Interview

Welche Technologien braucht der Arbeitsplatz der Zukunft, Nora Lawender?

Nora Lawender von NTT Austria. © NTT Austria
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„Was wir sehen ist, dass die digitale Transformation in vielen Branchen große Vorteile mit sich bringt und das Arbeiten wirklich verändert“ sagt Nora Lawender. Damit einhergehend werde auch das Thema Flexibilität am Arbeitsplatz wichtiger – Schlagwort digitale Transformation. Wie die aussehen könnte, welche Folgen die Corona-Pandemie mit sich bringt und welche Technologien künftig entscheidend werden könnten, erzählt sie im Interview mit Trending Topics. Lawender ist seit April Geschäftsführerin des Technologiedienstleisters NTT Ltd. Austria.

„Positive Erlebnisse mit Technologien wichtig“

Bei NTT Ltd. Austria arbeiten rund 260 Mitarbeiter für mehr als 4.000 Kunden mit Technologie- und Servicelösungen in den Bereichen „Intelligent Infrastructure“, „Intelligent Workplace“ und „Intelligent Business“. In den letzten Monaten hat sich die Diskussion um die Zukunft des Arbeitens vielerorts wieder verstärkt. Digitalisierung ist mittlerweile mehr als ein Schlagwort, spätestens die Pandemie hat viele Branchen gewissermaßen dazu gezwungen, auch online aktiv zu werden. Dazu kommen neue Technologien, die ortsunabhängiges Arbeiten erleichtern, dafür aber auch neue Risiken mit sich bringen.

Nora Lawender kann auf langjährige Führungserfahrung im Finance-Bereich und in der IT- und Telekommunikationsbranche zurückblicken. Sie sieht die Corona-Pandemie auch als treibende Kraft hinter der digitalen Transformation – aber nicht nur. Neue Schlüsseltechnologien und andere Arbeitsrealitäten würden für viele Herausforderungen sorgen: „Wenn man sich als Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzt und sich starke Partner sucht, wird man aber nicht zu den Verlierern gehören“, sagt sie. Wichtig seien dabei „positive Erlebnisse mit Technologien“.

Trending Topics: Von vielen Seiten heißt es, die Corona-Pandemie beschleunige die digitale Transformation. Wie groß ist diese Beschleunigung tatsächlich? Lässt sich das in Zahlen fassen?

Nora Lawender: Wir haben in den vergangenen Monaten deutlich gesehen, dass die Corona-Pandemie viele Prozesse unglaublich beschleunigt hat. In zahlreichen Unternehmen wurden Versäumnisse im Bereich der digitalen Transformation aufgedeckt. Dies hat eine funktionierende IT-Infrastruktur mehr denn je in den Fokus gerückt. Aber auch Betriebe, die schon vorher auf hybrides Arbeiten gesetzt haben, beschäftigen sich nun verstärkt mit der Frage, wie ein Unternehmen durch die Unterstützung von Technologie krisensicher gemacht werden kann.

Unsere soeben publizierte Studie „Future Disrupted: 2021“ zeigt deutlich, dass vor allem das positive Erlebnis der Mitarbeiter und Kunden mit Technologien (Employee und Customer Experience) im Zusammenhang mit der Gestaltung der Geschäftsstrategie noch stärker in den Fokus von Unternehmen gerät. Diese Erkenntnis wird durch weitere Analysen von NTT unterstützt, nach denen 71 Prozent der Unternehmen eine verbesserte Customer Experience als den wichtigsten Treiber für ihre digitale Transformation nennen.

Was werden die Schlüsseltechnologien der nächsten Jahre? Und welche Lehren ziehen wir dahingehend aus der Pandemie? Sind Technologien, die vielleicht länger ein Nischendasein gefristet hätten, durch die Pandemie in den Vordergrund gerückt?

