Gastbeitrag

Wege aus der Corona-Krise, Teil 1: „Her mit den Daten!“

Shpock-Mitgründer Armin Strbac. © Jakob Steinschaden
Shpock-Mitgründer Armin Strbac. © Jakob Steinschaden
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Armin Strbac ist einer der Mitgründer der Flohmarkt-App Shpock, die 2015 vom norwegischen Medienkonzern Schibsted gekauft wurde. Strbac ist heute als Business Angel etwa beim Wiener Startup journi investiert. In diesem Gastbeitrag widmet er sich dem Thema Daten in Zeiten des Coronavirus.

Erstmal vorab: Ich würde nie behaupten, Experte für AI zu sein. Was ich jedoch sehr wohl behaupte, ist, dass ich als Business Angel etwas von Startups und dem Status der österreichischen und europäischen Wettbewerbsfähigkeit verstehe. Gerade im letzten Jahr konnte ich auch einige Zeit in China verbringen und fand dort ein Ökosystem, das unserem Startup-Ökosystem in vielen Dimensionen weit voraus ist.

Einer von vielen (wirklich vielen) Bereichen, auf den seit nun geraumer Zeit ein Fokus gelegt wird, ist AI. Der Treibstoff von AI sind Daten. Wie bei jedem Treibstoff gibt es unterschiedliche Arten, die sich nach Quantität und Qualität unterscheiden (Spoiler: bei uns mangelt es an Zugang zu beidem). Die Menschen, denen das egal ist, müssen sich halt auch im Klaren sein, dass sie dann in wenigen Jahren medizinische Innovationen, Diagnosen, Medikamente aus China oder den USA beziehen werden bzw. sehr viel Geld an diese Länder zahlen werden, um Zugang zu eben genannten zu erhalten.


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Datendebatte zurück in der Primetime

Als Beispiel für ein ambitioniertes Startup in dem Bereich kann man iCarbonX nennen. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat dort bereits Hallo gesagt, und seit wenigen Monaten kommt auch in Deutschland Bewegung in die Debatte rund um die Verwendung von Gesundheitsdaten. Medizin ist hier aber nur ein plakatives Beispiel.

COVID19 hat nun die Datendebatte wieder aufs politische Tablett gebracht. Die einen wollen Daten zur „Kontrolle“ nutzen, die anderen warnen davor, und manche sehen überhaupt schon totalitäre Überwachungsstaaten entstehen. Wenig wissen wir aber über die Art, die Qualität und die Quantität der Daten, die ohne Zweifel bereits seit langem existieren. Als kleine Anekdote möchte ich erwähnen, dass wir in der HTL vor 20 Jahren bereits das Thema Standortbestimmung über Triangulation von Sendemasten und Anwendungsmöglichkeiten wie etwa automatische Geschwindigkeitsmessungen diskutiert haben. Es sind also keine neuen Themen, die da jetzt aufkommen.

Die Krise als Katalysator

Jede Krise hat ihre Möglichkeiten und kann auch als Katalysator für Innovationen wirken. Man muss sich nur einmal ansehen, welche Startups um die Finanzkrise 08/09 gestartet wurden. Mir fallen sofort Slack, Airbnb, MongoDB oder Dropbox ein, es gibt sicher viele mehr. Auch bin ich der Meinung, dass bei all den Herausforderungen, die wir als Wirtschaft nun haben, wir einen unheimlichen technologischen Sprung als Gesellschaft machen werden. Warum also nicht die Krise als Motor für neue Innovationen, aber auch für Transparenz nutzen? Die Lösung ist einfach: Her mit den Daten!

Wenn eine Regierung auf spezifische (hoffentlich) anonymisierte Daten zugreifen möchte, die jetzt nicht unbedingt zur Strafverfolgung benötigt werden, dann sollten diese anonymisierten Daten doch einfach auch öffentlich gemacht werden. Endlich Open Data. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  1. Public Audit: Die Öffentlichkeit kann sich selbst ein Bild zu den Daten machen und gegebenenfalls auf „Problemfelder“ hinweisen. Ich persönlich vertraue darauf, dass der Weg über die breite Öffentlichkeit zu mehr Datenschutz führt. Ich glaube nicht an das Märchen, dass einzelne Parteien, die in einem speziellen Fall noch vor kurzem für flächendeckende Videoüberwachung mit Gesichtserkennung, Ausweitung der Polizeibefugnisse, Bundestrojaner und Vorratsdatenspeicherung etc. waren, plötzlich zu Hüter unserer Daten mutieren. Wer hat die missbräuchliche Nutzung von Daten in der Vergangenheit aufgedeckt? Parteien oder Behörden? Eher nicht.
  2. Treibstoff für Innovation: Die Veröffentlichung der Daten könnte neue Innovationen beflügeln. Allein die Themen Verkehrsoptimierung, Stauvermeidung, Stadtplanung oder Umweltschutz könnten beschleunigt und verbessert werden. Wer weiß, welche Datenschätze nur darauf warten, entdeckt und genutzt zu werden. Man darf einfach nicht vergessen, dass Europa zwar großartige Wissenschaftler in dem Bereich hervorbringt, aber kaum über Daten verfügt, um Anwendungen entstehen zu lassen. Anstatt jetzt Jahrzehnte zu spät die europäische Cloud zu fordern, könnte man (auch schon sehr spät) doch einfach jetzt die Weichen stellen, um europäische AI-Lösungen zu forcieren.
  3. Gesteigertes Bewusstsein: Die stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema würde auch dazu führen, dass ein bewussterer Umgang mit Daten bei jedem Einzelnen entstehen würde. Man könnte Ängste eindämmen und uns als Gesellschaft zukunftsfit machen.

Auch wenn es sich manche wünschen – aber die Themen AI, Datennutzung und Automatisierung werden nicht verschwinden. Die Ära der Daten hat bereits vor einiger Zeit begonnen, und wir können für kurze Zeit noch über unsere Rolle in dieser Ära entscheiden. Sind wir „nur“ Produkt und Nutzer oder ergreifen wir die Chance und werden Gestalter? Vielleicht sind es gerade die Menschen, die jetzt zu Hause sitzen und einen der vielen Kurse zum Thema Daten und AI machen, die, die Lösungen entwickeln, um so eine Krise in Zukunft gar nicht erst entstehen zu lassen.

Weiterführende Infos für den sanften Einstieg in die Welt der AI:

  • AI Superpowers“ von Kai-Fu Lee
  • Tech Titans of China“ von Rebecca Fannin
  • das grandiose Team von GIN Austria

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