Wiener Startup Nanolyte entwickelt Anti-Keim-Lampe
4,1 Millionen Menschen werden in Europa pro Jahr mit Krankenhauskeimen angesteckt, 37.000 davon – so die Schätzung des ECDC (European Center for Disease Prevention and Control) sterben. Weltweit sterben etwa 700.000 Menschen durch eine Infektion mit einem solchen Keim im Spital. In Österreich sind es nach Schätzungen der Gesellschaft für Krankenhaushygiene etwa 2.400 Tote.
Krankenhauskeime sind zu einem großen Problem geworden, denn gegen viele Bakterien sind mittlerweile fast alle gängigen Antibiotika wirkungslos. Daher suchen nicht nur große Pharma-Firmen, sondern auch Startups Rezepte gegen diese Bedrohung. Die Wiener Lichtmedizinfirma Repuls, die seit einigen Jahren im Bereich der Bekämpfung der multiresistenten Keime forscht, hat im Jänner das Startup Nanolyte gegründet und eine Anti-Keim-Lampe entwickelt – die Methode dahinter ist eine Kombination aus hochintensivem, kaltem, pulsierendem Rotlicht und einer speziellen Flüssigkeit (nanoliquid), die man auf die befallenen Stellen sprüht. Die Anti-Keim-Lampe soll 2019 auf den Markt kommen.
Licht statt Antibiotika
„Licht wird in der Medizin schon sehr lange als Therapie eingesetzt, aber zugunsten der Antibiotika wurden diese Methoden leider zurückgedrängt“, sagt die Gründerin von Nanolyte, Brigitte Rumpold im TrendingTopics-Gespräch. Sie ist überzeugt, dass Licht einen immer höheren Stellenwert bekommen wird. „Weltweite Forschungen an vielen Institutionen, aber auch klinische Ergebnisse zeigen, dass man mit einzelnen Wellenlängen ganz gezielt sowohl akute als auch chronische Erkrankungen therapieren kann“, so Rumpold. Sie kann auf umfassendes Know-How zurückgreifen, beschäftigt sie sich bereits seit gut 13 Jahren mit dem Thema Licht-Therapie. Vor drei Jahren – mit Förderung des FFG – wurde Repuls entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Lampe, die in der Therapie gegen Entzündungen und Schmerzen eingesetzt wird. „Repuls ist gepulstes, hochintensives, kaltes Rotlicht, das tief in das Gewebe eindringt und dabei in mechanische UV-Schwingungen umgewandelt wird“, erklärt Rumpold. „Das bewirkt die Aufspaltung der Entzündungsbotenstoffe.“ In den Pausen zwischen den Lichtimpulsen werden die Reaktionsprodukte abtransportiert.
Mit Nanolyte geht man nun einen Schritt weiter, nachdem Pilotprojekte ergeben hatten, dass die Kombination aus Licht und lichtempfindlicher Substanz Krankenhauskeime abtötet. Die Behandlung funktioniert folgendermaßen: Zuerst wird eine lichtempfindliche Substanz in Form einer Creme oder eines Sprays auf die Wunde aufgetragen/aufgesprüht, danach wird die Wunde mit hochintensivem kaltem Licht bestrahlt. Die Heilungserfolge seien „phänomenal“. „Und im Gegensatz zu Behandlungen mit Antibiotika treten bei der Behandlung nach dem photodynamischen Prinzip keine Nebenwirkungen für den Patienten auf“, betont Rumpold.
Forschungen laufen auf Hochtouren
Derzeit laufen sowohl an der Uni Salzburg als auch am Ludwig Boltzmann Institut Forschungen, damit Nanolyte rasch im klinischen Bereich eingesetzt werden kann. Der Plan, Nanolyte schon Ende 2018 auf den Markt zu bringen, musste auf 2019 verschoben werden, weil Rumpold noch auf der Suche nach einer Zulassungsstelle ist. Seit einem Jahr gibt es in Österreich keine Stelle mehr, daher muss man nun auf eine andere Zulassungsstelle im EU-Ausland ausweichen.
Ziel ist, Nanolyte raschest auf dem Markt zu bringen, zuerst Spitäler, Kliniken und Ärzte damit auszustatten, und später auch auf den Endkonsumentenmarkt vorzustoßen. Nanolyte könnte nämlich durchaus zu einer Art Standard-Ausstattung bzw. „First-Aid-Kit“ im Haushalt werden, denn abgesehen von der keimtötenden Wirkung haben Studien ergeben, dass auch die Heilung von „normalen“ Wunden wie etwa Abschürfungen beschleunigt wird. Geplant ist auch, in die Behandlung/Therapie einen digitalen Assitenten einzubinden – in Form einer App, mit der Patienten bei bestimmten Krankheiten Empfehlungen erhalten, wie lange und wie häufig sie die Wunde behandeln müssen. Was eine Nanolyte-Lampen kosten werden, kann Rumpold derzeit noch nicht beantworten, sie will die Zulassung abwarten.
Biotechnologie Nabriva höchst erfolgreich
Nanolyte ist nicht das erste und einzige österreichische Projekt, das sich des Themas Krankenhauskeime annimmt. Das Startup Nabriva aus Wien-Simmering, ein Spin-out des Pharmakonzerns Sandoz, entwickelt Antibiotika gegen Krankenhauskeime. Das erste Medikament auf dem Markt heißt Lefamulin und soll künftig zur Behandlung bakterieller Lungenentzündungen eingesetzt werden. Seit 2015 ist Nabriva mit seinen Firmenstandorten in Wien-Simmering und King of Prussia bei Philadelphia in den USA an der Nasdaq notiert und wurde im Dezember 2017 in den Nasdaq-Biotechnologie-Index aufgenommen. Der Life Science-Bereich, also das Forschungsfeld der Bio- oder Lebenswissenschaften, ist in Österreich übrigens ziemlich ausgeprägt. Es gibt etwa 900 LifeScience-Unternehmen und 55 Forschungseinrichtungen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.