Kommentar

Wirtschaftsbildung: Nicht genügend

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„Wirtschafts- und Finanzbildung muss Eingang in die Schulen finden!“ Es ist ein Mantra, das sich in der Politik gebetsmühlenartig wiederholt. Zuletzt beim Forum Alpbach, als EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness forderte: „Wir brauchen einen viel größeren Fokus auf finanzielle Bildung – und zwar schon vom ganz jungen Alter an.“ Auch die österreichische Regierung wird nicht müde zu betonen, wie wichtig ihr das Thema sei. So ist „Financial Literacy“ etwa im türkis-grünen Regierungsprogramm als eines von zehn zentralen Unterrichtsprinzipien verankert. Mehr Wirtschaftsunterricht sucht man in Österreichs Schulen bisher aber vergeblich.

Auch zwei Jahre nach Regierungsantritt setzt der Lehrplan in Punkto Finanzwissen noch dieselben Schwerpunkte wie vor fünfzig Jahren: Wirtschaftserziehung ist nach wie vor Teil des Geografieunterrichts, um Finanzen kümmern sich höchstens die Klassenkassierer:innen. Dass das für die österreichische Volkswirtschaft und für die Zukunft eines jeden Kinds schwerwiegende Folgen hat, steht außer Frage.

Armutszeugnis

Wer in Österreich maturiert, hat in der Schule nicht gelernt, wie man einen Steuerausgleich macht, welchen arbeitsrechtlichen Schutz man als Angestellte:r genießt oder warum man schon im jungen Alter für die Pension vorsorgen sollte. Man muss nicht wissen, was eine gute Bank ausmacht, was bei einem Mietvertrag wichtig ist oder wie die Inflation entsteht, um die Schule mit lauter Einser abzuschließen. Dass Osmose und Gedichtinterpretationen in der Schule durchgenommen werden, Aktien und Verbraucherschutz hingegen unerwähnt bleiben, ist ein Armutszeugnis des österreichischen Bildungssystems.

Selbstverständlich sind Literatur, Biologie und Geschichte wichtige Bestandteile der Allgemeinbildung. Recht, Buchhaltung und Vorsorgefinanzierung sind es aber genauso. Dabei muss nicht jedes Kind einen Businessplan aufstellen können. Es gilt lediglich, ein Grundverständnis für Volkswirtschaft und Haushaltsplanung zu vermitteln und Maturant:innen gut auf „das echte Leben da draußen“ vorzubereiten. Das kann ja nicht zu viel verlangt sein.

Bildungserbe

Immerhin kann nicht jede:r die Eltern fragen, wenn es bei Versicherungsverträgen, Gehaltsverhandlungen oder Rechnungen Unklarheiten gibt. Gerade in bildungsfernen Familien wissen Mama und Papa oft nicht viel mehr über Wirtschaft als ihre Kinder. Gerade dieses wirtschaftliche Grundverständnis ist aber essenziell für beruflichen und privaten Erfolg: Nur wer seinen Kontostand im Blick hat, vermeidet den Privatkonkurs. Nur wer versteht, was Inflation ist, kann sein Vermögen schützen. Nur wer weiß, was ein erfolgreiches Produkt auszeichnet, gründet ein eigenes Unternehmen oder kann sich hoch arbeiten.

Wird Wirtschaftserziehung von der Politik aber weiterhin ins Private abgeschoben, geben Eltern ihr finanzielles (Nicht)Wissen an ihre Kinder weiter. Die Konsequenz: Wer arm geboren wird, steigt schwerer auf. In vielen Fällen entscheidet folglich nicht die Leistung über Erfolg und Misserfolg, sondern der Stammbaum. Genau aus diesem Grund ist es ja auch die Aufgabe des Staats, Kinder unabhängig von ihrem familiären Hintergrund mit einer fundierten Allgemeinbildung zu versorgen. Sieht man sich aber die bisherige Bildungsleistung der türkis-grünen Koalition an, gibt es aber deutlich Luft nach oben. Es ist Zeit, auf große Worte auch große Taten folgen zu lassen. Für ihr Projekt „Financial Literacy“ gibt es für klein Basti und klein Werner nämlich bisher eine Frühwarnung.

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