Im Zuge unserer aktuellen Studie „Future Disrupted: 2021“ haben wir fünf Schlüssel-Technologien definiert, die Unternehmen in Sachen Cybersicherheit unterstützen, nachhaltiges Wachstum fördern und Umweltbelastungen reduzieren:

All-Photonics-Netzwerke (APNs) werden die globale Kommunikation antreiben: Unter APNs verstehen wir eine Technologie, die die gesamte Informationsübertragung in photonische Prozesse umwandelt. So ist es möglich, die Breitbandeigenschaften und die Flexibilität des Lichts voll zu nutzen und für jedes Endgerät, jeden Benutzer und jeden Dienst optische Übertragungswege bereitzustellen. Für aktuelle Kommunikationssysteme ist es notwendig, optische und elektrische Signale im Netz mehrfach umzuwandeln. Im Gegensatz dazu soll mit APNs eine Kommunikation nur mit optischen Signalen aufgebaut werden. APNs brauchen dank ihrer End-to-End-Informationsübertragung wenig Strom, dafür wird die Datenübertragung umso schneller.

Die Cognitive-Foundation-Technologie (CT) ermöglicht die Erstellung, Verwaltung und den Betrieb von Ressourcen der Informations- und Kommunikationstechnologie aus der Ferne, das reicht von Endgeräten über Netzwerke bis hin zur Cloud. Sie umfasst eine hyperkonvergierte Infrastruktur und IoT-Gateways, sowie Virtualisierungssoftware und prädiktive Analyseanwendungen. Durch diese zentralisierte Verwaltung und agile Zuweisung von IKT-Ressourcen ist es möglich, Sprache, Video, Applikationsdaten, sowie unterschiedliche IoT-Sensorinformationen optimal auszubalancieren und eine höhere Qualität der genutzten Services zu erreichen.

Digital Twin Computing (DTC) ermöglicht vorausschauende Analysen durch die Integration der realen mit der virtuellen Welt. Mit DTC können Menschen und Dinge aus der realen Welt nachgebildet werden und ohne Einschränkungen im Cyberspace mit „digitalen Zwillingsoperationen“ interagieren. Die Informationen können etwa in Vorhersagesystemen für Verkehrsbelastung integriert werden. Zudem kann DTC bei Prognosen zum individuellen Krankheitsverlauf eines Patienten eingesetzt werden.

„Citizen Developer“ und Robotic Process Automation werden Unternehmen neu gestalten: Low-Code- und No-Code-Plattformen, die so aufgebaut sind, dass jeder Geschäftsanwendungen mit seinen Unternehmensdaten erstellen kann, werden für Unternehmen zu einem wesentlichen Unterscheidungsmerkmal. Der „Citizen-Developer“-Ansatz setzt geringe bzw. keine Programmierkenntnisse voraus, sondern nutzt Robotic Process Automation, um bestimmte Geschäftsprozesse zu automatisieren, so dass die Mitarbeiter ihre Zeit für wichtigere Aufgaben nutzen können.

Außerdem wichtig: Das Thema Edge Computing. Inwieweit wird das die Cloud, KI-Berechnungen und generell das Thema Datenerfassung verändern?

Edge Computing wird eine neue Ära der Datenverarbeitung einläuten und vor allem den Weg für IoT-Echtzeit-Anwendungen bereiten. Edge Computing wird deshalb auch als Local Cloud bezeichnet. Das bedeutet, die Cloud Computing-Ressourcen näher an Endgeräte/Sensoren zu rücken. Der Vorteil dabei liegt vor allem in der Reduktion der Laufzeiten, die bei der Datenübertragung in die Cloud anfallen. So erkennt und verarbeitet beispielsweise das Computer-Vision-System eines Autos Bilder sofort, anstatt diese Informationen zur Überprüfung in die Cloud zu senden.

Mit dieser Technologie wird die Datenverarbeitung, z.B. grafische oder bildliche Inhalte bei Augmented Reality Anwendungen von der Cloud an den Rand eines (IoT) Netzwerks, also „die Edge“, gebracht. Durch kürzere Wege wird hier die Übertragung um einiges schneller und sorgt vor allem bei Echtzeitanwendungen für einen reibungslosen Ablauf.

Mehr online bedeutet zumeist auch mehr Risiko, was Datenschutz und Privatsphäre anbelangt. Was lässt sich machen, um die Cybersecurity zu stärken?

