Wie der 22-jährige Fionn Ferreira die Ozeane von Mikroplastik befreien will
Anlässlich des Welttags der Ozeane stellen wir heute einen Erfinder vor, der bereits als Teenager angefangen hat, an einer Lösung zu arbeiten, die in Zukunft die Ozeane von Mikroplastik befreien soll. Seine innovative Lösung zum Filtern von Mikroplastik aus dem Wasser soll mit Hilfe einer selbst kreierten „Ferrofluidmischung“ funktionieren. Im Mai wurde der 22-jährige Fionn Ferreira sogar vom Europäischen Patentamt für den Young Inventors Prize nominiert. Im Interview mit Trending Topics spricht er im Detail über die Entstehungsgeschichte seiner Reinigungsmethode, wie er die Wirksamkeit mit selbst gebastelten Geräten überprüft hat, seine Zukunftspläne, aber auch über die Vor- und Nachteile des jungen Erfinderdaseins.
Ozeane mit Magnetenkraft reinigen
Fionn Ferreiras Methode zur Entfernung von Mikroplastik aus dem Wasser ist einfach, aber effektiv: Vor Jahren hatte er den Einfall, zur Wasserreinigung ein Ferrofluid, also ein magnetisches Flüssigkeitsgemisch, zu verwenden. Damit können Plastikteilchen vom Wasser getrennt und mit Hilfe von Magneten entfernt werden. Der neueste Prototyp, der von der Footprint Coalition unterstützt wird, soll über 85 % des Mikroplastiks in einem einzigen Durchgang entfernen. Letztlich soll das Wasser als Trinkwasser verwendet werden können.
Die magnetische Flüssigkeit soll bei dem Verfahren fast vollständig erhalten bleiben. Ferreiras Ziel besteht darin, Mikroplastik zu sammeln und zum späteren Recycling outzusourcen.
Inspiriert durch das handwerkliche Geschick der Eltern
Ferreira wuchs in der Nähe der irischen Küste in einer Familie von Bootsbauer:innen auf. Auf die Frage, was ihn zu seinem Werdegang inspiriert habe, antwortet er: „Ich habe erkannt, dass die meisten Menschen heutzutage denken, dass man alles irgendwo kaufen oder für sich anfertigen lassen muss, und nicht, dass man Dinge immer noch selbst erschaffen kann. Meine Eltern hatten beide mit dem Bau von physischen Objekten zu tun. Das hat mir gezeigt, dass ich selbst bauen kann, was ich brauche – in meinem Fall Geräte für mein Heimlabor.“
Aber auch die Gegend, in der er aufgewachsen ist, soll eine bedeutende Rolle für seinen Werdegang gespielt haben. Er erzählt von einem einschneidenden Weckruf, der sich an der Küste von West Cork ereignet hat: „Als Kind wusste ich noch nicht mehr, als dass das ganze Plastik im Wasser ein hässlicher Anblick war. Als ich dann älter wurde und erfuhr, dass das alles in immer kleinere Teile zerfällt und ich dieses Wasser Tag für Tag trinke, kam für mich die große Wende. Die angenommene Gefahr bestätigte sich, als ich meinen ersten eigenen Test mit meinem selbstgebauten Spektrometer durchführte und feststellte, dass in der Gegend, in der ich lebte, viel zu zu viel Plastik im Wasser war.”
Erstes Testgerät aus Lego und Holzstücken
Die erste Version seines eben erwähnten eigenen Spektrometers soll Fionn Ferreira bereits als Teenager gebaut haben. Im Interview erzählt er ausführlich, wie es überhaupt zu seiner speziellen Methode, Wassser von Mirkoplastik zu säubern gekommen ist: „Mir wurde früh klar, dass es in meinem Umfeld niemanden gab, der auf Mikroplastik testete oder nach Möglichkeiten suchte, es aus dem Wasser zu entfernen, also wollte ich es selbst tun.“
Und weiter: „Ich war 14 oder 15 und dachte mir, dass ich im Grunde nur eine Maschine brauche, die einerseits Licht durch eine Probe schickt und analysiert, aber auch erkennt, woher das Licht kommt und wie es sich beim Durchgang durch die Probe verändert. Für mein Spektrometer habe ich Legosteine und ein paar Holzstücke benutzt. Ich habe online gelernt, wie man eine kleine Software erstellt. Dann konnte ich mir das Lichtspektrum ansehen und herausfinden, was im Lichtspektrum fehlte bzw. wie viel Plastik vorhanden war.”
Als er sein Gerät dann zum ersten Mal benutzte, dachte er, dass es nicht richtig funktioniert würde, weil er Unmengen an Mikroplastik im Wasser fand. Später wurde ihm jedoch klar, dass das Wasser aus seinem Brunnen tatsächlich auch eine sehr hohe Konzentration Plastik enthielt. Die Tatsache, dass niemand etwas dagegen unternahm, beunruhigte ihn.
