Exit: Linzer Startup Xaleon wird von IT-Börsenriesen TeamViewer geschluckt
Am Dienstag morgen sitzt Investor Herbert Gartner im Auto auf dem Weg von Wien zurück nach Graz und ist hörbar gut gelaunt. Kein Wunder, schließlich bringt er einen dicken Deal zurück in die steirische Heimat. Es ist erst ein paar Stunden her, da hat er mit drei oberösterreichischen Gründern die Dokumente für einen Exit an einen mehr als 8 Milliarden Euro schweren deutschen IT-Riesen unterzeichnet.
Der Deal: TeamViewer, bekannt geworden für Fernzugriff-Software und seit 2019 an der Börse, schluckt um einen zweistelligen Millionenbetrag plus Earn-Out-Komponente das Linzer Startup Xaleon (vormals Chatvisor) der drei Gründer Horst-Georg Fuchs, Markus Wagner und Mathias Holzinger. Es ist ein großer Deal, denn Xaleon ist mit seiner Customer-Engagement-Plattform gerade mal 21 Monate alt – und liefert einen der schnellsten Exits der österreichischen Startup-Geschichte ab (Payolution brauchte fünf Monate).
Über den exakten Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Folgende Info gibt es: Neben einer fixen Komponente im niedrigen zweistelligen Millionenbereich, die sich aus einer Vorab-Barkomponente und zusätzlichen jährlichen Barzahlungen für vier Jahre zusammensetzt, wird der Gesamtkaufpreis durch eine variable Komponente erhöht. Dieser Earn-Out ist an bestimmte Unternehmensziele über einen Vierjahreszeitraum gekoppelt.
„Die haben einfach Gas gegeben“
„Die haben einfach Gas gegeben und mit der Customer-Engagement-Plattform genau den Zahn der Zeit getroffen. TeamViewer boomt, und natürlich versuchen sie jetzt neue Felder abzudecken, in denen sie noch nicht sind“, sagt Investor Herbert Gartner, der sich mit seiner eQventure im Juni 2019 etwa 22 Prozent der Jungfirma schnappte, die damals noch Chatvisor hieß. Die drei frisch gebackenen Software-Millionäre dürfen öffentlich derzeit nicht über den Deal sprechen, aber Gartner kann man fragen.
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Über die Höhe der Übernahmesumme ist wenig zu erfahren, „niedriger zweistelliger Millionenbetrag plus signifikanter Earn-out“ heißt es lediglich. „Xaleon ist eine großartige Ergänzung unseres bestehenden Produktportfolios. Seit der Übernahme von Ubimax im vergangenen Jahr unterstützen wir Unternehmen mit unseren kombinierten IoT-, Augmented Reality- und Frontline-Lösungen bei der Digitalisierung ihrer Arbeitsprozesse in der Industrie 4.0.“, so TeamViewer-CEO Oliver Steil. „Jetzt investieren wir in den Bereich Customer Engagement, da wir einen zunehmenden Bedarf an Lösungen für Online-Kundeninteraktionen sehen, die physische Vertriebs- und Kundendienstprozesse als wichtigen Teil der Wertschöpfungskette in allen Branchen ersetzen.“
Das Team von Xaleon mit mehr als 20 Mitarbeitern arbeitet künftig für TeamViewer, auch wenn die Software weiter ein eigenständiges Angebot mit einer eigenen Marke bleiben soll. Die Software der Linzer, die Funktionen wie Co-Browsing, Chatbots, Live Chat und Video Chat für Support-, Vertriebs-, Berater- und Kundenbetreuungsteams bietet, passt gut zum Thema Fernzugriff, dass TeamViewer im IT-Bereich besetzt hat. Erste Bank, Generali, BMW sind etwa Kunden von Xaleon.
TeamViewers globale Kundenbasis
„Wir sind davon begeistert, ab sofort zu TeamViewer zu gehören. Da wir eine ähnliche Arbeitsweise und Werte haben, fühlen wir uns bereits heute als Teil des Teams. Mit TeamViewers umfangreicher globaler Kundenbasis und einem gemeinsamen Vermarktungsansatz wird es uns gelingen, unser Produkt besser zu positionieren und Unternehmen jeder Größe bei vielfältigen Herausforderungen zu unterstützen“, heißt es seitens Markus Wagner, CEO von Xaleon, in einer Aussendung.
Die Xaleon-Gründer haben übrigens die Möglichkeit, im Rahmen des Deals in den nächsten Jahren noch mehr zu verdienen. Denn der Gesamtkaufpreis kann durch eine variable Komponente erhöht werden. Dieser Earn-Out ist an bestimmte Unternehmensziele über einen Vierjahreszeitraum gekoppelt, heißt es seitens TeamViewer. Es gibt also eine Option auf signifikante Nachzahlungen, wenn gewisse Umsatzziele erreicht werden.
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„Der Markt hat diese Features verlangt“
„Es ist eine unglaubliche Leistung, in so kurzer Zeit eine so gute technische Lösung zu bauen“, sagt Gartner zu dem nicht einmal zwei Jahre alten Startup, das 2018 an den Start ging. Es sei zwei, drei Jahre anderen Lösungen technisch voraus. „Der Markt hat diese Features von TeamViewer verlangt, und die haben sofort drauf reagiert“, sagt der Investor. Für die österreichische Startup-Szene sei es ein gutes Signal zu Jahresbeginn und könnte auch mittel- und langfristig ein Gewinn sein. „Auch fürs Ökosystem ist dieser Exit wichtig. Ich denke, dass wir nun drei erfolgreiche Gründer mehr haben, die gewillt sind, ihrerseits in Startups zu investieren.“