Wie Österreichs MedTechs den Kampf gegen das Coronavirus führen
Eigentlich ist es ein NFC-Pflaster, mit dem Frauen ihre Körpertemperatur zur Ermittlung ihrer fruchtbaren Tage messen können. Doch mitten in der Corona-Krise ist aus femSense im Handumdrehen SteadyTemp geworden. Denn die entwickelte Technologie soll in Zukunft nicht mehr nur die Tage rund um den Eisprung ermitteln, sondern mittels kontinuierlicher Aufzeichnung der Körpertemperatur Betrieben dabei helfen, Infektionen frühzeitig erkennen zu können.
Hinter Steadytemp steckt das Grazer MedTech-Unternehmen SteadySense, das in der Krise seine Ressourcen nun auch darauf verwendet, seine Lösung für ein komplett anderes Einsatzgebiet umzubauen. „Unser Sensor-Patch ist als Ovulationserkennungssystem im Kinderwunsch-Sektor vielfach erprobt. Der Plan war immer schon, die Vorteile der kontinuierlichen Temperaturmessung eines Tages auch im klinischen Anwendungsbereich zu nutzen“, sagt Mitgründer Werner Koele. „Durch die aktuellen Entwicklungen liegt unseren Fokus nun zur Gänze auf der Entwicklung und Zulassung von SteadyTemp als COVID-19-Früherkennungssystem.“
Anfragen aus China, Japan und Indien
Wie und ob Unternehmen diese Temperaturmessung mit den Patches, die sich Personen auf die Haut kleben, einführen werden, ist noch offen. „Wir sind gerade dabei, erste Piloten in Österreich zu starten“, sagt Koele. „Vor allem bei Personen in Heimquarantäne oder bei Personal in kritischen Infrastrukturbereichen sehen wir den Vorteil der kontinuierlichen Temperaturmessung, um so schnellsten einen mögliche Infektion oder Erkrankungen mit Fieber erkennen zu können.“ Auch in Altersheimen oder bei Pflegekräften sei das System sinnvoll. Die Technologie könne mehrere Personen zeitgleich erfassen und verwalten, die Datenspeicherung erfolgt dabei dezentral am Smartphone des Benutzers und nicht etwa in der Cloud. Anfragen soll es bereits aus China, Japan oder Indien geben.
Das Startup SteadySense ist eines von vielen Medizintechnikunternehmen, das in der Corona-Krise eine neue Bestimmung gefunden hat. Denn die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) war sehr schnell dabei, einen eigenen Call für die Förderung von Mittel gegen das Coronavirus aufzulegen. Bisher sind 16 Millionen Euro an Förderungen an 24 verschiedene Projekte geflossen – weitere zehn Millionen der insgesamt 26 Millionen Euro aus dem Wirtschafts- und dem Klimaschutz- und Innovationsministerium sollen noch vergeben werden.
Neuartiger Schnelltest
Eines der 24 Projekte ist etwa auch Qualizyme Diagnostics aus Graz. Die beiden Gründerinnen Andrea Heinzle und Eva Sigl haben mit ihrem jungen MedTech ein Frühwarnsystem für Wundinfektionen entwickelt (Trending Topics berichtete). Jetzt geht es der Grazer Firma darum, Schnelltests zum raschen und verlässlichen Nachweis von COVID-19 zu entwickeln. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Tests soll das System nicht auf dem Nachweis der RNA oder von Antikörpern beruhen, sondern auf dem direkten Nachweis von Viruspartikeln“, heißt es seitens des Unternehmens.
Neben Startups wie SteadySense oder Qualizyme finden sich unter den von der FFG geförderten Unternehmen auch viel andere bekannte Namen: Die börsennotierte Marinomed entwickelt eine neue Inhalationslösung zur Bekämpfung viraler Lungenentzündungen, das prominente Wiener BioTech Themis arbeitet an einem neuen Impfstoff gegen das Coronavirus mit einem prophylaktischen Wirkstoff. Geplant ist, die ersten klinischen Studien in Österreich und den USA im Sommer 2020 zu beginnen. Oder AIT (Angewandte Informationstechnik Forschungsgesellschaft), das an einem kostengünstigen Beatmungsgerät im 3D-Druck-Baukastensystem werkt. Einen Überblick über alle geförderten Unternehmen und Projekte gibt es hier: www.ffg.at/content/COVID19-foerderentscheidung.