Wissenschaft: Streit um die CO2-Bilanz von Elektroautos
Die Debatte kommt zur rechten Zeit. Im Moment entscheidet die Europäische Union über höhere CO2-Vorgaben für PKW-Konzerne. Überschreiten die Unternehmen diese Vorgaben in ihrer Neuwagen-Flotte, drohen hohe Strafen. Das Ziel dabei ist klar – die Umstellung auf E-Autos forcieren. Diese haben statistisch gerechnet nämlich gar keinen CO2-Ausstoß.
Just wurde nun ein Positionspapier an die EU-Kommission öffentlich gemacht. Dieses wurde von der IASTEC in wissenschaftlicher Zusammenarbeit von Fahrzeug- und Motorentechnik-Professoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verfasst, so die Angaben dazu. Mit dem Ergebnis: Die Berechnungen zum CO2-Einsparungspotenzial durch den großflächigen Einsatz von Elektroautos seien falsch. Mit der Aussage wird aber viel Kritik laut.
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Strom-Herkunft für CO2-Bilanz elementar
Als übergeordneter europäischer Repräsentant wird der Deutsche Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in dem offenen Brief angeführt. Dieser sagt gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa): „Die Zahlen suggerieren ein Einsparpotenzial, das wir nicht haben.“ Dabei bezieht er sich auf den vorhandenen Energiemix und führt das mit Zahlen aus Deutschland aus. Dieser sei falsch berechnet worden, so der Wissenschaftler. Mit einem steigenden Strombedarf könnte dieser Bedarf nicht allein durch erneuerbare Energien gedeckt werden, ist die Befürchtung. Werden die E-Autos aber mit Energien aus fossilen Energieträgern, wie Kohle oder Gas, betrieben, sei die reale CO2-Bilanz deutlicher höher.
170 Wissenschaftler aus Regionen über den ganzen Erdball verteilt, haben das Positionspapier unterzeichnet. Auch aus Österreich kommen drei Unterschriften. So schlossen sich zwei Professoren der Technischen Universität Graz, zum einen Helmut Eichlseder vom Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik und zum anderen, Peter Fischer vom Institut für Fahrzeugtechnik dem Schreiben an. Von der Wiener Technischen Universität unterstützt Bernhard Geringer vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik die Aussagen des Schreibens.
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„hochgradig peinlich“
Als Lösungsansätze schlagen die 170 Wissenschaftler einen „geeigneten Technologiemix“ vor. Dabei ist die „die Förderung der batteriegestützten Elektromobilität, vor allem für die urbane Mobilität, (…) ein wichtiger Baustein“ wie es in dem Positionspapier heißt. Daneben sehen die Wissenschaftler aber auch viel Potenzial in der Weiterentwicklung und Nutzung von der Brennstoffzellentechnolgie, also Wasserstoff-Autos, und in CO2-neutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen, sogenannten „Re-Fuels“. Daher fordern sie eine „Technologien-Offenheit“, um die CO2-Emissionen in der Mobilität deutlich schneller zu reduzieren.
Auch die Gegenreaktionen auf den Brief der Wissenschaftler ließen nicht lange auf sich warten. Wie der ZDF berichtet, bezeichnet der Leiter des Instituts für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft an der TU Dortmund, Christian Rehtanz das Schreiben als „hochgradig peinlich“ und „Lobbyistenschreiben“ und einen „krampfhaften“ Versuch „die Kolbenmaschinen zu retten“. Aber auch er macht auf die Notwendigkeit von einem großflächigen Ausbau der erneuerbaren Energien und einem guten Ladeinfrastrukturnetz aufmerksam, um die Emissionen zu reduzieren.
In Österreich hat sich die Verkehrsministerin Leonore Gewessler ( Die Grünen ) bereits bei mehreren Anlässen für die Förderung von Elektroautos ausgesprochen. Erst Mitte Juni wurde das heurige Fördervolumen für eine Anschaffung von diesen mehr als verdoppelt, wir berichteten. Auch in puncto Ladeinfrastruktur sieht es hierzulande im EU-Vergleich gut aus. Wie der österreichische Staatssekretär Magnus Brunner Mitte April angab, hat Österreich seine Ausbauziele für 2020 mit 190 Prozent übertroffen. Mit mehr als 7.700 öffentlichen Ladestationen liegt es damit im EU-Vergleich im ersten Drittel und mit dem Anteil von Elektrofahrzeugen auf Platz neun, so Brunner.