„Im Prinzip ist alles Werbung“: Wie mit jungen YouTubern und Instagram-Stars in Österreich Geschäft gemacht wird
Eigentlich heißt er Felix Kjellberg, ist 26 Jahre alt und hat Industriewirtschaft und Technologiemanagement studiert. Doch jungen Menschen auf der ganzen Welt ist der Schwede besser als PewDiePie bekannt, der in seinen YouTube-Videos Computerspiele testet und unflätige Witze reißt. Und er wird von nicht wenigen beneidet: Denn seine Reichweite von mehr als 43 Millionen Abonnenten haben ihn im Jahr 2015 etwa zwölf Millionen US-Dollar verdienen lassen. Laut Forbes ist er damit jener Youtuber, der weltweit das meiste Geld macht. Kjellberg ist mittlerweile so dick im Geschäft, dass er mit der Disney-Tochter Maker Studios sein eigenes Multichannel-Netzwerk namens Revelmode gegründet hat, um seinerseits Jungstars auf Googles Videoplattform zu vermarkten. Die Stoßrichtung wie bei allen anderen Multichannel-Netzwerken: Die vielen Zugriffe auf die Clips von zumeist jungen Videomachern dienen immer mehr Unternehmen und Marken dazu, ihre Produkte und Botschaften auf den Displays der Millenials-Generation zu platzieren.
Auch in Österreich ist der Trend angekommen. Agenturen und TV-Studios buhlen hierzulande um die Jungstars mit den größten Social-Media-Reichweiten. Sie lassen sich dazu nutzen, Werbekunden neue Kanäle zu bieten, über die sie Zielgruppen erreichen, die sie in anderen Medien nur mehr sehr schwer erwischen. Österreichs Youtuber sind willig: Rasante Karrieren wie jene von Kjellberg wecken Hoffnungen, dass auch sie einmal als ganz große Stars den Durchbruch schaffen.
Kleine Stars, bald groß
Maxim Konorovskiy und Kirill Komar (siehe Bild oben) sind Halbbrüder aus Deutschland, die in Wien studieren. Ihren 4.500 Abonnenten auf YouTube bieten sie wöchentlich unter dem Namen BlueFish Productions unterhaltsame Videos über das Unileben, Partys, Alkohol oder Sex. So populär wie andere Youtuber in Österreich, zum Beispiel die Linzerin Joanna Zhou („Cute Life Hacks“, mehr als 281.000 Abonnenten) oder die 16-jährige Celina aus Niederösterreich („Celina Blogsta“, mehr als 136.000 Abonnenten) sind sie noch nicht, aber das kann ja noch werden. Schließlich haben sie eines gemeinsam: Sie stehen bei den diego5 Studios unter Vertrag, ein von Rudi Kobza, Gründer von Kobza Media, und der ehemaligen RTL-II-Moderatorin Sandra Thier 2015 gegründetes Multichannel-Netzwerk. Die Aufgabe des Netzwerks: Es soll nicht nur helfen, dass die Youtuber schnell mehr Views bekommen, sondern auch Werbekunden.
„Wir arbeiten mit 43 Creators erfolgreich zusammen, die Response am Markt ist äußerst gut“, sagt Sandra Thier, Geschäftsführerin von diego5 Studios. „Viele Firmen haben den Zeitgeist verstanden und arbeiten sehr gerne mit den Stars als neue Influencer.“ Die Werbung, die Kunden wie McDonald’s, ÖBB, Kelly’s, Woman, Reed Messe Wien, Ubisoft, Raiffeisenbank oder L’Oreal buchen, wird „Branded Entertainment“ genannt. Das läuft zum Beispiel so ab: In einem Video erläutert Joanna Zhou ihren jungen, meist weiblichen Zusehern, wie man aus Nutella und einem EOS-Kosmetikprodukt einfach Lippenbalsam machen kann – mit dem schönen Nebeneffekt, dass die Produkte in gutem Licht gezeigt werden. „Bei uns gibt es verschiedene Möglichkeiten, Produkte und Botschaften zu integrieren. Wichtig ist, dass die Brands zusammenpassen, also Youtuber und Unternehmen“, sagt Thier.
