Lebensmittelversorgung

WWF: Europa als teuerstes Lebensmittelgeschäft der Welt muss umdenken

Landwirtschaft, Feld, Getreide © Pixabay
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Die Globalisierung ist längst auch in der europäischen Ernährung angekommen  und wie vulnerabel das System dadurch sein kann, zeigt sich nicht zuletzt durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Aber – Auswirkungen hatte die globale Vernetzung bereits viel früher.

In einem aktuell veröffentlichten Report des WWFs bemängelt die Umweltschutzorganisation nun, dass Europa nur wenig zur weltweiten Lebensmittelversorgung beiträgt. Das ist sowohl auf die Import-, als auch die Exportgewohnheiten zurückzuführen. So sei die EU zwar in wirtschaftlicher Hinsicht der weltweit größte Exporteur von Agrar- und Ernährungsprodukten, aber weise ein erhebliches Handelsdefizit auf, wenn man die tatsächlich wichtigen Nährstoffe wie Kalorien und Proteine betrachte, so der WWF in einer aktuellen Aussendung.

FAO: Abholzungs-Stopp der Wälder könnte mehrere Krisen lösen

Wein und Schokolade aus der EU

So exportiert die EU vor allem hochwertige Lebensmittel, wie Wein und Schokolade, aber importiert günstige Produkte wie Kakao, Obst oder Futtermittel. 

So führten dem Bericht zufolge die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mehr Kalorien und Proteine ein, als sie wiederum in andere Regionen verkauften. Dadurch entzögen sie anderen Märkten elf Prozent der Kalorien und 26 Prozent der Proteine. 

Als Hintergrund des aktuellen Berichtes gibt die Umweltschutzorganisation unter anderem Vorschläge zur Steigerung der europäischen Lebensmittelproduktion als Reaktion auf die anhaltende weltweite Nahrungsmittelkrise an. Ester Asin, Direktorin des WWF European Policy Office: „Die EU sollte sich nicht darauf konzentrieren, mehr zu produzieren, sondern anders zu produzieren und zu konsumieren.“ 

Nicht mehr, sondern anders

Jabier Ruiz, Senior Policy Officer für Lebensmittel und Landwirtschaft beim WWF European Policy Office und Hauptautor des Berichts: „Die EU ist nicht die Kornkammer der Welt, sondern in Wirklichkeit das teuerste Lebensmittelgeschäft der Welt, das Produkte exportiert, die in erster Linie für wohlhabendere Verbraucher:innen bestimmt sind, und unser hohes Produktionsniveau wird durch nicht nachhaltige Betriebsmittel, Importe und verschwenderische Landnutzung erreicht.“

Die Umweltschutzorganisation fordert daher ein deutlich nachhaltigeres Ernährungssystem in der EU zu etablieren. Grundsätzlich orten sie dabei viele Ansätze, wie sich der europäische Konsum nachhaltiger gestalten ließe. So werde aktuell beispielsweise mehr als die Hälfte des in der EU  angebauten Getreides an Tiere verfüttert, hinzu kämen große Mengen an Importen von Soja und anderen Futtermitteln. Durch eine Reduktion des Genusses von tierischen Erzeugnissen, könnte hier somit deutlich eingespart werden.

Weltweit werden 40 Prozent der Lebensmittel verschwendet, so der WWF

Zu viel Lebensmittel werden verschwendet

Zudem kritisieren sie die weiterhin große Menge an verschwendeten Lebensmitteln. Diese beläuft sich laut dem WWF in der EU jährlich auf etwa 173 kg Lebensmittel pro Person. Diese Verschwendung beginnt aber nicht erst im Einzelhandel und bei den Konsument:innen, sondern schon direkt bei der Produktion. Schätzungsweise 15 Prozent der gesamten Lebensmittelproduktion würden jedes Jahr während oder kurz nach der Ernte verloren gehen, so der WWF. 

Bereits im letzten Jahr ist der WWF in einem Report zu dem Schluß gekommen, dass die Europäische Union für 16 Prozent der globalen Regenwaldzerstörung durch den Konsum von Waren und Lebensmitteln verantwortlich sei. Der hohe Wert lässt sich vor allen Dingen auf den Import von Soja (unter anderem für Tierfutter), Palmöl, Holzprodukten, Kakao und Kaffee zurückführen. Verstecken kann sich Österreich bei dieser Erhebung hinter größeren EU-Ländern nicht. Allein der Konsum hier vor Ort ist für die Abholzung einer Regenwaldfläche in Größe des Neusiedlersees im Zeitraum 2005- 2017 verantwortlich, so der WWF.

WWF: EU für 16 Prozent der globalen Regenwaldzerstörung verantwortlich

EU gefordert

Mit dem heute veröffentlichten Bericht sehen sie daher nun die Politik in der Pflicht. Mitte November 2021 präsentierte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag, nach welchem die Einfuhr von Waren verboten werden soll, für deren Produktion Wälder zerstört wurden. Das betrifft den Import von Rindfleisch, Holz, Soja, Palmöl, Kaffee und Kakao, sowie weitere Folgeprodukte wie etwa Schokolade, Leder und Möbel. Aktuell wird der Gesetzesvorschlag im Europäischen Parlament und im Rat „Umwelt“ erörtert. Laut dem WWF böte das die Möglichkeit, die Zerstörung der Tropenwälder zu stoppen.

Zudem müsse der bevorstehende Rechtsrahmen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem ein Wendepunkt sein, so der WWF. Einen Vorschlag dazu erwarten diese im Jahr 2023.

 

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