Signal, Telegram oder Threema freuen sich über zigtausende neue Accounts.

WhatsApp wehrt sich

Gemeinhin gelten die drei oben genannten Kandidaten als „sichere“ Alternative zu den Diensten von Facebook – auch wenn sich WhatsApp zuletzt gegen die Anschuldigungen wehrte. In einem Tweet wollte man „einige Gerüchte ansprechen“ und klarstellen, was es mit dem Update auf sich hat. WhatsApp werde weiterhin keine privaten Nachrichten oder Anrufe sehen oder hören, speichere keine Log-Daten (Anrufer, Absender), könne keine Standorte abrufen und keine Kontakte an Facebook weitergeben. „Unsere Aktualisierung der Datenschutzrichtlinien hat keinen Einfluss auf die Privatsphäre Ihrer Nachrichten an Freunde oder Familie“, heißt es zudem im Tweet. Stattdessen solle die Änderung festlegen, „wie Unternehmen, die WhatsApp für den Kundenservice nutzen, Protokolle ihrer Chats auf Facebook-Servern speichern dürfen“.

Für Rettungsmaßnahmen dürfte es aber schon zu spät sein. Die – zu lange – unkommentierten Gerüchte waren das eine, der schlechte Ruf hinsichtlich der Datenschutzthematik von Facebook erledigte dann gewissermaßen den Rest.

Die Folge: Starke Abwanderungsbewegungen in Richtung der vermeintlich sichereren Alternativen. Das ist in einzelnen Aspekten sicherlich richtig, kann aber schwer verallgemeinert werden. Tatsache ist, dass es auch bei den Verschlüsselungsmethoden und Datenschutz-Ansichten von Signal, Threema und Telegram gravierende Unterschiede gibt. 

Telegram

In den letzten Monaten tauchte Telegram vor allem dann in den Medien auf, wenn vegane Köche und frühere Musiker meinten, ihre Corona-Ansichten mit der Welt teilen zu müssen. Dabei ist der Messenger eine durchaus gelungene Alternative. Der Funktionsumfang ist groß, Datenmengen bis zu 1,5 GB lassen sich über den Messenger schicken. Der cloudbasierte Dienst speichert diese allerdings auf Servern von Telegram, von dort werden sie aber immerhin später gelöscht – der Zeitraum ist aber nicht näher angegeben. Chats zwischen Server und Client sowie zwischen Client und Client sind verschlüsselt, die “Geheimen Chats” auch Ende-zu-Ende.

Pawel Durow, Gründer von Telegram, erklärte erst kürzlich, was es damit auf sich hat – und sparte nicht mit Kritik an der Konkurrenz: “Die sichere Echtzeit-Cloud von Telegram ist eine Funktion, die die Mehrheit unserer Nutzer will und die einer der Wettbewerbsvorteile von Telegram ist” – sie ermögliche eine Reihe von Funktionen, darunter die Multi-Geräte-Synchronisation mit Zugriff auf vergangene Chatverläufe, Gruppenchats und Kanäle oder das Versenden großer Dokumente und Videos.

Durow weiter: “Die Minderheit, die nichts davon will und die Sicherheit auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit maximieren möchte, kann gerne Secret Chats auf Telegram nutzen – oder eine der Apps installieren, die nur Secret Chats und nichts darüber hinaus haben. Aber wir werden Telegram nicht verkrüppeln, indem wir Dutzende seiner großartigen Funktionen wegwerfen, weil einige Leute durch Marketingtricks unserer Konkurrenten in die Irre geführt werden oder zu faul sind, Secret Chats zu starten.” Das dürfte überzeugen: Telegram überschritt Anfang Jänner die Marke von 500 Millionen monatlich aktiven Nutzern, zuletzt kamen in drei Tagen 25 Millionen neue Nutzer dazu.

Ein Grundproplem bei Telegram: Hier weiß man Unterschied zu den anderen Messengern nicht, wo die Firma sitzt. Die Apps in den Stores werden von einem Unternehmen, dass in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten sitzt, herausgegeben – aber wo die Server stehen, das verrät Durow nicht. Zumindest in Russland sollen keine stehen.

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Signal

“Use Signal” twitterte zuletzt sogar Elon Musk, was aber vor allem ein Medizintechnik-Unternehmen namens “Signal Advance” gefreut haben dürfte. Der Aktienkurs des falschen Unternehmens stieg kurzfristig um 900 Prozent. Der Messenger Signal ist nicht an der Börse, das wäre mit dem zugrundeliegenden Open-Source-Gedanken nur schwer vereinbar.

