Wie viele Krypto-Investor:innen es in Österreich gibt, kann niemand genau sagen
3 Prozent oder doch 18%, ein paar hunderttausend oder vielleicht doch mehr als 1,5 Millionen: Wer die eigentlich simple Zahl der Österreicher:innen, die Krypto-Assets besitzen, erfahren will, begibt sich plötzlich in ein Dickicht der auseinander driftenden Zahlen und Studien. Denn die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA), die durch die MiCA-Regulierung der EU zur Aufsicht von Kryptowerte-Dienstleistern geworden ist, kommunizierte zuletzt zwei Zahlen, die überraschten – weil sie so niedrig liegen.
Denn laut FMA gibt es in Österreich 12 so genannte VASPs (Virtual Asset Service Provider, Anm.), also von der Behörde beaufsichtigte Krypto-Dienstleister (Bitpanda, 21bitcoin, Trade Republic, Coinfinity u.a.). Und diese hatten laut FMA mit Stand Ende Dezember 2023 insgesamt 390.000 österreichischen Kund:innen und 4,1 Mio. Kund:innen insgesamt eingemeldet. Bitpanda ist dabei der mit Abstand größte Anbieter, der Krypto-Broker kommunizierte Mitte 2024, die 5-Millionen-Grenze bei Kund:innen erreicht zu haben. Wie viele Kund:innen Bitpanda in den einzelnen Ländern hat, verrät das Unternehmen nicht, jedenfalls ist davon auszugehen, dass das Gros nicht aus Österreich, sondern aus größeren Märkten wie Deutschland, Italien oder Frankreich kommen.
Binance, Coinbase und Co melden in Österreich nicht
Nimmt man die 390.000 österreichischen Kund:innen, die offiziell bei der FMA gemeldet wurden, dann kann man immerhin sagen: Es gibt mehr Krypto-Investor:innen in Österreich als Grazer:innen. Graz kam mit Anfang 2024 auf 302.800 Einwohner:innen – das sind 3,30 % der Gesamtbevölkerung, versus den 4,25% der bei der FMA gemeldeten Krypto-Investor:innen mit Stand 31. Dezember 2023.
Was die FMA nicht abbilden kann: Zwar gibt es die braven Unternehmen, die sich bei der Behörde gemeldet haben und von ihr laufend etwa betreffend der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung beaufsichtigt werden, aber natürlich wirken im virtuellen Raum aus dem Ausland natürlich auch zahlreiche Krypto-Exchanges oder auch DeFi-Dienste, die nicht zu den 12 VASPs zählen, aber trotzdem österreichische Nutzer:innen haben. Binance, Coinbase oder Kraken, aber wohl auch Uniswap oder 1inch Network, werden in Österreich sicherlich genutzt – nur melden diese Services nie Zahlen bei der FMA ein.
Umfragen und der Faktor Zeit
Bleibt also neben der Meldung der Krypto-Besitzer:innen nur über, die Österreicher:innen auch direkt zu fragen, ob sie sich Bitcoin, Ethereum und Co kaufen. Und da gibt es auch mehrere Studien, die allesamt zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Die FMA etwa zitiert eine Umfrage, die von 3% der österreichischen Bevölkerung, die Kryptowerte in ihrem Portfolio haben, spricht, während Bitpanda zuletzt eine eigens in Auftrag gegebene Studie veröffentlichte, die vom Fünffachen, also von 18 Prozent, spricht (Trending Topics berichtete) – das würde bedeuten, das fast jede:r fünfte Österreicher:in Krypto-Assets besitzt.
Nun ist es bei Studien aber immer so, dass der Faktor Zeit eine große Rolle spielt – gerade bei Krypto-Assets. Denn da spielt es eine große Rolle, ob man die Menschen in einer Bullen- oder Bären-Phase des Marktes fragt. Hier 3 Beispiele:
- 3 Prozent: Die FMA bezieht sich auf eine Umfrage der Österreichischen Nationalbank (OeNB), die Ende 2022 eine repräsentative Erhebung durchführte. Wir erinnern uns: Das war der Zeitraum, als der Krypto-Markt tief im Winter lag, nachdem ja die Zinswende, der Ukrainekrieg und die Implosionen von TerraUSD/LUNA und FTX für tiefe Verunsicherung sorgten. Kein Wunder, dass damals viele sagten, dass sie nicht oder nicht mehr in Krypto-Werte investieren
- 14 Prozent: Ein Ländervergleich von PwC zeigte für 2023 in Österreich an, dass es rund 14 Prozent gibt, die sagen, dass sie Krypto-Assets besitzen. Für 2022 und 2023 kommt Statista (via Global Consumer Survey 2023) auf die gleiche Zahl, nämlich ebenfalls 14%. 2023 war das Jahr, in dem Krypto aus dem letzten Bärenschlaf aufwachte und sich auf Tauwetter in 2024 (Bitcoin ETFs, Bitcoin Halving, Start der MiCA in der EU) vorbereitete
- 18 Prozent: Die bereits erwähnte Studie von Bitpanda in 2024, die bei YouGov in Auftrag gegeben wurde und repräsentativ für die Bevölkerung in Österreich ab 18 Jahren sein soll. Hier ist anzumerken, dass die Teilnehmer:innen gefragt wurden, ob sie schon einmal in Kryptowährungen investiert haben – das schließt also all jene mit ein, die meinen, dass sie früher schon mal Krypto-Assets besessen haben. Auch alle, die mal einen Memecoin von einem Freund geschickt bekommen haben, würden dazu gehören, und wohl alle, die mal einen NFT gekauft oder geschenkt bekamen
Das Wesen von DeFi
Orientiert man sich also am unteren Ende der Zahlen, so kommt man auf zumindest 390.000 Österreicher:innen, die laut den österreichischen Krypto-Anbietern Kund:innen sind – und das sind deutlich mehr Menschen, als in Graz leben. Alles darüber hinaus ist spekulativ, weil niemand genau erheben kann, welche DeFi-Dienste und ausländischen Services die Österreicher:innen nutzen. Bei den Umfragen wiederum muss man bedenken, dass diese oft auch oft von sozialen Erwartungen geprägt werden. 2024 hat Bitcoin ein neues Allzeithoch erlebt, und wenn Menschen danach gefragt haben, könnten sie sich dazu verleitet fühlen zu antworten: „Na klar habe ich investiert, ich bin doch nicht blöd.“
Dass gerade eine derart digitalisierte Branche am Ende so ungenaue Zahlen hat, ist auf der einen Seite natürlich internessant, aber auf der anderen Seite vielleicht auch richtig gut. Bei Kryptowährungen geht es im Kern um Anonymität und digitales Eigentum – und wenn das nicht bis in den letzten Winkel durchleuchtet werden kann, dann hat Crypto seinen eigentlichen Zweck erfüllt.