Worldcoin: Kontroverser Augen-Scanner „Orb“ startet in Deutschland
Eine Kugel, die die Augen, Gesicht und Körpertemperatur von Nutzer:innen scannt und ihnen dann Zugang zu einem internationalen Zahlungsnetzwerk auf Basis eines Krypto-Tokens gibt: Das kontroverse Startup Worldcoin mit seiner „World ID“, das von OpenAI-Gründer Sam Altman mit initiiert wurde, kommt nach Deutschland. Das hat das Unternehmen Tools for Humanity (TFH), das die entsprechende Wallet-App für das Krypto-Asset baut, heute bekannt gegeben.
„Die Erzeugung einer sicheren digitalen Online-Identität, die den Schutz der Privatsphäre gewährleistet, ist seit langem eine komplexe Herausforderung. Noch heute haben mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung keinen verifizierbaren, legalen Ausweis. Diese Herausforderung ist einer der Gründe für das Worldcoin-Projekt und die Schaffung von World ID“, heißt es seitens Worldocin. Man wolle durch die Scans die Identität von Menschen eindeutig anhand ihrer Iris bestätigen – dann können sie anderen Nutzer:innen in dem Netzwerk Geld in Form von Krypto-Assets senden. Das Unternehmen nennt das Verfahren „Proof of Personhood“ – offenbar in Anlehnung an die Krypto-Konzepte „Proof of Work“ oder Proof of Stake“.
Gestartet wird in Berlin. Zu Deutschland gibt es eine besondere Beziehung. „Die zentralen Bestandteile des Worldcoin-Projekts – einschließlich des Orb – wurden in den letzten drei Jahren in Deutschland entworfen und entwickelt. Auch der Orb wird in Deutschland hergestellt – wie viele andere optische Technologien, die in führenden Verbraucher- und Medizinprodukten zu finden sind“, heißt es ein einer Aussendung. „Der Start von World ID in Deutschland ist so etwas wie eine Heimkehr, da mehrere Mitglieder des ursprünglichen TFH-Teams, die das Projekt konzipiert und früh mitgestaltet haben, aus Deutschland stammen, darunter Mitgründer und TFH-CEO Alex Blania, die technischen Leiter Sandro Herbig und Philipp Sippl sowie der Leiter der Abteilung KI/Biometrie Chris Brendel.“
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Die Augen-Scanner „Orb“
Entwickelt werden die „Orbs“, wie die Augen-Scanner in Kugelform heißen, in einem Ingenieurbüro in der Universitätsstadt Erlangen, außerdem gibt es eine Geschäftsstelle in Berlin. Um an dem Payment-Netzwerk teilzunehmen, muss man sich zum Start mit einem der Orbs identifizieren lassen. Dann bekommt man Zugang zu den WLD-Token, die man dann via App halten und versenden kann. Die Orb-Geräte werden in Zusammenarbeit mit dem US-Auftragshersteller für Elektronik Jabil hergestellt. In Berlin etwa hat ein Worldcoin-Team in einem Einkaufszentrum Stellung bezogen, damit sich dort Nutzer:innen informieren und scannen lassen können.
Da Worldcoin mit biometrischen Daten (die Iris wird als eindeutiges Merkmal zur Identifizierung einer Person verarbeitet) hantiert, ist das Projekt mit Milliardenbewertung durchaus kontrovers. „World ID und die dazugehörige biometrische Hardware wurden nach Prinzipien entwickelt, die die Privatsphäre schützen, wie zum Beispiel Daten zu minimieren. Die Technologie hält sich an deutsche und europäische Datenschutzgesetze wie die General Data Protection Regulation (GDPR)“, heißt es seitens des Projektes.
Bis dato haben sich knapp 2 Millionen Menschen mittels Iris-Scan für das Zahlungsnetzwerk angemeldet und ihre Augen quasi zu Ausweis gemacht. Einmal im Netzwerk drinnen, soll diese „World ID“ dann auch Zugang zu anderen Online-Diensten und -Anwendungen geben – quasi eine Art Facebook-Login mit anderen Mitteln. Worldcoin setzt dabei auf den Auth0 Marketplace von Okta verfügbar. Entwickler:innen können so „Sign in with Worldcoin“ in ihre Anwendungen integrieren.
„Entwickler von Web- oder mobilen Anwendungen und Diensten haben nun eine leistungsstarke Lösung, um die menschliche Identität von Nutzern zu verifizieren und sich gleichzeitig vor Bots zu schützen. Gleichzeitig ermöglicht die Integration es Einzelpersonen, ihre Privatsphäre über Anwendungen und Dienste hinweg zu schützen und die Preisgabe persönlicher Daten zu vermeiden“, heißt es dazu.
Auch Kopf, Schultern und Gesichtstemperatur wird vermessen
Was Interessierte aber wissen sollten: Beim Fotografieren der Iris bleibt es nicht, wenn man sich einem Scan bei einem Orb unterzieht. Tatsächlich werden laut TFH eine Reihe von hochauflösenden Bildern der Augen und des Gesichts (Kopf und Schultern) aufgenommen. Man wolle so verifizieren, ob es sich um ein lebendes menschliches Wesen handelt – und das schließe ein, das die Gesichtstemperatur gemessen und mit einer gewöhnlichen menschlichen Körpertemperatur verglichen wird. Die Orbs nehmen also gleich mehrere biometrische Daten auf und nicht bloß jene der Iris.
Wenn man Worldcoin die Zustimmung („Opt-in“) gibt, dass sie die Daten längerfristig verwahren können, dann passiert das, was man von Software-Unternehmen gewohnt ist. Die Daten können dann an SaaS-Produkte in den Bereichen Verwaltung von Datenbanken und Infrastrukturen, Datensicherheit oder Verwaltung von Anfragen betroffener Personen weitergegeben werden, und nicht nur das: Auch „externe Experten“ könnten Zugang zu den Daten bekommen, unter anderem spezialisierte Softwareentwickler, Juristen oder Anbieter von Kennzeichnungsdienstleistungen.
Worldcoin: Ein Blick auf die kontroverse Krypto-Firma von Sam Altman