Wir haben in den vergangenen Monaten durch die Covid-19-Krise und das verstärkte Arbeiten im Home-Office gesehen, dass neben einer abgesicherten IT-Infrastruktur vor allem auch der Faktor „Mensch“ eine große Rolle spielt. Hier gilt es verstärkt darauf zu setzen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im eigenen Unternehmen zu schulen und vor allem auch zu sensibilisieren. Als NTT unterstützen wir unsere Kunden neben den technischen Lösungen im Bewusstmachen dieser Gefahren und beim Aufbau der „menschlichen Firewall“. Cyberkriminalität hat viele Gesichter und diese verändern sich stetig. Umso wichtiger ist es hier, am am Laufenden zu bleiben. Allein das kritische Hinterfragen kann in vielen Fällen cyberkriminelle Handlungen verhindern. Essentiell dafür ist eine offene Unternehmenskultur, die Rückfragen nicht nur zulässt, sondern auch einfordert.

Wie könnte die Arbeitswelt in fünf Jahren ausschauen – vielleicht anhand eines Beispiels?

Was wir sehen ist, dass die digitale Transformation in vielen Branchen große Vorteile mit sich bringt und das Arbeiten wirklich verändert. Nehmen wir den Industriebereich: Hier bietet beispielsweise Augmented Reality in Kombination mit Collaboration-Technologien enorme Vorteile, gerade im Bereich der Wartungsarbeiten. Experten müssen nicht mehr um die Welt reisen, um vor Ort zu sein, sondern können Personen vor Ort durch Datenbrillen direkt an den Maschinen für die Fehlerhebung anleiten. Wir haben dies bereits heute bei vielen unserer Kunden umgesetzt und werden diesen Weg konsequent weiterverfolgen. Wir sind zudem überzeugt, dass das Thema der Künstlichen Intelligenz noch stärker in künftige Lösungen eingebettet und enorme Möglichkeiten in der schnelleren Datenanalyse und Automatisierung von Routinearbeiten bieten wird.

Disruption bringt in der Regel auch Verlierer hervor: Welche Branchen und Unternehmen könnten das in den nächsten Jahren sein? Und was lässt sich machen, um nicht zu den „Verlierern“ zu gehören?

Wenn man sich als Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzt und sich starke Partner sucht, wird man nicht zu den Verlierern gehören. Manche Firmen werden die Chancen der Zukunft besser nutzen und manche werden sich schwerer tun. Hier gilt es offen für Veränderung zu sein, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht schwerfällt, sich mit neuen Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen. Gerade die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass wir fähig sind, uns schnell neuen Gegebenheiten anzupassen. Sehr viele Unternehmen haben flexibel auf die neuen Gegebenheiten reagiert und mit den richtigen Partnern die dafür nötigen Lösungen umgesetzt.

Thema Mitarbeiter: Ein anderer Gesprächspartner hat unlängst erzählt, dass physische Arbeitsstätten wohl eher ein Auslaufmodell seien. Oft heißt es ja auch, mehr Home Office würde den „War for Talents“ bestärken. Was braucht es künftig, um MitarbeiterInnen zu gewinnen? Und wie lässt sich vernetztes Arbeiten mit Sicherheitsthematiken verbinden?

Das mobile Arbeiten hat in der letzten Zeit massiv an Bedeutung gewonnen und wird weiterhin eine große Rolle spielen. Wir leben schon seit vielen Jahren das „hybride Arbeiten“ und ich glaube, diese Arbeitsweise wird auch in Zukunft bestehen bleiben. Hier spielt Flexibilität, sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite eine große Rolle. In der Unternehmenskultur müssen aber auch Vertrauen und Empowerment selbstverständlich sein. Junge Talente wollen ortsunabhängig arbeiten und eine flexible Zeiteinteilung. All dies kann durch Technologie geboten werden. Gleichzeitig spielt eine moderne Office-Umgebung, in der Collaboration gelebt wird und in Teams kreativ gearbeitet werden kann, mehr denn je eine große Rolle.

+++Wie lange werden wir noch 40 Stunden pro Woche im Büro sitzen, Katharina Thiel?+++

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