Wir wollten das 1,5 Grad-Ziel erreichen. Derzeit sieht es eher nach 2,7 Grad aus.
Eigentlich ist es ja das Ziel der Länder dieser Welt, dass sich die Welt bis zum Jahr 2100 im Durchschnitt nur 1,5 Grad Celsius bzw. 2 Grad Celsius im Vergleich zu 1850 erwärmen soll. Doch wieder gibt es nun neue Zahlen die zeigen, dass wir bei der aktuellen Politik mit ihren Maßnahmen weit darüber liegen. Denn aktuell liegt die Bandbreite der Erderwärmung, die 2100 erreicht wird, zwischen 2,2 und 3,4 Grad Celsius – im Mittel sind es etwa 2,7 Grad.
„Die Welt steuert auf eine Erwärmung von 2,4 °C zu, wenn die derzeitigen Ziele für 2030 eingehalten werden“, heißt es seitens den Macher:innen des Climate Action Tracker (CAT). Diese berechnen auf Basis der CO2-Reduktionsmaßnahmen der Länder, wie sich das Klima bis 2100 verändern wird. Besonders ernüchternd: Sogar in einem optimistischen Szenario – also die vollumfängliche Umsetzung aller Net-Zero-Ziele – ist mit einem Temperaturanstieg von 1,5 bis 2,3 Grad (Mittel: 1,8 Grad) zu rechnen. Hier die Grafik dazu:
2,7 Grad klingen nach nicht viel, sind aber dramatisch. Bei einer Erderwärmung von 32 bis 3 Grad rechnen Forscher:innen aber mit Dürren und Hungersnöten, die Milliarden Menschen betreffen könnten – und in Folge zu Kriegen führen könnten. Währenddessen wären die Klimafolgen von 1,5 Grad weniger dramatisch, hätten aber dennoch Überflutungen, Hitzewellen oder Dürren zur Folge, wie man sie etwa im Sommer 2022 weltweit gesehen hat.
LNG-Ausbau als großes Problem
Laut CAT ist Erdgas zu einem veritablen Problem geworden. „Die durch Russlands illegale Invasion in der Ukraine ausgelöste Energiekrise hat die Regierungen dazu veranlasst, die Energiesicherheit zu erhöhen. In vielen Fällen setzen die Regierungen jedoch weiterhin auf fossile Brennstoffe – die eigentliche Ursache der Klimakrise – und verdrängen damit Klimaschutzmaßnahmen von der politischen Agenda, obwohl erneuerbare Energien, Effizienz und Elektrifizierung bei weitem die billigsten, schnellsten und sichersten Optionen sind. Überall auf der Welt propagiert die Öl- und Gasindustrie fossiles Gas als Ausweg aus der Krise“, heißt es in einer Aussendung.
Wie stark Erdgas nachgefragt wird, sieht man an den Staus der Container-Schiffe vor den Küsten Europas, die gar nicht mehr dazu kommen, ihre Ladung abzuliefern – weil die Gasspeicher in Europa sehr voll sind bzw. in den nächsten Monaten des Winters mit weiter hoher Nachfrage zu rechnen ist und die Gashändler:innen auf dann wieder steigende Preise spekulieren (Trending Topics berichtete). Dazu kommt, dass Europa künftig stark auf LNG (Flüssiggas) etwa aus Qatar setzen will und dafür mit Pipelines und LNG-Terminals die Infrastruktur ausbaut.
Warum Flüssiggas-Tanker absurderweise vor den Küsten Europas im Stau stehen
2022 sinken CO2-Emissionen wieder nicht
Und weiter: „Eine neue CAT-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die derzeit im Bau befindlichen LNG-Kapazitäten zusammen mit den Erweiterungsplänen die Emissionen im Jahr 2030 um mehr als 1,9 GtCO2e pro Jahr über das Emissionsniveau hinaus erhöhen könnten, das dem Netto-Null-Szenario der IEA bis 2050 entspricht. Diese Pipeline neuer Kraftwerke verschärft massiv die Tatsache, dass die bestehenden Kapazitäten (ab 2021) den NZE-Bedarf der IEA bis 2030 übersteigen werden“, heißt es in einer Aussendung. „Zwischen 2020 und 2050 könnten die kumulierten Emissionen von LNG um über 40 GtCO2 höher sein, was etwa 10 % des verbleibenden CO2-Budgets entspricht. Im Jahr 2030 könnte das Überangebot 500 Mio. Tonnen LNG erreichen, was fast dem Fünffachen der EU-Importe von fossilem Gas aus Russland im Jahr 2021 und mehr als dem Doppelten der russischen Gesamtexporte entspricht.“
Parallel dazu zeigt der neue Forschungsbericht „Global Carbon Budget 2022“ (GCB), dass es keine Anzeichen für einen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen gibt. Dem Bericht zufolge werden die Gesamtemissionen 2022 bei 40,6 Milliarden Tonnen liegen. Das ist nur wenig etwas weniger als im bisherigen Rekordjahr 2019 – da waren es 40,9 Milliarden Tonnen. Die Corona-Jahre 2020 und 2021 sind Ausnahmen, weil Lockdowns weltweit die Emissionen zwischenzeitlich senkten.
Pipeline-Lecks: „Größte Freisetzung von klimaschädlichem Methan“ möglich