VC-Coins: Die strittige Rolle von Investor:innen im „dezentralen“ Web3
Kaufen, besitzen, mitbestimmen: So wird das Web3 aktuell beworben. Wer sich Token von kleinen und großen Projekten kauft, soll nicht nur digitalen Besitz bekommen, sondern auch eine Stimme bei wichtigen Entscheidungen über die Weiterentwicklung bekommen – so, als würde man Stimmrechtsanteile an einem Unternehmen halten.
So weit die graue Theorie. In der Praxis sieht man zur Zeit, dass sich Venture Capitalists aufs Web3 und seine Token stürzen. Die Erwartung: Die Krypto-Unternehmen von heute können die ganz großen Player von morgen sein und Meta, Google, Amazon und Co den Rang ablaufen. Deswegen kaufen Andreessen Horowitz, Sequoia Capital, aber auch Freshfield One oder Tigris Web3 aus Europa künftig Token ein.
Wem gehört das Web3 wirklich?
Beispiel Bored Ape Yacht Club: Andreessen Horowitz und Co. konnten sich etwa ein Sechstel aller ApeCoins schnappen, bevor diese überhaupt via Exchanges auf den freien Markt kamen. Oder bei Solana: Da wurden zu Beginn bereits viele Token an Investor:innen wie Andreessen Horowitz, Polychain Capital oder Alameda Research von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried verkauft.
Deswegen haben so manche Blockchain-Projekte den zweifelhaften Ruf bekommen, VC-Coins oder VC-Chains zu bauen – also Technologien, die der schnellen Gewinnmaximierung der VCs auf Kosten der Dezentralität dienen. Das wird sogar innerhalb der Investor:innen-Community kritisch gesehen.
„Wenn sich schon abzeichnet, das der Return zu ihnen fließt und für den Rest die Krümel übrig bleiben, kann man es auch gleich bleiben lassen“, sagt etwa Peter Augustin vom brandneuen Krypto-Fonds Tigris Web3 aus Österreich über diese VC-Chains. „Wir versuchen, keine VC Chains zu bauen und den Kerngedanken der Blockchain zu leben. Wir wollen die Grundidee des dezentralen Webs unterstützen und nicht notwendigerweise VC-Chains unterstützen“, fügt sein Geschäftspartner bei Tigris Web3, Berthold Baurek-Karlic, an.
VCs drängen Startups dazu, Token zu veröffentlichen
Mittlerweile gibt es in der Branche sogar Storys darüber, dass Investor:innen Startups dazu drängen, Token auf den Markt zu bringen – selbst da, wo ein eigener Token eigentlich gar keinen Sinn macht. Das Kalkül dieser Geldgeber:innen: Sie können die Assets viel leichter wieder loswerden als Firmenanteile. Shares an einem Startup zu verkaufen, bedarf oft langwieriger Verhandlungen über Konditionen und Wert, und gerade wenn es schlecht läuft, muss sich erst einmal ein Käufer finden. Token hingegen kann man weltweit über (auch dezentralisierte) Exchanges loswerden, gegen Bitcoin, Ethereum und Co tauschen und diese Assets dann schnell ins nächste Startup investieren.
2021 haben Venture Capitalists weltweit – je nach Zählung – zwischen 28 und 33 Milliarden Dollar in Krypto-Unternehmen investiert. Auch 2022 hat die Investitionslaune keinen Dämpfer bekommen. Was auch zeigt: Krypto-Unternehmer:innen sind weiterhin nicht abgeneigt, das Geld der VCs zu nehmen.
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„VCs machen hochinnovative Usecases erst möglich“
„Ich sehe das grundsätzlich sehr positiv. Das Web3-Ökosystem entwickelt sich so rasant weiter, eigentlich nur durch die Großinvestoren und die Venture Capitals wird möglich, neuartige, hochinnovative Usecases überhaupt zu erproben und zu experimentieren. Niemand weiß, ob das Metaverse überhaupt angenommen wird, aber dann der Investoren können heute einige Player eine neue Industrie erschaffen, wo dann viele neue Player ihre zukünftigen Einnahmequellen aufbauen können“, sagt Ed Prinz vom Verein DLT Austria.
Bedeutet: Ohne Cash keine Musik. Auch Geronimo-Noah Hirschal vom Verein DLT Austria meint: „Es braucht viel Risikokapital, um so innovativ vorgehen und auch bei vielen Projekten scheitern zu können, insofern ist das für den gesamten Space eine positive Entwicklung.“
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