Wie die Wiener Frequentis die Zusammenarbeit mit Startups neu aufstellt
Mit Startups zusammenzuarbeiten, ist in den Vorstandsetagen großer Unternehmen schick geworden. Es ist mittlerweile aber auch ein offenes Geheimnis, dass das nicht immer viel bringt. Genauso unerfahren so manches Startup sein mag, das einen etablierten Markt betritt, ist gelegentlich ein Großunternehmen, das versucht, mit den „jungen Wilden“ zu kooperieren. Beide Welten folgen ihren eigenen geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen.
Mythos Corporate Incubator
Das österreichische IT-Unternehmen Frequentis betreibt bereits seit knapp 20 Jahren ein eigenes Gründerzentrum in Wien. Dort wird Startups dabei geholfen, ihr Geschäft aufzubauen. „In den 1990er-Jahren war das noch revolutionär“, sagt Joachim Edel, der seit Jahresbeginn bei Frequentis arbeitet und für Innovationen und Business Development im Vorstandsbüro zuständig ist.
Corporate Incubator heißt das Konzept mittlerweile und wird von vielen Konzernen gelebt. Bei den Pionieren setzt allerdings langsam eine Ernüchterung ein: „Das Startup-Center hat über 80 erfolgreiche Startups hervorgebracht, viele davon haben allerdings nur marginal mit dem Kerngeschäft der Frequentis zu tun“.
Dass das Gründerzentrum derzeit eine Baustelle ist und bis 2020 renoviert wird, hat auch symbolischen Wert: Das Startup-Engagement soll für Frequentis fruchtbarer werden. Dafür hat sich das IT-Unternehmen mit Edel einen Profi geholt. Der Luftfahrtingenieur hat bis Ende 2018 in Hamburg mit dem ZAL „das größte Open-Innovation-Zentrum für die zivile Luftfahrt weltweit“ mit aufgebaut, wie er sagt. Dort arbeiten Startups, Konzerne und Forschungsinstitute zusammen – Edel weiß also, worauf es ankommt.
Wenige, enge Startup-Partnerschaften
Frequentis hat enge Kooperationen mit Startups. Da geht es laut Edel darum, Produkte mit den Komponenten der Jungunternehmen zu ergänzen. Es entstehen Technologie-Partnerschaften, man erobert gemeinsam neue Märkte. Solche Beziehungen unterhält der Anbieter von Informations- und Kommunikationssystemen aber nur zu einer Hand voll ausgewählter, internationalen Startups.
Auf den „B2B Software Days“ in Wien hat das Austria Wirtschaftsservice mit Industry-Startup.Net einen Matchmaking-Workshop organisiert, der es Firmen und Startups erleichtern soll, sich zu finden. Acht Industrie-Unternehmen haben auf der Bühne präsentiert, wonach sie suchen und rund 30 Startups haben sich dann an „Speedating“-Tischen bei ihnen gemeldet. Frequentis ist auf der Suche nach Innovationen für Kontrollzentren von Polizei oder Feuerwehr. An diesem Freitag haben sich vier Startups mit Ideen gemeldet und eines davon will Edel nun zu weiteren Gesprächen einladen. Das Startup hat eine Spracherkennungs-AI, die im Gespräch Details zu dem Notfall heraushören und automatisch in ein Formular übertragen könnte.
Die Organisation auf Startups vorbereiten
„Unternehmen machen häufig etwas mit Startups nur um des Begriffs Willens. Das darf eigentlich nicht sein“, sagt der Experte. „Für manche Ideen ist es vielleicht besser mit Forschungsinstituten oder anderen erfahrenen Firmen zu arbeiten. Für welche Fragestellung welche Art von Innovationspartner am besten geeignet sind, muss ein Unternehmen auch in Abhängigkeit von dessen Struktur wissen“.
Außerdem müsse man eine Organisation auch gut auf die Zusammenarbeit mit Jungunternehmen vorbereiten. „Stellen Sie sich vor, eine innovative Komponente eines Startups war noch nicht ausgereift und wird an unsere sicherheitskritischen Systeme angebunden. Sie rufen in einer Notfallsituation 112 und werden in unseren Netzwerken falsch weitergeleitet“. Um zu verstehen, in welchen Bereichen des eigenen Unternehmens eine Kooperation Sinn ergebe, müsse man aus den Vorstandsbüros hinaus gehen und mit den einzelnen operativen Abteilungen reden.