Wurmkiste.at: Warum Wurmhotels und Wurmtoiletten jetzt im Fokus stehen
Wer suchtet, der suchet in der Wiener Innenstadt schon einmal ein wenig länger. Das Sehnsuchtsobjekt der Suche: die braune Tonne. Während sich im Stadtplan unter dem Karteninhalt „Saubere Stadt“ die gelben Punkte (für Plastik), die roten Punkte (für Papier) und die grünen Punkte (für Altglas) gegenseitig fast unlesbar machen, erscheinen die braune Punkte natürlich auch, wenn auch etwas seltener – insbesondere in der Innenstadt.
Fünf Wurmhotels für Wien
„Wir werden 30 – 50 Leute dazu einschulen, was an die Würmer verfüttert werden darf“, so Witzeneder. Die Hotels selber werden grundsätzlich verschlossen sein, Zugang hat die eingeschulte Gruppe an Menschen. Diese haben sich zuvor für die Nutzung der Biotonne der anderen Art registriert. Noch ist das aber alles reine Theorie, die Planungen für die Umsetzungen laufen jedoch auf vollen Touren. „Ein Standort ist im Planquadrat geplant“, so Witzeneder. Die weiteren Standorte würden gerade noch definiert.
Die Stadt als Kund:in
Mit diesem neuen Projekt traut sich die Wurmkiste.at nun auch an ein neues Geschäftsmodell. Denn die Wurmhotels sollen nicht etwa durch monatliche Abo-Beiträge der Nutzenden finanziert werden, sondern über die öffentlichen Budgets von Städten und Kommunen. „Wenn Biomüll im Restmüll landet, dann kostet das natürlich auch etwas“, so der Gründer, sei es durch den Transport zur Müllverbrennungsanlage oder den Energieeinsatz bei der Verbrennung selbst. „Die oberste Priorität einer Stadt oder einer Gemeinde lautet somit: So wenig Müll wie möglich zu haben“, ist dieser überzeugt. Insbesondere, da Biomüll die teuerste Fraktion sei. Die Entsorgung durch das Wurmhotel soll hingegen preiswerter und natürlich ökologischer sein. Den Kompost gibt es als Kirsche auf dem Schlagobers obendrauf. In Wien sei das Interesse der Bezirksvorsteher:innen laut Witzeneder daher gegeben.
Eigentlich hätte das erste Wurmhotel bereits im Sommer eröffnen sollen. Das wird aber voraussichtlich nichts. Grund seien die aktuellen Materialpreise, durch welche das eigentliche Budget nicht eingehalten werden könne, so Witzeneder. Allein das Holz für das Grundgerüst sei nun doppelt so teuer, wie eigentlich geplant. Zudem sei es schwierig einen Produktionsslot zu bekommen. Bei anderen Materialien steht das Startup ebenfalls vor Herausforderungen: „Auch bei anderen verbauten Teilen sind wir so weit, dass wir sie gar nicht mehr bekommen. Das heißt, ich habe jetzt auf Willhaben gebrauchte Teile gekauft, damit wir das alles noch hinbekommen“, so der Gründer. Nun wird der September als Eröffnungsmonat anvisiert.
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„Biomüll ist kein Müll sondern eine Ressource“
Auch bei einem zweiten Projekt will das Wurmkiste.at-Team im Herbst schon einen Schritt weiter sein. Dieser wird dann darüber entscheiden, ob dieses entsprechend weiter verfolgt wird. „Unsere Mission ist: Biomüll ist kein Müll, sondern eine Ressource“, so Witzeneder. Eine dieser Ressourcen landet bisher zumeist ungenutzt im Abwasser: die Fäkalien. Wie auch diese zu nutzen wären, darauf fokussiert sich jetzt das Startup. Im Gespräch ist eine Wurmtoilette.
An dieser arbeitet im Moment auch eine Masterstudentin im Rahmen ihrer Abschlussarbeit bei dem Jungunternehmen. Ein paar Versuche gebe es zu der Ausgestaltung einer solchen Wurmtoilette schon, so Witzeneder: „Die Würmer schwimmen in dem Fall nicht im Wasser, sondern es wird eine Art Trocken-Trenn-Toilette werden, in welcher Urin und Fäkalien getrennt sind“, so Witzeneder. Diese würde in der Wohnung stehen und sich von der Größe kaum von einer Wurmkiste unterscheiden. Studien, welche vorab dazu erstellt worden, seien positiv ausgefallen, jetzt geht es an die Praxis, so der Gründer.
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Wurmtoilette: „Gehen eh nicht von einem Verkaufshit aus“
Eine Hürde bleibt allerdings: Der Vorteil einer handelsüblichen Toilette ist: Ich muss mich mit den Ausscheidungen meines Körpers nicht länger aufhalten. Einmal die Spülung gedrückt, sind diese aus den Augen und somit aus dem Sinn. Ein Modell, an welches sich viele Menschen gewöhnt haben. Anders wäre es nun, sich wieder damit beschäftigen zu müssen. Dass es da eine gewisse Hemmschwelle geben könnte, ist auch dem Wurmkiste-Gründer bewusst: „Wir gehen eh nicht davon aus, dass das jetzt ein Verkaufshit wird. Ich denke, ich bin schon offen für das ganze Thema und trotzdem habe ich selbst ein Jahr gebraucht, bevor man darüber spricht.“
„Ich glaube es wird Zwischenanwendungen geben“, ist dieser überzeugt, beispielsweise in Gartenhütten. Ob es zu diesem Anwendungsfall kommt, wird sich noch zeigen. Tatsächlich entschieden, ob dieses Projekt über Prototypen und entsprechende Anwendungs-Untersuchungen hinaus weiter verfolgt wird, entscheiden sie im Herbst, so Witzeneder.
Die Wurmhotels hingegen, könnten dann in Wien schon einer Vielzahl von Würmern ein neues Zuhause bieten. Und damit auch das Angebot der braunen Tonnen in der Stadt erweitern. Den Biomüll heimlich in den öffentlichen Parks zu vergraben, dürfte sich spätestens dann erübrigen.