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Wiens Abwasser hält Wärme für mehr als 100.000 Haushalte bereit

Das Projektteam gemeinsam mit dem Stadtrat Peter Hanke, dem Geschäftsführer Wien Energie, Karl Gruber und dem Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky ©Trending Topics
Das Projektteam gemeinsam mit dem Stadtrat Peter Hanke, dem Geschäftsführer Wien Energie, Karl Gruber und dem Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky ©Trending Topics

Herausforderungen der Superlative benötigen Lösungen der Superlative – so kann die notwendige Dekarbonisierung des Wiener Wärmenetzes beschrieben werden. Bis 2040 plant Wien, die Klimaneutralität zu erreichen. Bis dahin will Wien Energie 56 Prozent des Wärmebedarfs in Wien über die Fernwärme abgedecken. Über die Hälfte davon wird dabei durch Geothermie und Großwärmepumpen produziert werden.

Damit dieses Ziel in 18 Jahren auch erreicht werden kann, setzt der Energiedienstleister heute schon die nötigen Schritte. Im Bereich der Geothermie wurden bereits Ende 2020 wichtige Meilensteine erreicht.  Das Team von GeoTief Wien präsentierte ein umfassendes 3D-Modell des Wiener Untergrundes, das bereits ein vielversprechendes Heißwasservorkommen unter den Füßen Wiens zeigt. Bis 2030 sollen mit der Wärme aus der Tiefen-Geothermie bis zu 125.000 Haushalte versorgt werden. 

Wien Energie: Wie wir nachhaltige Energiequellen in den Tiefen Wiens fanden

Abwärme: Nutzung der vorhandenen Wärme

Deutlich früher werden die Einwohner:innen Wiens von Großwärmepumpen profitieren. Mit Ende Februar erfolgte nun der Spatenstich für eine der leistungsstärksten Großwärmepumpen Europas. Diese nutzt eine Energiequelle, die bereits vorhanden ist, bisher aber wortwörtlich einfach ungenutzt davon fließt: Die Abwärme des Abwassers der Stadt Wien.  

„Das Potenzial zu der Nutzung der Abwärme ist sehr groß. Die Wärme ist vorhanden und kann entsprechend wiederverwendet werden“, so Christoph Segalla, Projektleiter für die Großwärmepumpe bei Wien Energie. Seit mehr als zehn Jahren ist er bereits bei Wien Energie tätig, fast sechs davon im Bereich Asset Management an der Entwicklung und Realisierung von thermischen Erzeugungsanlagen. Auch die Errichtung der ersten Großwärmepumpe in Simmering hat er mitbetreut. Diese ist seit 2019 in Betrieb. Nun geht es an die Umsetzung des größeren Projektes.

Seit fast vier Jahren arbeiten Segalla und sein Team bereits daran. Die ebswien Kläranlage eignet sich als Standort für eine solche Großwärmepumpe ausgesprochen gut. So ist der tägliche Wärmeertrag gut planbar, es ist den ganzen Tag eine gleichmäßige Wärme vorhanden und sie ist technisch gut nutzbar. Nach vier Jahren Planung startet nun mit dem symbolischen Spatenstich auch die tatsächliche Standorterrichtung. Bereits im Herbst 2022 ist die Fertigstellung des Gebäudes geplant, anschließend folgt die Montage der Anlage. 

„Der Spatenstich ist natürlich ein Meilenstein für uns als Projektteam. Aber jeder Schritt braucht den einen Schritt davor und die nächsten Schritte werden dann ebenfalls alsbald erfolgen. Aber jetzt herrscht dann schon eine Aufbruchsstimmung“, so der Projektleiter von Wien Energie. 

