Disput unter Business Angels wegen Work 4 Equity-Deals
Am vergangenen Mittwoch Abend in Wien wurde bei Business Angel Day viel gefeiert, aber auch intensiv diskutiert. Denn unter Angel-Investor:innen ist die große Frage aufgekommen, ob Work 4 Equity nun eine gute Sache ist oder nicht. Grundsätzlich bezeichnet der Begriff Work 4 Equity den Umstand, dass Business Angels Anteile von Startups bekommen, dafür aber kein Cash investieren. Stattdessen leisten sie Arbeitsstunden für die Jungfirma, um sich ihre Shares zu verdienen.
Doch das schmeckt vielen in der Branche nicht. Bei der Austrian Angels Investors Association (aaia) in Österreich etwa kann man nicht Mitglied werden, wenn man als Investor nur Work 4 Equity macht. Währenddessen gibt es aber zahlreiche Investor:innen am Markt, die das neben Cash-Investments anbieten – etwa Big Cheese Ventures von Benjamin Ruschin und Mark Kaslatter. Klar, das die Linie der Meinungsverschiedenheiten auch genau zwischen diesen beiden Playern verläuft.
Gefahr der Ungleichheiten zwischen den Investor:innen
„Business Angels klassifizieren sich durch Cash-Investments und den Einsatz von ihrem Netzwerk & Know-How, um ihre Beteiligungen voranzutreiben und profitieren langfristig von der Wertsteigerung ihrer Shares. Die aktive Unterstützung auf strategischen Level des Startups wird vorausgesetzt und zudem nehmen Bestandsinvestor:innen eine wichtige Rolle speziell im Fundraising für die nächste Investitionsrunde ein“, sagt Laura Egg, Geschäftsführerin der Austrian Angel Investors Association (aaia) und seit kurzem selbst als Investorin bei ROI Ventures unterwegs (Trending Topics berichtete).
„Die Unternehmensanteile sind das wertvollste Asset eines Startups. Leider nehmen speziell unerfahrene Gründer:innen diese Wichtigkeit und die Auswirkungen auf spätere Finanzierungsrunden nicht ausreichend war. Der Cap Table ist eine wesentliche Enscheidungsgrundlage für das Investment von einem VC-Fonds. Sollten nun Anteile für Arbeitsleistungen vergeben werden, kann es schnell zu Ungleichheiten zwischen den Investor:innen führen. Wie viel ist Arbeit schlussendlich wert? Was ist mit dem Engagement der Investor:innen ohne WfE? Kann die Leistung nicht einfach zugekauft werden, ohne Anteile abzugeben?“, so Egg weiter.
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Ausnahmen am ehesten auf der Vertriebsseite
Ganz am Anfang erscheint es vielen Startup-Gründer:innen durchaus als sinnvoll, Business Angels an Bord zu holen, die selber mit Hand anlegen. Leider wird allzu oft nicht genau definiert, was der Arbeitsumfang nun ist. Die Bandbreite geht von einer Anzahl an Wochenstunden bis hin zu konkreten Umsatzzielen im Vertrieb. Letzteres ist auch ok, meint Egg: „Ausnahmen gibt es speziell auf der Vertriebsseite, bei welcher im Einklang mit den Gründer:innen und Shareholder:innen eine transparente Regelung getroffen werden kann, welche an klare Ziele und Zeitperioden geknüpft sein sollte.“
Für Benjamin Ruschin von Big Cheese Ventures sind Work 4 Equity-Deals aber nicht die Ausnahme, sondern die Regel. „Work 4 Equity-Deals werden viel häufiger vereinbart als wir es glauben“, sagt er. „Meistens werden sie in einen Cash-Equity-Deal hineingemischt, sehr frühphasig vereinbart. Die Außenwelt bekommt davon meistens gar nichts mit, weil eben auch Geld fließt.“ meistens würden Lücken geschlossen – Kompetenzlücken Beschränkungen bei den zeitlichen und/oder personellen Ressourcen, Lücken im Netzwerk. Der Angel werde für seine Arbeitsleistung mit Shares incentiviert.
Er selbst habe positive Erfahrungen mit Work 4 Equity gemacht. Ich habe gleich zur Gründung meines Startups einen wesentlichen (zweistelligen) Work-for-EquityAnteil abgegeben. Auch wenn dieser Stake rückblickend vielleicht zu hoch war, habe ich diesen Deal nie bereut, denn der W4E-Investor hat uns geholfen, unser Startup schnell groß zu machen, wesentliche Umsätze zu lukrieren und Türen aufzustoßen, die andernfalls verschlossen geblieben wären. Wir konnten dank der Unterstützung unseres W4E-Investors in den ersten 12 Monaten einen siebenstelligen Umsatz lukrieren und den Wert unseres Startups rasch nach oben treiben“, so Ruschin. Es habe keinen Vertrag mit dem W4E-Investor gegeben, „der Deal basierte auf gegenseitigen Vertrauen“.
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Call-Option zur Rückabwicklung bei Nicht-Erbringung der Leistung
Ruschin rät ähnlich wie Egg dazu, im Falle von Work 4 Equity eine saubere vertragliche Vereinbarung zu machen. „Je klarer definiert und messbarer die zu erbringende Leistung ist, und je besser man den W4E-Investor kennt, je besser ihr Track-Record ist und je mehr Vertrauen man dieser Person schenken kann, desto weniger Raum gibt es für Missverständnisse und Streitigkeiten“, so Ruschin. Sollte die Leistung trotz Vereinbarung vom Business Angel nicht erbracht werden (z.B. Erreichung von Umsatzzielen), dann kann eine Call-Option für eine Rückabwicklung bei Nicht-Erbringung der Leistung greifen. Bedeutet: Das Startup kann die Anteile vom W4E-Investor zurück verlangen. Das setzt voraus, dass es entsprechende konkretisierte Call-Optionen im Vertrag gibt.
„Diejenigen Investorinnen, die ein Problem mit W4E-Deals, haben meistens eines gemeinsam: Sie verfügen über sehr viel Geld und investieren lieber Geld als Zeit in Startups, mitunter deshalb, weil sie andere Verpflichtungen haben, oder z.B. weil sie zu viele Beteiligungen haben um die sie sich kümmern müssen, um ihre Zeit einzelnen Startup-Teams zu widmen“, so Ruschin. „Am Ende ist es eine Frage der Philosophie.“