Windkraft: EU-Parlament will mehr Energiegewinnung auf dem Meer
Die Zukunft der Windkraft scheint sich immer mehr auf das Meer hinaus zu bewegen. Sowohl stationäre als auch schwimme Offshore-Windparks werden immer zahlreicher. So soll beispielsweise der neue, schwimmende Offshore-Windpark namens „Wind Catcher“ die Technologie deutlich zugänglicher und billiger machen (wir berichteten). Im August 2021 ist zudem in Schottland die bis dato größte schwimmende Anlage gestartet: „Kincardine Offshore Wind„. Sie hat eine Leistung von 50 Megawatt (MW) und befindet sich 15 Kilometer vor der Küste von Aberdeen, Schottland.
Geht es nach dem EU-Parlament, sollen sich solche Ereignisse zukünftig mehren. Diese sehen großes Potenzial in dieser Art der Energieerzeugung und sprechen sich nun aktuell für die Offshore-Energie, sprich Windkraftanlagen im Meer, aus.
Größter schwimmender Offshore-Windpark vor Schottland gestartet
EU-Parlament spricht sich für Offshore-Energie aus
Mit ihrer Empfehlung reagierten die Abgeordnet:innen auf eine Mitteilung der EU-Kommission. Das Parlament betonte, dass die EU im Bereich der erneuerbaren Offshore-Energie technologisch führend sei und durch die Förderung des Wachstums der sauberen Energieerzeugung die europäische Wirtschaft deutlich profitieren könne. Somit sei Offshore-Energie nicht nur gut fürs Klima, sondern auch gut für die europäische Geldbörse. Zudem sei der Zuspruch für die Windräder, keine Vernachlässigen der Biodiversität. Laut den Abgeordnet:innen könnten Offshore-Windparks der biologischen Vielfalt der Meere sogar zugutekommen, wenn sie nachhaltig konzipiert und gebaut werden.
Das klingt generell schon mal nicht schlecht. Wirtschaftliches Wachstum, Klimaschutz und Artenvielfalt – alles in einem. Doch um das zu erreichen, müsse laut dem Parlament im Ausbau der Windkraftanlagen nun einen Zahn zugelegt werden. Immerhin sollen in allen Meeresbecken der EU zusammen, bis 2030 60 Gigawatt und bis 2050 340 Gigawatt Strom produziert werden. Das wäre von 12 Gigawatt installierter Leistung an bodenfester Offshore-Windkraft und 40 Megawatt installierter Leistung an schwimmenden Offshore-Windkraftanlagen im Jahr 2020, fast eine Verfünffachung der installierten Leistung in nur 10 Jahren, so die EU-Kommission.
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Maßnahmen zum Erreichen des Ziels
Um dieses ambitionierte Ziel noch zu erreichen, empfehlen die Abgeordnet:innen die Genehmigungsverfahren für solche Projekte zu verkürzen und transparenter zu gestalten. Außerdem müsse das Vertrauen der allgemeinen Öffentlichkeit in die Fähigkeit der erneuerbaren Energieträger verbessert werden. Besonders im Bezug darauf, dass viel eigene Erneuerbare Energie von anderen Anbieter:innen unabhängig mache.
Zuletzt dürfe natürlich die Nachhaltigkeit nicht unter den neuen Bauprojekten leiden. Deshalb müsse, wenig überraschend, die Bewirtschaftung des Meeresraums und der Küsten nachhaltiger sein. Ein Weg dahin sei es, Offshore-Energie auf kreislauforientierte und erneuerbare Weise neu zu konzipieren, da bisher und wahrscheinlich auch zukünftig, für solche Windkraftanlagen erhebliche Mengen an Metallen und Mineralien benötigt werden würden. Im Zuge dessen fordert das EU-Parlament ein EU-weites Deponieverbot für ausgemusterte Windturbinenflügel bis 2025.
Schwimmende Windparks könnten bald Offshore-Windanlagen ablösen
„Eine der Energiequellen mit den wettbewerbsfähigsten Preisen“
Auch wenn eine Verfünffachung in zehn Jahren für die EU fast ein bisschen unrealistisch klingt, könnte die Umsetzung tatsächlich vielleicht gelingen. Immerhin ändert sich in der aktuellen Zeit vieles schnell. Die Folgen der Klimakrise sind bereits heute zu spüren und der Energiebedarf wächst durch den Ausstieg aus den fossilen Energiequellen. Da spielt es der Politik in die Hände, dass die Kosten der Offshore-Windenergie stark gesunken sind, so zumindest die Ansicht des EU-Parlaments. Von 2010 bis 2020 seien die Preise um fast die Hälfte gesunken, was die Meeres-Windräder zu „einer der Energiequellen mit den wettbewerbsfähigsten Preisen“ mache.
Mit der Idee, Offshore-Windenergie könne einer der entscheidenden Schritte hin zur Klimaneutralität sein, ist die EU übrigens nicht alleine. So hat beispielsweise Südkorea im Frühjahr 2021 angekündigt, mit dem dann weltweit größten Offshore-Windpark-Anlage bis 2050 die Klimaneutralität erreichen zu wollen, wir berichteten. Das bisher nur in Planung sich befindliche existierende Milliardenprojekt verspricht eine Leistung von 8,2 Gigawatt.
Potenzial von schwimmenden Anlagen
Aber auch die schwimmenden Windparks könnten noch ungenutztes Potenzial bedeuten. Wie bereits berichtet, könnten diese eine bessere Alternative im Vergleich zu stationären Offshore-Anlagen sein. Insbesondere die Möglichkeit, die Anlagen so auch in tieferen Gewässern zu installieren, wird als Vorteil gewertet.
Bisher gibt es von diesen schwimmenden Anlagen ja noch recht wenige. 40 Megawatt installierte Leistung ist im Vergleich zu zwölf Gigawatt bodenfester Offshore-Windkraft fast verschwindend gering. Doch es bleibt abzuwarten, ob die schwimmenden Alternativen nicht vielleicht von den neuen Empfehlungen profitieren könnten.