Wettkampf um Verträge
diego5 sieht sich in Österreich als Marktführer bei der Vermarktung von YouTube-Jungstars. Die derzeit 43 Creators, wie die Videomacher auch genannt werden, zählen zusammen über 823.000 Abonnenten und fast 50 Millionen Videoabrufe. Zhous Nutella-Lippenbalsam-Spot wurde bis dato 5,6 Millionen Mal abgerufen, und bei einem tumultartigen Fantreffen der Youtuberin Celina Blogsta mit mehrere hundert Teenies am Wiener Stephansplatz musste kürzlich gar die Polizei eingreifen. „Unser Netzwerk ist breit gefächert und soziodemographisch mit dem Schwerpunkt bis 35 Jahre“, sagt Thier. „Besonders hervorzuheben sind die starken Zugriffe via Mobile und die lange Verweildauer der User, mit durchschnittlich rund drei Minuten Sehdauer.“ Wie viel Werber genau zahlen, um ihre Produkte in den Videos platzieren zu können, wird nicht verraten, nur so viel: Je mehr Abonnenten ein Youtuber hat, desto teurer die Kampagne, abgerechnet wird nach Reichweite.
Der direkte Konkurrent von diego5 in Österreich heißt Studio71 Vienna, angesiedelt bei PULS 4 und mit direktem Draht zum deutschen Studio71, einer ProSiebenSat.1-Tochter. Vermarktet werden die unter Vertrag stehen Jungstars nicht nur auf YouTube, sondern auch auf dem hauseigenen Portal MyVideo. „Mittlerweile umfasst das Portfolio zwölf nationale Webstars mit insgesamt weit über 1,5 Millionen Subscriber und mehr als 250 Millionen Video-Views“, sagt Projektleiterin Caroline Klinger, der für die Vermarktung die bestehende Sales-Mannschaft der SevenOne Interactive zur Seite steht. Um das Thema zu pushen, veranstaltet Studio71 Vienna am Samstag, den 23. April, ein großes Fantreffen der Jungstars in der Marx-Halle in Wien.
Bloggerinnen im Business
Dass Produktplatzierungen Einzug in andere Social-Media-Kanäle nebst YouTube halten, zeigen Viktoria Heiler und Katharina Schmalzl, die das Blog-Magazin „The Daily Dose“ betreiben. Sie betreiben nicht nur eine Webseite mit gesponserten Artikeln, sondern ermöglichen es Werbern, auch ihre drei Instagram-Kanäle, die zwischen 22.000 und 83.000 Abonnenten haben, dazuzubuchen. „Wenn uns Kunden mit ihrer Marke oder einem Produkt kontaktieren, dann wiegen wir erst ab, ob es etwas ist, dass auch wirklich zu uns und unseren Inhalten passt“, sagt Heiler. „Es ist uns unheimlich wichtig, dass die Inhalte für die Leser immer im gleichen Stil präsentiert werden. Kooperationen werden auf der Seite mit dem Zusatz ‚in friendly collaboration with‘ gekennzeichnet und auf Instagram mit dem Hashtag #ad oder #sponsored.“
Prinzipiell würden die Preise bei „The Daily Dose“ anhand der Reichweite (Unique User) und dem Umfang der Kooperation festgelegt. „Ein Advertorial inklusive Video ist teurer als eines ohne, da wir für das Video ja auch jemanden buchen müssen“, sagt Heiler. Zu den bisherigen Werbekunden von Heiler und Schmalzl zählen etwa Chanel, Vöslauer, Tui, Piaget, Tiffany & Co., L’Oreal, Swarovski, Bipa, Urban Decay, Citroen oder die Erste Bank.
Ist das nicht Schleichwerbung?
Wenn Produkte von Unternehmen in YouTube-Videos und Instagram-Bildern platziert werden, stellt sich auch die Frage nach der ordentlichen Kennzeichnung dieser Werbeform – immerhin sehen vor allem junge Internetnutzer, die die Zusammenhänge der Vermarktung im Hintergrund nicht kennen, die Clips und Fotos. „Im Prinzip ist alles Werbung. Egal ob ich mein liebstes Frühstück vorstelle oder den neusten Nagellack. Auch wenn ich mein Frühstück selbst beim Billa gekauft habe, mache ich Werbung für diese Produkte. Wenn bei uns Firmen Advertorials buchen, egal in welcher Art und Weise, erkennt man das durch die Kennzeichnung“, sagt Heiler. „Wenn wir frei nach Lust und Laune Produkte, die wir im Alltag gerne verwenden, mit unseren Lesern teilen, dann sehen wir darin keine Schleichwerbung, sondern mehr eine Empfehlung unter Freunden. Ich verrate meiner besten Freundin ja auch, welchen Lippenstift ich aktuell am liebsten verwende.“
Auch bei diego5 Studios sieht man sich mit der Kennzeichnung auf der sicheren Seite. „Wir kennzeichnen sämtliche Werbekooperationen streng und transparent nach den Regeln: in der Infobox, im Video und vom Youtuber direkt angesprochen“, sagt Thier von diego5. Die Rückmeldungen sowohl von Nutzerseite als auch von den Werbern bezüglich der Kennzeichnung sei „äußerst positiv“.•