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Wiener Startups suchen eine Produktionsfläche, das ehemalige Opel-Werk steht trotzdem leer

© Opel Wien
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Wo in den 1990er-Jahren noch fast 2.800 Personen beschäftigt waren, herrscht heute Stille. Mitte Juli 2024 wurde im Opel-Werk in Wien-Aspern endgültig der Stecker gezogen. Die Fließbänder stehen still und die riesige Industriefläche liegt brach.

Während sich die beteiligten Vertragsparteien erst um eine geeignete Nachnutzung umschauen, suchen Wiener Startups, insbesondere im Climate-Tech-Sektor, dringend nach neuen Produktionsflächen, um ihre Lösungen voranzutreiben.

Theoretisch ist es denkbar, dass dort, wo früher Opel-Autos vom Band liefen, bald hochmoderne Fischzucht betrieben wird. Denn einer der Interessierten ist Paul Schmitzberger, CEO des BioTech-Startups Blue Planet Ecosystems. Das Startup züchtet Algen und Fische in einem abgeschlossenen Ökosystem um nachhaltige Nahrungsmittel zu produzieren.

Schmitzberger erzählt: „Wir wurden eingeladen, das Werk zu besuchen und haben in Zuge dessen festgestellt, dass da jetzt die Produktion eingestellt wird und die Nachnutzung noch ungeklärt ist. Das ist für uns als Startup extrem schade, weil da über 100.000 Quadratmeter Industriefläche, vollkommen aufbereitet, brach liegen.

Blue Planet Ecosystems: Fortschritte in der nachhaltigen Hightech-Fischzucht

Das Ende eines Traditionswerkes

Das Wiener Werk in Aspern, 1979 von Bundeskanzler Bruno Kreisky als Aushängeschild der österreichischen Industrie eröffnet, erlebte in den 1990er-Jahren seine Blütezeit mit fast 2.800 Beschäftigten. In 90 Prozent aller neu zugelassenen Autos von Opel in Europa ist ein Teil aus Österreich verbaut. Jeder zweite Opel fährt mit einem Getriebe, jeder dritte mit einem Motor aus Wien. Allein 2017 liefen in der Donaustadt 618.000 Getriebe und 436.000 Motoren vom Band.

Doch im Oktober 2020 endete die Motorenproduktion und im Sommer 2023 folgte die Schließung der Getriebefertigung, trotz einer Förderung von einer Million Euro durch die Stadt Wien. Jetzt sind nur noch einige Dutzend Mitarbeiter:innen damit beschäftigt, die Maschinen abzubauen.

Stellantis nennt in einer Presseaussendung aus dem Jahr 2023 „den gravierenden Wandel in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität, die europäischen Regulierungen und die Entwicklung der Kund:innennachfrage“ als Gründe. Die Absiedelung des Opel-Mutterkonzerns Stellantis soll bis Sommer 2025 abgeschlossen sein.

Nutzungsrecht eigentlich bis 2080

Die Produktionshalle erstreckt sich über 1,2 Kilometer in der Länge, erreicht eine Höhe von bis zu zehn Metern und umfasst eine Grundfläche von 140.000 Quadratmetern.“Ich hab noch nie so ein großes Gebäude gesehen. Da gehst du rein, und der Blick verliert sich in der Unendlichkeit“, so Paul Schmitzberger.

Alle Gebäude auf dem Areal mit einer Gesamtfläche von 15,6 Hektar gehören der Opel Wien GmbH. Das 45 Hektar große Grundstück, auf dem sich die Gebäude befinden, gehört jedoch der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Der Autokonzern Stellantis, zu dem Opel mittlerweile gehört, hat ein Nutzungsrecht in Form eines Superädifikats. (Superädifikate sind Gebäude, die auf einem fremden Grundstück in der Absicht errichtet werden, dass sie nicht auf Dauer auf diesem Grundstück bleiben.)

„Die Laufzeit wurde ursprünglich bis 31. Dezember 2080 vereinbart“, erklärt eine BIG-Sprecherin gegenüber „Der Standard“. Im Fall der vorzeitigen Einstellung des Betriebes komme dem Liegenschaftseigentümer jedoch ein Kündigungsrecht zu. Man arbeite gerade an einer Vereinbarung zur einvernehmlichen Auflösung des Vertrags.

„Wir sind uns nicht ganz sicher, wo da die Roadblocker sind“

Die Planungen, was mit dem Areal nach der für spätestens Mitte 2025 erwarteten Rückgabe passieren wird, können nun auch offiziell losgehen, sagt der Wiener Planungsdirektor Thomas Madreiter in einem Medienbericht. Man hätte bis zum Schluss um den Erhalt des Betriebes gekämpft, so Madreiter. Eine „vorausschauende und klimafreundliche Nutzung“ des Areals steht im Fokus der Planung.

Paul Schmitzberger von Blue Planet Ecosystems geht das zu langsam. Er weiß aus erster Hand: „Es gibt auch andere Startups, zum Beispiel ecop, die ebenfalls händeringend nach einem passenden Produktionsstandort suchen. Das ist irgendwie eine komische Situation, weil eigentlich alle Parteien daran interessiert scheinen, dass das nachgenutzt wird, aber nichts auf den Boden kommt. Wir sind uns nicht ganz sicher, wo da die Roadblocker sind.“

Er erklärt, dass die Fläche sich vor allem für Hardware-Startups perfekt eignen würde, da diese auf dem riesigen Gelände genug Platz hätten, ihre Produktionslinie auszudefinieren. Dafür bräuchte man nämlich überproportional viel Platz. Wenn dieser Prozess nach etwa zwei Jahren abgeschlossen wäre, könnte man sich nach einer kleineren Fläche umschauen.

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Rote Zone für industrielle Nutzung

Im Betriebszonenplan von Wien ist das gesamte Stellantis-Gelände als rote Zone für industrielle Nutzung festgelegt. Während es theoretisch möglich ist, diese Nutzung zu ändern, ist die Stadt grundsätzlich daran interessiert, rote Zonen beizubehalten. Die Bezeichnung erlaubt jedoch alles außer Wohnbau, sodass auch die Entwicklung eines Gewerbeparks oder Hotels denkbar ist. Dafür spricht auch die gute Anbindung des Standorts.

Planungsdirektor Madreiter kündigt einen strukturierten Prozess zusammen mit Wien 3420 Aspern Development und der BIG an, um die möglichen Nutzungen des Areals zu klären. Auch temporäre Nutzungen, wie die Lehrwerkstätte des BFI oder Lagerflächen des Arbeiter-Samariterbundes, würden berücksichtigt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass die beteiligten Akteur:innen rasch eine Lösung finden, um das Potenzial der Fläche zu nutzen – und dass vielleicht sogar einige Wiener Startups dort einen neuen Produktionsstandort finden können.

Trotz mehrmaliger Nachfrage haben die Verantwortlichen des Stellantis Werkes gegenüber Trending Topics keine Stellungnahme zum Sachverhalt abgegeben.

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