Wie unterscheiden sich Konkurs und Insolvenz?
Oft werden die beiden Begriffe Insolvenz und Konkurs synonym verwendet, doch ist dies nicht ganz richtig. Es gibt in Österreich nur ein Insolvenzverfahren und ist der Konkurs neben dem Sanierungsverfahren lediglich einer Verfahrensart innerhalb des Insolvenzverfahrens. In unserer neuen Serie erklären wir gemeinsam mit dem KSV1870 die wichtigsten Begrifflichkeiten, Abläufe und alles andere Wissenswerte über das Insolvenzverfahren.
Insolvenzverfahren
In Österreich gibt es mit dem Insolvenzverfahren ein einheitliches Verfahren. Insofern kann man den Begriff „Insolvenz“ als Überbegriff verstehen.
Innerhalb des Insolvenzverfahrens gibt es mehrere Spielarten, die unterschiedliche Ziele verfolgen. So kann ein Insolvenzverfahren als Sanierungsverfahren oder als Konkursverfahren eröffnet werden. Aber auch im Konkursverfahren ist eine Sanierung möglich. Die Eröffnung eines Konkursverfahrens heißt nicht zwingend Liquidation. Die Weichenstellung, in welche Richtung ein Insolvenzverfahren geht, kann also auch erst im Laufe des Insolvenzverfahrens getroffen werden.
Diese unterschiedlichen Spielarten zeigen, dass die Insolvenz im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Einerseits geht es darum, die unbesicherten Gläubiger bestmöglich und gleichmäßig zu bedienen, andererseits steht der Sanierungsgedanke zunehmend im Vordergrund.
Karl-Heinz Götze, Insolvenzleiter des KSV1870 (Kreditschutzverband von 1870) meint dazu: „Die Begriffsvielfalt im Insolvenzverfahren stiftet in der Praxis in nicht fachkundigen Kreisen immer wieder für Verwirrung. Neben den bereits erwähnten Spielarten im Insolvenzverfahren gilt es weitere Besonderheiten für natürliche Personen zu beachten. Für natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben, gibt es besondere Regelungen. Das Verfahren wird als Schuldenregulierungsverfahren oder landläufig als Privatinsolvenz bezeichnet.“
Im Unterschied zu den Insolvenzverfahren von Unternehmen, die am Landesgericht bzw. in Wien am Handelsgericht abgehandelt werden, sind Privatinsolvenzverfahren beim zuständigen Bezirksgericht zu beantragen.
Insolvenzeröffnung
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt einerseits das Vorliegen eines Insolvenzgrundes, andererseits einen Insolvenzantrag einer dazu legitimierten Person voraus.
Die österreichische Insolvenzordnung kennt die Zahlungsunfähigkeit sowie bei bestimmten Schuldnern die Überschuldung als Insolvenzgründe. Zahlungsunfähigkeit liegt grundsätzlich dann vor, wenn Schuldner nicht mehr in der Lage sind, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen. Von Überschuldung wird dann gesprochen, wenn das Passivvermögen das Aktivvermögen überwiegt. Zusätzlich bedarf es noch einer sogenannten negativen Fortbestehensprognose. Prognostiziert wird dabei die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Zahlungsunfähigkeit.
Auf den Insolvenzgrund der Überschuldung können sich nur juristische Personen, Verlassenschaften und eingetragene Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, berufen. In der Praxis überwiegt der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit.
Ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann sowohl der Schuldner, aber auch ein betroffener Gläubiger stellen. Insolvente Unternehmen müssen spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Gericht stellen. „Eine schuldhafte Verletzung der Antragspflicht kann wegen Insolvenzverschleppung zu Schadenersatzansprüchen führen“, weist Götze auf die Wichtigkeit hin, rasch einen Insolvenzantrag zu stellen.
Sanierungsverfahren
Im Sanierungsverfahren kommt der Sanierungsgedanke des österreichischen Insolvenzrechts am stärksten zum Ausdruck. So darf das Schuldnerunternehmen erst dann verwertet werden, wenn die Gläubiger den vorliegenden Sanierungsplanvorschlag nicht innerhalb von 90 Tagen annehmen.
Ein Sanierungsverfahren kann nur auf Antrag eines Schuldners eröffnet werden. Auch ist dem Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens bereits ein konkreter Sanierungsplanvorschlag beizulegen. Bei einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung muss den Gläubigern mindestens eine Sanierungsplanquote von 20 % zahlbar binnen 2 Jahren ab Annahme des Sanierungsplans vorgelegt werden. Beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung liegt die Mindestquote bei 30 % zahlbar binnen 2 Jahren ab Annahme des Sanierungsplans. Im Unterschied zum Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung unterbleibt beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung die gänzliche „Entmachtung“ des Schuldnerunternehmens. „Der Schuldner steht lediglich unter Aufsicht des Sanierungsverwalters und bedürfen nur bestimmte Angelegenheiten der Genehmigung des Sanierungsverwalters; ansonsten bleibt das Schuldnerunternehmen selbst dispositionsfähig“, erklärt Götze.
Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung hat die Annahme des Sanierungsplans innerhalb von 90 Tagen zu erfolgen, ansonsten ist dem Schuldnerunternehmen die Eigenverwaltung vom Gericht zu entziehen. Aber auch im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung erfolgt im Idealfall bei guter Vorbereitung bereits nach 90 Tagen die Annahme des Sanierungsplans. „Unter Berücksichtigung der Sanierungen im Konkursverfahren dauern Insolvenzverfahren, an deren Ende die erfolgreiche Abstimmung über einen Sanierungsplan und die damit einhergehende Restschuldbefreiung stehen, im Durchschnitt sechs bis neun Monate“ ergänzt Götze.
Konkursverfahren
Ein Konkursverfahren kann im Unterschied zum Sanierungsverfahren neben dem Schuldner auch von einem Gläubiger beantragt werden. „Die Eröffnung eines Konkursverfahrens bedeutet aber nicht automatisch die Liquidation des Unternehmens. Auch in einem Konkursverfahren hat das Schuldnerunternehmen die Möglichkeit, einen Sanierungsplan, deren Mindestquote wie im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung bei 20 % zahlbar in 2 Jahren ab Annahme des Sanierungsplans liegt, einzubringen. Nur dann, wenn der Schuldner selbst keine Sanierung anstrebt oder das Unternehmen im Insolvenzverfahren nicht mehr zumindest kostendeckend fortbetrieben werden kann, hat der Insolvenzverwalter die Notbremse zu ziehen, und ist das Unternehmen zu schließen und anschließend zu liquideren“, erklärt Götze.
Im Rahmen der Liquidation wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des Schuldners bestmöglich verwertet. Vom erzielten Verwertungserlös hängt es ab, ob und in welcher Höhe bei Beendigung des Konkursverfahrens an die Gläubiger eine Quote ausbezahlt werden kann. Im Unterschied zu einer Sanierung werden die Schuldner bei einer konkursmäßigen Beendigung ohne Sanierung nicht von ihren Restschulden befreit.
Natürliche Personen können im Konkursverfahren anstelle eines Sanierungsplans auch einen Zahlungsplan bzw. subsidiär die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragen. Es handelt sich hierbei um eine weitere Variante, eine Sanierung des Schuldners zu ermöglichen. Im Unterschied zum Sanierungsplan ist in diesem Fall aber die Verwertung des Schuldnervermögens eine Voraussetzung. Auch gibt es keine gesetzlichen Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der angebotenen Zahlungsplanquote.