Das Ferrofluid aus der Schulunterricht
So suchte er als nächstes nach Möglichkeiten, das Problem nicht nur sichtbar zu machen, sondern auch aktiv dagegen anzukämpfen: „Ich dachte anfangs, wenn ich Öl zum Aufnehmen von Plastik verwenden könnte, würde das vielleicht ganz gut funktionieren. Aber das hätte nur für mehr Verschmutzung gesorgt. Mir kam dann der Gedanke, eine Art magnetisches Öl herzustellen. Und dann dachte ich endlich an ein Physik-Experiment, das ich in der Schule gemacht hatte, bei dem ich Magnete zur Steuerung einer Flüssigkeit namens Ferrofluid verwendet habe. Ich habe mich gefragt, wie es wäre, wenn ich Ferrofluid dazu verwenden würde, Kunststoffe aus dem Wasser zu entfernen.“
Der junge Erfinder macht im Gespräch dennoch deutlich, dass er sich im Laufe der letzten Jahre viele Gedanken um die Richtigkeit seiner Methode gemacht hat: „Mit meinem Heimgerät konnte ich bei der Verwendung meiner Magnet-Methode einen Rückgang der Kunststoffe um 87 % feststellen. Aber natürlich war meinem eigenen Spektrometer nicht zu 100 % zu trauen. Es handelte sich ja im Gegensatz zu den Geräten für 50.000 Euro schließlich nur um ein 50-Euro-Spektrometer. Also habe ich auch ein Mikroskop gebaut, mit dem ich klar erkennen konnte, was Kunststoff ist und was nicht. Es nennt sich Raman-Mikroskop und verwendet Raman-Licht. Aber auch so konnte ich eine 88- bis 87-prozentige Extraktion feststellen. Trotzdem traute ich der Sache immer noch nicht ganz. Deswegen habe ich einige Proben und ein Testgerät zu Expert:innen in die USA geschickt, die meine Ergebnisse mit unabhängigen Tests bestätigt haben.“
2019 begann Fionn Ferreira schließlich sein Studium der Chemie an der Universität Groningen in den Niederlanden. Während des Studiums entwickelte er seine Technologie zur Entfernung von Mikroplastik weiter und begann, sie bei Messen und Wettbewerben vorzustellen. Er erhielt einen Preis bei der renommierten Google Science Fair, wodurch seine Erfindung ins Rampenlicht der Medien rückte.
Prototyp für einen kleinen Haushalt
Auf die Frage, ob die Methode schon angewendet wird, antwortet er: „Bis jetzt haben wir nur einen Prototyp. durch den Wasser fließen kann. Plastik- und Mikroplastikpartikel werden also direkt aus dem durchfließenden Wasser entfernt. Mein derzeitiges Modell ist für einen kleinen Haushalt geeignet. Jetzt können mein Team und ich es durch die Beschaffung von Mitteln und weitere Maßnahmen auf eine Größe skalieren, die für die Reinigung einer Kläranlage und für diese Anwendung verwendet werden könnte. Aber ja, es ist immer noch ein Prototyp. Ich hoffe, dass er bald in Testanlagen eingesetzt werden kann.“
Young Investors Prize 2023
Aufgrund seiner Bemühungen ist Ferreira in diesem Jahr auch für den Young Inventors Prize nominiert worden. Der Preis würdigt Initiativen von jungen Erfindern (bis 30 Jahre) und ehrt Lösungen, die sich für die nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen einsetzen. Die Gewinner:innen des Europäischen Erfinderpreises werden am 4. Juli in Valencia im Rahmen einer hybriden Preisverleihungszeremonie bekanntgegeben.
Über einen potenziellen Sieg denkt er: „Es geht mir eher darum, in der Gemeinschaft von Erfinder:innnen anerkannt zu werden. Ich hoffe dadurch, dass andere Jugendliche inspiriert werden und erkennen, dass sie genauso erfinden, Ideen entwickeln und an Dingen arbeiten können, die ihnen wichtig erscheinen.”
„Ich denke auch, dass die Jugend eine Kraft hat“
Passend zum Thema spricht er anschließend völlig transparent über die Vor- und Nachteile des Daseins als junger Erfinder: „Ich habe das Gefühl, dass es sehr lange dauert, bis man ernst genommen wird. Ja, ich bin jemand mit begrenzter Erfahrung, der erst seit ein paar Jahren an diesem Thema arbeitet. Aber ich glaube auch, dass die Jugend eine einzigartige Kraft besitzt, die ältere Menschen verloren haben – und zwar die Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszublicken und unerwartete Verbindungen herzustellen. Gerade diese können zu neuen Ideen führen. Für mich verkörpern Innovation und Erfindungsreichtum den Geist der Wissenschaft. Es geht um das Zusammenführen von Dingen auf unkonventionelle Weise. Ein Tunnelblick ist nicht der richtige Weg für Erfindungen. Die Jugend hat diese Superkraft. Doch leider wird sie auf Veranstaltungen und Konferenzen oft nur als Aushängeschild präsentiert, ohne die Anerkennung zu erhalten, die ältere Erfinder:innen haben. Ich denke, dass sich das ändern muss.“
Was den Erhalt des Preisgelds beim Young Investors Prize 2023 betrifft, plant er, es für die nächste Generation von Tests zu verwenden. Er möchte bald anfangen zu untersuchen, wie man mit den Kunststoffen umgehen kann, sobald sie aus dem Wasser entfernt wurden, bzw. wie man sie vom Öl-Magnetit-Gemisch trennen und das Endprodukt wiederverwenden könnte.