 

"Aufbruchstimmung" bei dem Projektleiter Christoph Segalla durch Start der Baustelle ©Trending Topics
„Aufbruchstimmung“ bei dem Projektleiter Christoph Segalla durch Start der Baustelle ©Trending Topics

Energie für mehr als 100.000 Haushalte

Der Zeitplan ist dabei ambitioniert. Bereits ab Mitte nächsten Jahres soll die Großwärmepumpe mit einer thermischen Leistung von 55 Megawatt bis zu 56.000 Haushalte in Wien versorgen. Der komplette Vollausbau mit einer Leistung von 110 Megawatt ist bis 2027 geplant. Davon sollen dann bis zu 112.000 Haushalte profitieren. 70 Millionen Euro an Kosten sind für das Bauvorhaben veranschlagt.

Seit fast einem Jahr sind die Wärmepumpen selbst in der Fertigung. Diese werden dann anschließend vor Ort montiert. Zudem werden jetzt, neben der eigentlichen Errichtung des Gebäudes, weitere notwendige Bestandteile einer solchen Anlage final bestimmt und fertiggestellt, es folgen Teameinschulungen und die Planung des wirtschaftlich optimalen Anlageneinsatzes während der Betriebsphase. Zudem braucht es entsprechende Erweiterungen und Anpassungen der Netzinfrastruktur. „Die Wärmepumpe ist natürlich nicht nur die Anlage, die jetzt gebaut wird. Die Wärme muss anschließend auch effizient verteilt werden“, so der Projektleiter. Dafür ist auch der Ausbau des Kraftwerk Simmering geplant, das neue Kapazitäten an Pumpleistungen und Verschaltungen erhalten wird. Das Kraftwerk Simmering sei bei der Verteilung der Wärme ein Schlüsselpunkt, so Segalla. 

 

Nächste Wärmepumpen bereits in Sicht

Somit ist noch Einiges zu tun, bis dann final die Abwärme des gereinigten Abwassers der Kläranlage, das bisher nach der Aufbereitung „ungenutzt“ wieder in den Donaukanal floß, genutzt werden kann. Im Vollausbau, also 2027, werden sechs Wärmepumpen verwendet, die mit Wärmetauschern dem gereinigten Wasser rund 6 Grad Celsius entziehen. Durch den Einsatz von Strom wird das niedrigere Temperaturniveau auf ein höheres Temperaturniveau angehoben und Wärme mit mehr als 90 Grad Celsius erzeugt. Als heißes Wasser fließt diese Wärme dann in das Wiener Fernwärmenetz. Der für den Betrieb der Großwärmepumpe benötigte Strom wird aus einem naheliegenden Wasserkraftwerk stammen. So wird eine eigene Direktleitung zwischen dem Donaukraftwerk Freudenau und der Großwärmepumpe-Anlage errichtet, über die der Oköstrom fließen wird. Die Anlage wird also künftig zu 100 Prozent aus regionalen Ressourcen betrieben.

 

Bereits im Sommer 2023 wird die Großwärmepumpe in Betrieb gehen ©WE-GWPebs_Rendering01
Bereits im Sommer 2023 wird die Großwärmepumpe in Betrieb gehen ©smartvoll/ Mathias Bank

In Zukunft soll es noch weitere Wärmepumpenprojekte geben, zum Beispiel bei der Müllverbrennungsanlage Spittelau. Diese wird die aktuell entstehende zwar nicht in Größe übertreffen, aber dafür in Temperaturen, so der Projektleiter. Zudem wird bei dieser Pumpe nicht nur die Abwärme genutzt, sondern auch die Rauchgasfeuchte im Rauchfang nach dem Verbrennungsprozess. Auch über dieses Projekt hinaus laufen die Planungen bereits in vollen Touren, um den Klimafahrplan von Wien Energie entsprechend einzuhalten. Dafür werden kontinuierlich weitere Standorte auf ihr Potenzial der Abwärmenutzung zur Wärmegewinnung untersucht. „Wir bleiben da dran und sind sehr interessiert, weitere Quellen zu finden“, bestätigt Segalla. Somit liegt auch der Spatenstich zu einer weiteren Großwärmepumpe in Wien wahrscheinlich nicht allzu weit in der Ferne. 

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