Weltkarte zeigt Hotspots der Kohlenstoffspeicher auf der Welt
Einige Gebiete und Ökosysteme auf der Erde wie tropische Regenwälder, Torfgebiete oder Moore erfüllen eine wichtige Aufgabe: Sie speichern Kohlenstoff aus der Luft. Viele dieser Gebiete haben eine hohe Dichte an Kohlenstoff, den Forschende als „unwiederbringlich“ bezeichnen. Das ist Kohlenstoff, der nicht mehr zurückgewonnen werden könnte, wird der Kohlenstoff erstmal durch Zerstörung der Gebiete freigesetzt. Aus Sicht der Wissenschaft ist es deshalb wichtig, diese Gebiete angesichts der globalen Klimakrise zu schützen. In einer aktuellen Studie von Conservation International, einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in Washington D.C., die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, zeigen Forschende anhand von Weltkarten auf, wo die Ökosysteme liegen, die diesen unwiederbringlichen Kohlenstoff bergen.
83 Prozent der Gebiete mit Bäumen bewachsen
Allein rund 3,3 Prozent der globalen Landfläche beherbergt die Hälfte des unwiederbringlichen Kohlenstoffs der Erde. Zu den Ökosystemen mit einer hohen Dichte an dieser Art des Kohlenstoffs gehören vor allem Mangroven, tropische Wälder und Torfgebiete sowie alte Wälder in den gemäßigten Breiten. Diese liegen etwa in Gebieten im Nordwesten Nordamerikas, im Westen Südamerikas, aber auch im Kongobecken und auf der Insel Borneo. Insgesamt sind 83 Prozent der Gebiete laut Studie mit Bäumen bewachsen, was wenig verwunderlich ist: Bäume sind vielleicht die bekanntesten Helfer, die über Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre entnehmen und dann im Holz und Boden speichern.
Große Mengen bereits verlorengegangen
In einigen Gebieten sind solche großen Kohlenstoffsenken in jüngster Zeit bereits unwiederbringlich verloren gegangen. So schätzen die Forschenden, dass zwischen 2011 und 2019 schätzungsweise vier Gigatonnen Kohlenstoff verloren gegangen sind, die nicht mehr durch Aufforstung oder andere Maßnahmen zurückgewonnen werden können. Zurückzuführen ist das auf den Verlust von Baumbeständen, etwa durch Abholzung von Wäldern zur Gewinnung von Rindfleisch, Soja, Palmöl und Holzfasern. Zudem trägt eine Verlagerung der Landwirtschaft in den Tropen dazu bei, die Forstwirtschaft und Walbrände in den gemäßigten und borealen Zonen. Bei einem „Business-as-ususal”-Szenario, d.h. emittieren Staaten Emissionen weiter wie bisher, ist es laut Studie möglich, dass in jedem kommenden Jahrzehnt Senken im Ausmaß von 4,5 Gigatonnen verloren gehen könnten – und das allein durch Entwaldung. Dies würde bedeuten, dass bis 2050 weltweit mindestens 10 Prozent der Kohlenstoffsenken unwiederbringlich verloren gehen könnten.
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Forschende schlagen Maßnahmen vor
Was kann die internationale Gemeinschaft gegen diese Entwicklung tun? Die Forschenden der Studie plädieren für Strategien zur Verhinderung eines drohenden Verlusts. Dazu zählen etwa Zahlungen für die Verringerung der Entwaldung und den Rückkauf von behördlichen Genehmigungen für die Abholzung. Sie betonen jedoch auch proaktive Strategien zur langfristigen Sicherung von Gebieten, wie die Förderung der Rechte indigener Völker, die Ausweitung und angemessene Finanzierung von Schutzgebieten und die Bewirtschaftung kohlenstoffreicher Ökosysteme im Hinblick auf die Klimaresistenz. Schutzgebiete auszuweisen kann laut Studie zudem die reiche Biodiversität sichern, die in den betroffenen Gebieten meist sehr hoch ist, und ein Aussterben der Arten verhindern. Derzeit befinden sich nur 23 Prozent des unwiederbringlichen Kohlenstoffs in Schutzgebieten.
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Karten als Orientierungshilfe
Mit den Weltkarten und Auswertungen der nicht-wiederherstellbaren Kohlenstoffssenken können Schutzmaßnahmen laut den Forschenden besser priorisiert werden. Zudem geben sie Ländern eine Orientierung für solche Maßnahmen an die Hand. Zum Abschluss der Studie appellieren die Studienautor:innen, dass der Mensch im Anthropozän die einzigartige Fähigkeit hat, die Kohlenstoffspeicherung und -flüsse auf globaler Ebene zu steuern. Zudem wirken sich die Entscheidungen, die heute über die nicht-wiederherstellbaren Kohlenstoffsenken in Ökosystemen getroffen werden, auf die Atmosphäre künftiger Generationen aus, so die Forschenden.
„Die Folgen der Freisetzung dieses gespeicherten Kohlenstoffs würden sich über Generationen erstrecken und unsere Chance, das Klima der Erde auf einem für die Natur und die Menschheit erträglichen Niveau zu stabilisieren, untergraben“, sagte Johan Rockström, leitender Wissenschaftler von Conservation International und Co-Direktor des Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam, in einer Presseaussendung zur Studie. „Wir müssen jetzt handeln, um die Fähigkeit des Planeten, als Kohlenstoffsenke zu dienen, zu bewahren, und dazu gehört auch, diesen einzigartigen Ökosystemen Priorität einzuräumen.“