Signal verzichtet auf einen Cloud-Speicher. Nutzer können zwar Dateien und Nachrichten verschicken, eine Backup-Funktion fehlt allerdings. Dadurch gilt Signal aber als sehr sicher und DSGVO-konform. Sämtliche Nachrichten werden nach einer Weile gänzlich gelöscht. Signal liest allerdings die Kontakte vom Telefon aus, speichert aber auch diese nicht auf eigenen Servern. Die Verschlüsselung ist überall End-to-End. Nicht umsonst wird Signal auch von Whistleblower Edward Snowden empfohlen.

Signal kann man auch als Rache von WhatsApp-Mitgründer Brian Acton an Mark Zuckerberg sehen. Er gründete die Non-Profit-Organisation Signal Foundation mit, nachdem er sich im Streit von Facebook über die Richtung, wie sich WhatsApp weiter entwickeln soll. Die Stiftung wird von Spenden finanziert, zu den Wohltätern zählt auch Tesla-Chef Elon Musk.

Threema

Threema stammt aus der Schweiz und ist als einzige der hier genannten WhatsApp-Alternativen kostenpflichtig. Auch Threema profitiert aber von den Problemen der Facebook-Tochter: Die  die täglichen Download-Zahlen hätten sich seit letztem Freitag “vervielfacht”, heißt es vom Unternehmen. Genaue Zahlen nennt man allerdings nicht.

Allerdings: Im Play Store liegt Threema bei den kostenpflichtigen Apps an der ersten Stelle. Signal und Telegram schnappen sich übrigens die ersten beiden Plätze bei den kostenlosen Anwendungen. Threema jedenfalls setzt auf einen umfangreichen Datenschutz, das Unternehmen garantiert die Privatsphäre durch technische Verschlüsselung.

„Threema wurde von Grund auf mit Fokus auf Sicherheit und Schutz der Privatsphäre entwickelt, und seit Anbeginn ist Metadaten-Sparsamkeit unser Leitmotiv. Denn wo keine Daten sind, können auch keine missbraucht werden. Bei Threema haben Server lediglich die Funktion einer Relaisstation; nach erfolgter Zustellung einer Nachricht wird sie umgehend gelöscht“, heißt es auf der Homepage.

Zur Identifikation ist eine achtstellige ID notwendig, die sich mit einer Telefonnummer verknüpfen lässt. Notwendig ist das nicht, der Messenger lässt sich auch anonym nutzen. Threema selbst überträgt keine Daten auf eigene Server und kann dementsprechend auch nichts auslesen. Die Server für den Betrieb stehen in der Schweiz.

Die Messenger in der Übersicht

App Verschlüsselung Cloud-
Backup
App-Berechtigungen Eigentümer/Herausgeber Standort u. Rechtssprechung
WhatsApp End-to-End ja Kamera, Standort, Identität, Geräte-ID & Anrufinformationen,
Geräte- und App-Verlauf, Kontakte, Speicher, SMS, WLAN-Verbindungsinfos,
Fotos/Medien/Dateien, Mikrofon, Telefon, Sonstiges
Facebook Inc. Menlo Park, USA
Signal End-to-End ja, dann aber ohne Verschlüsselung Mikrofon, Telefon, Kamera, Kalender, Kontakte, Speicher, SMS,
Identität, Standort, Fotos/Medien/Dateien,
Geräte-ID & Anrufinformationen,  WLAN-Verbindungsinfos, Sonstiges
Signal Foundation Mountain View, USA
Threema End-to-End nein Kontakte, Telefon, Standort, Identität, Kamera,
Geräte-ID & Anrufinformationen, Speicher,
WLAN-Verbindungsinfos,  Mikrofon,
Fotos/Medien/Dateien, Sonstiges
Threema GmbH Freienbach, Schweiz
Telegram End-to-End nur in “Secret Chats” ja Mikrofon, Fotos/Medien/Dateien, Standort, Telefon, Kontakte,
Identität, Kamera, WLAN-Verbindungsinfos, Speicher,
Geräte-ID & Anrufinformationen, Sonstiges
Telegram FZ-LLC Dubai, VAE

Datenschutz-Maßnahmen im Vergleich

App Angabepflicht
Rufnummer/Mail
Server-Speicherung
v. Nachrichten
Zugriff auf Adressbuch erforderlich Open Source dezentral
WhatsApp ja ja ja nein nein
Signal ja nein nein ja ja
Threema nein nein nein ja ja
Telegram ja ja nein ja nein

WhatsApp-Ultimatum: Daten teilen mit Facebook oder Account löschen (Update)

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