Windkraft: Das braucht es für eine breite Akzeptanz
Im Bereich der Erneuerbaren Energie zählt Windkraft zu den effizientesten Energieproduktionsformen. Doch wie wirkt sich Windenergie auf Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Recht aus? Damit hat sich ein internationales Forscher:innen-Team auseinandergesetzt. In 14 Kategorien wurde analysiert, welche Faktoren in Bezug auf Windkraft beachtet werden müssen, um diese stärker in der Gesellschaft zu verankern und geeignete politische Entscheidungen treffen zu können.
„(…) Wir hoffen, dass wir damit (Anm.: Aufsatz) eine gut aufbereitete wissenschaftliche Grundlage bieten, um sowohl potenziellen Fake News entgegenzuwirken als auch wichtige Forschungslücken aufzuzeigen“, so BOKU-Lead-Autor Johannes Schmidt.
Etablierung der Windkraftanlagen schwierig
Obwohl sich Windkraftexpert:innen einig sind, dass wir in Zukunft kaum auf die Technologie verzichten können – vor allem wenn das EU-Klimaziel 2040 erreicht werden soll – stößt man bei der Etablierung auf Herausforderungen. Windkraft ist (teilweise) gesellschaftspolitisch umstritten und geht mit ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen einher.
Auch in der Wissenschaft wird das Thema intensiv diskutiert. Um ein Bild über den Stand der Dinge zu erhalten, haben 24 internationale Forscher:innen und Windkraftexpert:innen unter der Leitung der ETH Zürich 400 Studien ausgewertet.
Diese Hürden bestehen für den Windkraft-Ausbau
„Viele der diskutierten Auswirkungen stellen gewichtige Hindernisse für den weiteren Ausbau der Windenergie und damit auch für die Verwirklichung nationaler Klima- und Energiepläne dar“, heißt es seitens der BOKU, die ebenfalls an dem Forschungsprojekt teilnahm.
Das Forschungsteam hat 14 Hauptauswirkungen identifiziert und jeweils konkrete Lösungen vorgeschlagen:
- Auswirkungen auf Ökosysteme und Tierwelt
- Auswirkungen auf Wetter und Klima
- End-of-Life-Behandlung von Turbinenblättern
- Seltene Erden
- Landnutzungsrechte
- Lokale monetäre Kosten und Nutzen
- Landschaftliche Auswirkungen
- Gesundheitliche Auswirkungen
- Auswirkungen auf das Energiesystem
- Markt- und Preiseffekte
- Finanzierung und Kontrolle des geistigen Eigentums
- Unterbrechungen der Lieferkette
- Cybersicherheit
- Rechtliche und regulatorische Herausforderungen
Die vier Kategorien, denen die Auswirkungen zugeteilt wurden, beziehen sich auf technoökonomische, ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme, die weiterhin im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses stehen.
Technoökonomische Faktoren
Im technoökonomischen Bereich zählt vor allem die Netz- und Marktintegration als ein bedeutendes Hindernis für den Ausbau der Windenergie. Um dem Problem zu begegnen, weisen die Forscher:innen zum Beispiel auf Sektorenkopplung und Energiesystemintegration hin. Ebenso könnten Netzausbau, Speicherlösungen und die Entwicklung von Smart Grids hier Abhilfe schaffen.
Geht es um Markt- und Preiseffekte, besonders um Schwankungen der Energiepreise, so könne man diesen mit Marktreformen und regulatorischen Änderungen begegnen.
Umweltauswirkungen durch Windkraft
Oft wird befürchtet, dass der Infrastrukturausbau von Windkraftanlagen negative Umweltauswirkungen mit sich bringt oder die Tier- und Pflanzenwelt beeinträchtigt. Doch auch hierfür werden zahlreiche Lösungsansätze genannt, wie etwa die strategische Platzierung von Windparks und eine Regulierung der Anlaufgeschwindigkeit. Um Tiere zu schützen, seien auch temporäre Stilllegungen, visuelle Hinweise und die Bemalung einer Turbinenflügelspitze eine valide Option, heißt es in dem wissenschaftlichen Paper.
Darüber hinaus wurde das Recycling von Turbinenblättern als Hindernis identifiziert. Laut Studienergebnissen kann dem jedoch durch Prävention, Wiederaufbereitung, Recycling oder Wiederverwendung der Materialien entgegengewirkt werden. Dies könnte beispielsweise durch die Auswahl von Materialien erfolgen, die leichter recycelbar sind, oder durch die Optimierung der Lebensdauer der Turbinenblätter, um die Notwendigkeit einer frühzeitigen Entsorgung oder aufwendigen Wiederverwertung zu verringern.
Im Einklang mit Gesundheit und Wohlbefinden
Auch die potenziellen Auswirkungen von Windkraft auf die menschliche Gesundheit durch Lärm oder Schattenwurf sind stark in gesellschaftlichen Debatten verankert. Die Ängste: Lärmemissionen und Schattenwurf durch Turbinen verursachen Stress und beeinträchtigen die Lebensqualität. Als Lösung für diese Herausforderung wird vorgeschlagen, neue Windkraftanlagen mit Geräuschminderungsoptionen zu entwerfen bzw. eine zeitweise Stilllegung zu vereinbaren.
Laut der BOKU sind Lärmemissionen im Vergleich zum Straßenverkehr allerdings vernachlässigbar. Die richtige Positionierung von Windturbinen könne Lärm- und Schattenemissionen wirkungsvoll verhindern.
Monetäre Kompensation und Landnutzungskonflikte
Im Bereich der wirtschaftlichen Hindernisse sind die Auswirkungen von Windkraft auf Immobilienpreise und den Tourismus ein Thema. Deshalb sollten Gemeinschaften frühzeitig eingebunden werden. Einige Menschen beklagen sich über die ästhetischen Effekte, die Windkraftanlagen auf das Landschaftsbild werfen. Hier können monetäre Kompensationen ins Spiel kommen.
„Um die Akzeptanz von Windkraft zu erhöhen, sind derzeit vor allem Kompensationszahlungen an Anrainer:innen populär, um mögliche negative monetäre Effekte zu kompensieren“, heißt es in einer Aussendung der BOKU.
Faire und inklusive Planungs- und Entwicklungsprozesse seien gefragt, wenn es um das Problem der Landbesitzfrage geht. Besonders Regionen mit unklaren öffentlichen und gemeinschaftlichen Eigentumsverhältnissen seien davon betroffen, wie Studien aus dem globalen Süden und Nordeuropa aufzeigen.
Akzeptanz generell hoch
„Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist generell hoch. (…) Es hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz für Windturbinen steigt, wenn die Gemeinde davon profitiert, zum Beispiel durch eine finanzielle Beteiligung am Projekt oder wenn Arbeitsplätze für die lokale Wirtschaft geschaffen werden“, so Erstautor Russel McKenna, Professor für Energiesystemanalyse an der ETH Zürich.
Generell müsse in der Bevölkerung noch viel Aufklärungsarbeit über Windenergie sowie ihre Vor- und Nachteile erfolgen. „Bei allen Energietechnologien ist immer ein Kompromiss notwendig, und es ist unvernünftig, sich auf die Nachteile einer Technologie zu konzentrieren, ohne die Alternativen zu berücksichtigen“, so McKenna.
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