Wie Trade Republic wirklich Geld mit deinen Aktien-Investments verdient
Keine Ordergebühren für Aktien, kostenfreie Sparpläne, nur eine Fremdkostenpauschale von einem Euro: Trade Republic, mit mehr als einer Million Nutzern in Österreich, Deutschland und Frankreich, ist einer der ganz großen Aufsteiger in der Riege der Neobroker. Investoren bewerten das Berliner Scale-up mit 4,3 Milliarden Euro – aber wie geht das, wenn die Nutzer wenig bis gar nichts für die Services bezahlen? Bei einer solchen Milliardenbewertung müssen hunderte Millionen Euro an Umsatz pro Jahr erwartet werden – mit keinen oder geringen Kosten, die bei Nutzern eingehoben werden, kann das nicht gehen.
„Ein Euro Fremdkostenpauschale pro Handelsgeschäft, keine Orderprovision, keine Depotgebühr – unser Preismodell kann jeder verstehen“, sagte Trade-Republic-CEO Christian Hecker im Interview mit Trending Topics. Doch das ist nur die halbe Geschichte. Denn wo der große Umsatz herkommen soll, das erfährt man erst im Kleingedruckten. Denn in der Kundenvereinbarung von Trade Republic findet sich folgender Passus:
„Im Zusammenhang mit der Ausführung der Geschäften in Finanzinstrumenten kann Trade Republic Zahlungen von den Betreibern der Ausführungsplätze bzw. Kontrahenten der Ausführungsgeschäfte (im Folgenden „Ausführungsplätze“) oder von Anbietern von Finanzinstrumenten (z.B. Anbietern von ETFs; im Folgenden „Anbieter“) für die Platzierung der Aufträge an diesen Ausführungsplätzen bzw. Kontrahenten (d.h. die Ausführung der Kommissionsgeschäfte) bzw. für den Erwerb bestimmter Produkte eines Anbieters durch Kunden von Trade Republic erhalten. Diese Zahlungen z.B. sog. Abwicklungskostenzuschüsse belaufen sich bei Geschäften in Finanzinstrumenten in der Regel auf bis zu EUR 3,00 pro Kundenorder; in Ausnahmefällen und in Abhängigkeit von gewissen Handelsumsatzgrößen auf bis zu EUR 17,60 pro Kundenorder.“ (Hervorhebung durch Autor)
Bis zu 17,60 Euro pro Kundenorder
Genau, richtig gelesen. Bis zu 17,60 Euro erhält Trade Republic pro Kundenorder von den so genannten Ausführungsplätzen. Während die Endnutzer also 0 oder einen Euro für ETF-Investment oder Aktienkauf berappen, bekommt Trade Republic ein Vielfaches von den Börsen, damit sie dort die Nutzerorder platzieren. Diese Rückvergütungen sind nichts anderes als das kontroverse Geschäftsmodell „Payments For Order Flows“ (PFOF), das in Großbritannien sogar verboten ist und in der EU und den USA (auch rund um den Neobroker Robinhood, der damit hunderte Millionen Dollar Umsatz pro Quartal macht) in die Kritik gekommen ist.
Denn die Grundfrage ist: Geben Neobroker die Nutzerorders an den Handelsplatz oder den Market Maker weiter, der das günstigste Angebot im Sinne der Endnutzer hat, oder an jene, die ihnen das meiste dafür bezahlen? Hier können die Macher von Trading-Apps in einen Interessenskonflikt zwischen den eigenen B2C-Nutzern und den B2B-Partnern geraten.
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„Klarer Interessenkonflikt“
In der EU hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, kurz ESMA) eine nähere Untersuchung dieser PFOF-Geschäftsmodelle gefordert, auch die österreichische FMA will sich den Null-Gebühren-Handel näher ansehen. Denn: „PFOF wirft ernste Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes auf“, heißt es seitens ESMA. „Die Entgegennahme von PFOF von Dritten durch eine Firma, die Kundenaufträge ausführt, führt zu einem klaren Interessenkonflikt zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, da es für das Unternehmen einen Anreiz darstellt, den Dritten zu wählen, der die höchste Zahlung bietet, anstatt das bestmögliche Ergebnis für seine Kunden zu erzielen.“
Trade Republic hat bisher immer Abstand genommen, das Wort „Rückvergütungen“ (also PFOF) in den Mund zu nehmen, tut dies gegenüber Trending Topics nun aber. „Rückvergütungen sind eine gängige Marktpraxis, die nicht von Neobrokern erfunden wurde. Banken und Versicherungen erhalten diese seit langem, gerade die etablierten. Wir konzentrieren uns darauf, Kunden das beste Angebot zu machen. Dazu haben wir durch technologische Innovationen eine leistungsfähige und effiziente digitale Bank-Infrastruktur aufgebaut, die hohe Qualität zu einem Bruchteil der Kosten anderer Anbieter ermöglicht“, heißt es seitens eines Trade Republic-Sprechers. Dadurch sei es möglich, dass keine Ordergebühren verlangt werden, sondern nur eine Fremdkostenpauschale von einem Euro. Sparpläne seien komplett kostenfrei.
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Den Vorwurf, dass man in einen Interessenskonflikt gerate, weil man Geld von den Handelsplätzen bekommt, weil das deutsche Scale-up nicht gelten lassen. „Darüber hinaus stellen wir bei einem großen Teil unserer Transaktionen den Kunden sogar bessere Kurse als die, die Xetra als Referenzmarkt bietet“, heißt es weiter.
Bei Xetra (kurz für „Exchange Electronic Trading“) handelt es sich um das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse AG, die mit hohen Marktanteilen beim Aktienhandel und bei ETFs der mit Abstand bedeutendste Börsenhandelsplatz Deutschlands und einer der wichtigsten in Europa ist. 90 Prozent des gesamten Aktienhandels an allen deutschen Börsen und ungefähr 30 Prozent des Handels in ETFs in Europa findet dort statt.
Trade Republic begrüßt die Untersuchungen
Dass man ins Visier der EU- und nationalen Behörden geraten ist, weiß man im Berliner Hauptquartier von Trade Republic. „Dass die ESMA Rückvergütungen genauer unter die Lupe nimmt, begrüßen wir ausdrücklich. Es ist wichtig, dass das Thema entmystifiziert und Transparenz geschaffen wird. Wir haben das beste Angebot für den Kunden – insbesondre für die vielen Millionen Menschen, die nun auch mit kleinen Beträgen erstmals am Kapitalmarkt aktiv werden und Geld ansparen können“, so ein Sprecher.
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