Wiener Klimagesetz soll Klimaneutralität bis 2040 festschreiben, Opposition schäumt
![Wiener Ringstraße. © Arno Senoner auf Unsplash](https://www.trendingtopics.eu/wp-content/uploads/2025/02/arno-senoner-LxvLWhpT3ZU-unsplash-780x520.jpg)
Österreich hat keines, aber Wien soll nun als erstes Bundesland ein eigenes bekommen: ein Klimagesetz. Noch ist nichts in Stein gemeißelt, aber: Die Wiener Stadtregierung aus SPÖ und NEOS möchte den finalen Gesetzestext zum Klimagesetz im Frühjahr 2025 dem Landtag zur Beschlussfassung vorlegen. Das große Ziel: Die Hauptstadt soll bis 2040 Klimaneutralität erreichen. Die Reaktionen dazu fallen gemischt aus.
Das kann das Klimagesetz
Verfasst wurde der sogenannte Wiener Klimafahrplan mit mehr als 100 Maßnahmen, der von einer magistratsübergreifenden Klima-Governance “überwacht“ werden soll. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die das neue Gesetz vorsieht, um die Klimaneutralität in den nächsten fünfzehn Jahren tatsächlich zu erreichen, zählen:
Das Programm „Raus aus Gas“ soll die großflächige Errichtung von Großwärmepumpen vorantreiben. Eine Sonnenstrom-Offensive wurde aufgesetzt, um die grüne Energiewende zu pushen und die Grünraumoffensive inklusive Renaturierung sieht ein neues Naturschutz-Areal in Breitenlee (22. Bezirk) vor. Darüber hinaus wird der Ausbau klimafreundlicher Mobilität als Priorität genannt. Dazu zähle vor allem der Ausbau der U-Bahnlinien U2 und U5 sowie eine Vielzahl neu angelegter Radwege geplant seien.
Als Fundament für die Klimaneutralität sollen die 3 Ks gelten: Klimaschutz, Klimaanpassung und Kreislaufwirtschaft. Wien sei in punkto CO2-Reduktion schon jetzt österreichweiter Spitzenreiter, heißt es seitens der Stadt Wien. Der Treibhausgasausstoß konnte demnach im Jahr 2023 um 12 Prozent reduziert werden – dies sei doppelt so viel wie im Österreichschnitt. Das Wiener Klimagesetz solle die Entwicklungen verstärken, aber nicht alle Stakeholder reagieren positiv auf das neue Gesetz.
Private Unternehmen zu mehr Klimaschutz verpflichten
Dazu kommt ein dynamisches Selbstbindungsgesetz, das einen “großen positiven Effekt auf alle Wiener.innen“ haben soll. Es soll die Stadt daran binden, die Klimaziele nicht nur einzuhalten, sondern diese auch weiterzuentwickeln. So sollen Klimachecks für Gesetze und Verordnungen sorgen, die klimagerechte Bauvorhaben sicherstellen.
Die Stadt Wien möchte auch Klima-Allianzen errichten, die sicherstellen sollen, dass sich auch private Unternehmen, Institutionen und Organisationen vermehrt zum Klimaschutz und zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 verpflichten.
![Bürgermeister Michael Ludwig, Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr. © Stadt Wien/Martin Votava](https://www.trendingtopics.eu/wp-content/uploads/2025/02/2025-02-11-als-erstes-bundesland-oesterreichs-wiens-klimagesetz-vor-beschluss-2.jpg)
Wien positioniert sich als Gegenmodell zum Bund
Dass die Wiener Stadtregierung mitten in die brüchigen Koalitionsverhandlungen mit dem Klimagesetz für die österreichische Hauptstadt hineinplatzt, ist wohl strategisch gewählt. Unter einer etwaigen FPÖ-ÖVP-Regierung würde Klimaschutz wohl nicht sonderlich groß geschrieben werden. In Wien wurden die Wahlen auf den 27. April 2025 vorgezogen, um ein „Gegenmodell“ zum Bund zu schaffen. Dafür bietet sich ein Klimagesetz an, um Wähler:innen, die mit der zu erwartenden Bundespolitik nicht einverstanden sind, zu gewinnen. Anzumerken ist auch, dass die Noch-Regierung von ÖVP und Grüne kein Klimaschutzgesetz zustande brachte.
„Unverständlich ist aus unserer Sicht aber, dass sich Wien mit diesem Gesetz freiwillig eine Überverpflichtung im Vergleich zum Europäischen Klimagesetz aufbürdet, und das Ziel, bereits 2040 klimaneutral sein zu wollen, gesetzlich festschreibt. Wir nehmen uns damit freiwillig Handlungsspielraum. Gerade in Zeiten einer hartnäckigen Rezession sollten wir potenzielle Standortnachteile unbedingt vermeiden“, heißt es seitens der Industriellenvereinigung Wien.
Kritik kommt von der Wiener ÖVP. Das Klimagesetz sei „Symbolpolitik“, würde einen „großen Apparat ohne wirklichen Nutzen“ schaffen und könnte „aufgrund fehlender Anreize für Innovation und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu einem Standortnachteil führen“, so der Umweltsprecher der Wiener Volkspartei, Gemeinderat Josef Mantl.
Auch Umweltschützer:innen sind nicht sonderlich begeistert. „Der Gesetzesentwurf bleibt in vielen Punkten unverbindlich und ohne klare Kontrollmechanismen. So kann beispielsweise der Klimafahrplan nicht überprüft werden und eine Nichtumsetzung hat keine Konsequenzen“, so Viktoria Ritter, Umweltjuristin bei ÖKOBÜRO. Würde Wien seine Klimaziele nicht erreichen, gäbe es demnach keine Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen.