WIFO: Österreich fällt 2023 in die Rezession
Eine gedämpfte Kaufkraft, hohe Energiepreise und starke Zinssteigerungen führen 2023 zu einer milden Rezession in Österreich. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Das reale BIP dürfte um 0,8 Prozent schrumpfen. Auch für 2024 hat das WIFO eine Prognose ausgestellt. Ihr zufolge wird die Kaufkraft steigen. Kräftige Realeinkommenszuwächse und ein Anziehen des Welthandels sorgen für eine Konjunkturerholung (BIP real +1,2 Prozent). Im Bauwesen wird sich die Rezession hingegen verstärken.
Rezession wird auch Deutschland betreffen
„Obwohl die prognostizierten Lohnsteigerungen nur die Inflation ausgleichen, nimmt die Lohnquote zu, da die Abflüsse ins rohstoffexportierende Ausland das Wachstum des Volkseinkommens dämpften“, so Stefan Schiman-Vukan, einer der Autoren der aktuellen WIFO-Prognose. Nicht nur Österreich rutscht in diesem Jahr in die Rezession, auch in Deutschland erwarten Analyst:innen, dass das Wirtschaftswachstum sinken wird.
Die Wertschöpfung in Österreich ist im Sommerhalbjahr 2023 geschrumpft. Die Industrie befindet sich bereits in der Rezession, aber auch viele Dienstleistungsbereiche haben deutlich an Schwung verloren. In der Bauwirtschaft haben die kräftigen Leitzinserhöhungen die Trendumkehr im Wohnbau beschleunigt.
Arbeitsmarkt bleibt robust
Bis auf den Rückgang an offenen Stellen zeigt sich die Konjunkturschwäche bislang kaum auf dem Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungszuwachs hat sich 2023 lediglich verlangsamt, während die Arbeitslosigkeit hauptsächlich wegen des höheren Arbeitskräfteangebots steigt. Eine Ursache für den robusten Arbeitsmarkt ist der Rückgang der Pro-Kopf-Arbeitszeit seit der COVID-19-Pandemie. Weiters scheinen die Unternehmen Arbeitskräfte im Abschwung eher zu halten, um die kostspielige Personalsuche im Aufschwung zu vermeiden.
Wie dieses sogenannte „Labour Hoarding“ ist auch die schwache Industriekonjunktur nicht nur in Österreich, sondern weltweit zu beobachten, zumal der Abbau von Vorsichtslagern die Produktion und den Welthandel belastet. Da die Lagerbestände nun aufgebraucht werden und die Energiepreise gesunken sind, soll die Nachfrage nach neuen Gütern im kommenden Jahr wieder steigen. Im Kielwasser der Weltwirtschaft werde sich auch die Produktion in Österreich erholen. Stärkere Impulse als von der Industrie werden 2024 allerdings von den privaten Haushalten ausgehen, deren Realeinkommen wegen der verzögerten Anpassung von Löhnen bzw. Gehältern, Pensionen und Sozialleistungen an die Inflation kräftig zulegen.
Inflation im August laut Schnellschätzung auf 7,5 Prozent gestiegen
Exogene Schocks schaden Wirtschaftswachstum
Der Inflationsabstand Österreichs zu wichtigen Handelspartnern wird zwar auch 2024 positiv bleiben, jedoch schrumpfen. Trotz der schlechteren preislichen Wettbewerbsposition dürften die heimischen Exporteure 2023 an Marktanteil gewinnen, da sie weniger vom Nachfrageeinbruch bei Vorprodukten betroffen sind und in speziellen Nischen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten haben. Wegen des verzögerten Rückgangs der Investitionsgüternachfrage dürfte es 2024 allerdings zu Marktanteilsverlusten kommen.
Laut WIFO ist die milde Rezession in diesem Jahr auf verschiedene exogene Schocks zurückzuführen. Dazu gehören hohe Preissteigerungen infolge der Pandemie, zusätzliche Energiepreisschocks durch den Ukraine-Krieg und starke Leitzinssteigerungen. Die Konjunkturschwäche ist geldpolitisch beabsichtigt, da sie zur Verringerung des Preisdrucks beiträgt. Der verzögerte Anstieg der Realeinkommen soll die Kaufkraft steigern und 2024 für Wachstumsimpulse sorgen.
Investitionsrückgang besorgniserregend
EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna hält die Konjunkturprognose für besorgniserregend. Besonders alarmierend sei die Entwicklung im produzierenden Sektor. Ein Wachstum von lediglich 0,1 Prozent im nächsten bedeute de facto eine Stagnation. Um den produzierenden Sektor zu entlasten, benötige es mittelfristig vor allem Lösungen für strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt und im Energiesektor. Problematisch sei der kontinuierliche Rückgang der Investitionen, sowohl 2023 als auch im kommenden Jahr. Dies deute auf eine abnehmende Standortattraktivität Österreichs hin.
Hinzu komme, dass der BIP-Deflator höher ist als der Verbraucherpreisindex und damit auch die Inlandsinflation höher als zuletzt. Des Weiteren lasten die stark steigenden Inlandsproduktionskosten auf der Exportwirtschaft, was die heimische Produktion von Waren im internationalen Vergleich teurer macht. Diese Entwicklung lasse sich daher nicht mehr ausschließlich externen Faktoren zuschreiben. Zudem erschwert die steigende Sekundärmarkt-Rendite die Staatsfinanzierung.
„Konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der genannten Herausforderungen liegen etwa in der Entlastung der Arbeitskosten, einer Verbesserung des Energiemarktes durch den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien, der Dynamisierung des Leistungspreises für die Netznutzung sowie in der weiteren Integration der europäischen Strommärkte“, so Monika Köppl-Turyna.