Wir haben eine miserable Feedback-Kultur. Bestes Beispiel Kaufhaus Österreich.
„Peinlich“, „Rohrkrepierer“, „Satireprojekt“: Die österreichische Twitteria hat zum Wochenstart ein neues Ziel, um ihren Unmut auszulassen. Das Kaufhaus Österreich, ein Projekt des Digitalministeriums und der Wirtschaftskammer, wurde in der Corona-Krise gestartet, um heimischen Online-Händlern mehr Traffic zuzuschaufeln. Damit die Österreicher nicht bei Amazon und Zalando shoppen, sondern die Euros in Österreich bleiben. Oder eher: damit nicht noch mehr Geld zu internationalen E-Commerce-Riesen abwandert. Recht gut kommt das Kaufhaus Österreich derzeit nicht weg bei Kommentatoren im Netz.
Nun kann man prächtig darüber streiten, wie gut oder schlecht das funktionieren wird – am Ende werden es die Händler selbst sagen müssen, ob sie dadurch ihren Absatz steigern konnten. Und dann wird man sich auch genau ausrechnen müssen, ob die für das Kaufhaus Österreich ausgegebenen Euros (es sollen mehrere hunderttausende sein) auch gut investiert waren. Sprich: Man wird berechnen müssen, wie viel die Werbemaßnahmen- und Entwicklungsarbeit gekostet haben, um X Verkäufe bei den gelisteten Händlern auszulösen. Dann weiß man, wie viel finanzieller Aufwand (ergo Steuergeld) notwendig ist, um einen Österreicher X Euro in einem heimischen Online-Shop ausgeben zu lassen (aka Acquisition Costs).
Bis dahin sollten wir in Österreich auch mal an unserer Feedback-Kultur arbeiten, und zwar auf mehreren Ebenen. Anstatt 1.000 Punkte zu bemängeln, die bei Kaufhaus Österreich nicht funktionieren, können wir uns auch einmal in konstruktiver Kritik versuchen und Vorschläge liefern, wie die Plattform besser funktionieren würde. Die Integration von Produkt-Katologen via APIs mit Echtzeitpreisen, die Anbindung an Logistikanbieter und Payment-Dienste, bessere Konditionen für Lieferungen, ein für Händler interessantes Geschäftsmodell, das über die reine Hoffnung auf mehr Klicks auf den eigenen Shop hinausgeht, usw. – da fallen in fünf Minuten gleich viele Dinge ein. Der Wille der Politik, das Ding auszubauen, ist ja da.
Was braucht der Markt wirklich?
Eine bessere Feedback-Kultur wäre auch auf Seiten des Ministeriums zu wünschen. So ist von mehreren Seiten zu hören (mehr dazu hier), dass Shop-, Marktplatz- und Plattform-Betreiber im Vorfeld gefragt wurden, was sie sich vom Kaufhaus Österreich erwarten. Sie berichten allerdings, dass ihr Feedback kaum angenommen wurde – und ärgern sich jetzt darüber, wie es (nicht) funktioniert. Auch hier wäre es gut gewesen, das Feedback des Marktes anzunehmen, der nicht unbedingt nach einer weiteren Meta-Plattform, die Online-Shops listet, verlangt hat.
Dementsprechend wohltuend ist dann auch eine Diskussion in der österreichischen Startup-Szene, in der über mögliche Lösungswege nachgedacht wird. Vielleicht sollte man das Kaufhaus Österreich eher als Wissens-Plattform verstehen, auf der neue und alternative Wege des E-Commerce aufgezeigt werden. Österreich wird den Online-Handel nicht neu erfinden – aber die Entscheidung, mit welchen Tools wir arbeiten und wo wir welche Produkte kaufen, die liegt immer noch bei uns. Konsumentscheidungen sind das stärkste Feedback überhaupt – auch in Richtung Amazon.