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„Wir müssen es schaffen, mehr Risikokapital nach Kärnten zu bringen“

Lakeside Science and Technology Park in Klagenfurt. © Johannes Puch
Lakeside Science and Technology Park in Klagenfurt. © Johannes Puch

Dass Kärnten für Technologie-Unternehmen ein spannender Boden ist, beweist die Tatsache, dass Infineon Technologies – wie kürzlich bekannt wurde – mehr als eine Milliarde Euro am Standort Villach investiert. Im Startup-Bereich ist das südlichste Bundesland nicht weniger erfolgreich, es gibt nämlich schon das ein oder andere Jung-Unternehmen, das mit den „ganz Großen“ IT-Konzernen der Welt kooperiert.  Tanja Scheliessnig, Start-up Consultant beim Kärntner build!-Gründerzentrum, spricht im Trending Topics-Interview über die Herausforderung, weit weg von Wien eine Innovationsszene aufzubauen und warum man in Kärnten auch auf den Alpen-Adria-Raum setzt.

Tanja Scheliessnig, build! Gründerzentrum ©build!

Trending Topics: Auf einer neunteiligen Startup-Skala Österreichs – wo würden Sie Kärnten platzieren?

Tanja Scheliessnig: Wenn wir eines in den mehr als 15 Jahren unseres Bestehens gelernt haben, dann das, dass der direkte Vergleich eines Ökosystems mit einem anderen immer hinkt. Jedes Ökosystem ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels unterschiedlichster Parameter, die in unterschiedlichen Region wiederum unterschiedlich miteinander wirken. In einem solchen Vergleich kann man nur den Blick für das Wesentliche verlieren.

Was ist das Wesentliche in der Kärntner Startup-Landschaft?

Unsere Strategie in Kärnten baut auf die Identifizierung und Stärkung eigener Standortfaktoren und Potenziale – dass man natürlich versucht durch überregionale Kooperation und Vernetzung Best Practice von anderswo nach Kärnten zu holen ist klar. Umgekehrt funktioniert das aber auch.

Was läuft im Startup-Bereich gut in Kärnten?

Kärnten hat es in den vergangenen Jahren geschafft, eine relative Schwäche des Ökosystems in eine absolute Stärke zu verwandeln. Wir sind ein vergleichsweise kleiner Schauplatz, aber genau dadurch konnten extrem kurze Wege geschaffen werden. Im Grunde ist es egal, wo bzw. bei wem im Ökosystem ein Erstkontakt stattfindet – am Ende wird jeder Gründer zur der Einrichtung geleitet, wo er die bestmögliche Unterstützung erhält. Und wendet man den Blick nach Süden, arbeiten wir gemeinsam mit Italien und Slowenien seit Jahren erfolgreich an einer Integration des Alpen-Adria-Raums, daraus werden sich viele Möglichkeiten ergeben.

Sie kooperieren also über die Grenzen Kärntens hinaus?

Wenn man in Kärnten verortet ist, sind Städte wie Ljubljana oder Udine wesentlich näher als z.B. Wien. Da macht es natürlich viel Sinn, Ressourcen und Know-how in entsprechenden Kooperationen zu bündeln. Vor allem mit z.B. der Universität Maribor und dem ABC Accelerator in Slowenien, oder mit Friuli Innovazioni in Italien gibt es viele Synergien die auch bereits in gemeinsamen Projekten verwirklicht werden.

Was könnte in Kärnten besser laufen?

Eine Herausforderung, die wir definitiv lösen werden müssen, ist entsprechendes Risikokapital nach Kärnten zu bringen bzw. müssen wir Kapital, das bereits vor Ort verfügbar ist, aktivieren. Mit dem Aufbau des BABEG Venture Fonds ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung passiert – Start-ups können Funds in der Region aufstellen und müssen nicht zwangsläufig für eine Seedfinanzierung nach Wien. Die Frage, die wir uns dennoch stellen müssen, ist, wie können wir in Zukunft sicherstellen, dass Investoren in Kärnten etwas finden, das sie nirgends sonst bekommen.

Was sind die Herausforderungen?  Stichwort Programmierer?

Der Fachkräfte-Mangel, vor allem in der IT, ist in Kärnten (wie auch in vielen anderen Bundesländern) natürlich deutlich zu spüren und tut vor allem Start-ups weh. Ohne gute Mitarbeitern kein Wachstum, ohne Wachstum aber oft keine guten Mitarbeiter. Hier gilt es in Zukunft Lösungen für den momentanen Bottleneck „Talent“ zu finden – da sind wir alle gefordert.

Wo kann Kärnten Schwerpunkte setzen?

Schwerpunkte gilt es dort zu setzen, wo bereits eine starke akademische und unternehmerische Base besteht, da hier der Zugang zu Talents, Know-how und Partnern einfacher und Synergien möglich sind. In Kärnten sind das vor allem Bereiche wie Mikroelektronik, IKT, Data Science oder Industrie 4.0.

Welche Startups sind die Kärntner Aushängeschilder?

Wenn es nach uns geht, hat unser Schild Fassadengröße – denn jede/r der diesen Schritt wagt, eine Existenzgrundlage für sich und andere schafft, und insbesondere in jungen Kärntnern Optimismus für die Zukunft schürt, hat es verdient, hier genannt zu werden. Start-ups wie bitmovin, Symvaro, Harmony & Care, Tremitas, add-e oder myAcker haben aber maßgeblich dazu beigetragen, dass die Welt in den letzten Jahren immer wieder auch nach Kärnten schaut.

Welche Rolle spiel build! im Kärnter und österreichischen Startup-System?

Wir verstehen uns als zentraler Start-up Hub in Kärnten – das Bindeglied zwischen Forschung & Entwicklung, Industrie und Förderlandschaft, wenn es um die Umsetzung innovativer Gründungen in Kärnten geht. Wir haben mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Unterstützung innovativer, wissensbasierter Gründungen – übrigens so viel wie kein anderer Service-Provider in der Region. Daher können wir maßgeschneiderte, zielgerichtete und leistungsorientierte Servicepakete für Start-ups schnüren. In Österreich und dem Alpen-Adria-Raum sind wir exzellent vernetzt – die Möglichkeiten und Chancen für Kärntner Start-ups enden definitiv nicht an der Landesgrenze.

Ebbt der Startup-Hype wieder ab oder stehen wir erst am Anfang?

Was man in jedem Fall wahrnehmen kann ist, dass der Diskurs über Start-ups allgemein vielschichtiger und qualitätsvoller wird. Und das ist wiederum wichtig um sicherzustellen, dass das Momentum, das ohne Zweifel in den letzten Jahren geschaffen wurde auch genutzt wird, um das Start-up Land Österreich langfristig und nachhaltig auf stabile Beine zu stellen.

Wie wichtig sind Startup-Initiativen, Pitching-Days, Demo-Days, Wettbewerbe wie die #glaubandich-Challenge?

Sehr wichtig, denn sie schaffen, was Start-ups vor allem in der Frühphase dringend brauchen – Sichtbarkeit, vielfältiges Feedback und eine Möglichkeit mit Märkten in Kontakt zu treten.

Was würden Sie jemanden, der eine gute Idee hat und ein Startup gründen will, raten?

Finde so früh wie möglich Menschen, die dich dazu ermutigen deine Idee auf immer wieder neue Arten durchzudenken, einen kritischen Austausch über Chancen und Risiken ermöglichen und dir dabei helfen, qualifizierte Entscheidungen darüber zu treffen, was als nächste passieren soll. Einrichtungen wie z.B. build! in Kärnten könnten ein guter Partner für dich sein.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit den A-plus-B-Zentren. 

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