Netzneutralität

Zero Rating: Wenn Internetanbieter zu Türstehern werden, könnte das vor allem Start-ups hart treffen

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Darf es Überholspuren im europäischen Internet geben oder nicht? Morgen Dienstag soll es auf diese Frage, die seit Jahren die Meinungen spaltet, konkrete Antworten geben. Denn dann wird die EU-Behörde BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communications) finale Guidelines herausgeben, die definieren, wie die eher schwammigen Regeln zur Netzneutralität (Stichwort Zweiklassen-Internet) von Internetanbietern und Mobilfunkern umgesetzt werden sollen.

Erst im Herbst 2015 hat das EU-Parlament die umstrittenen Regeln zur Netzneutralität verabschiedet (TrendingTopics.at berichtete), die massive Auswirkungen auf die Funktionsweise des Netzes haben könnten. Die Kritik damals: So genannte Spezialdienste könnten den Datenstrom von zahlenden Unternehmen bevorzugen. Das könnte große Unternehmen wie Google, Facebook oder Spotify einen Vorteil verschaffen, während kleinere europäische Dienste und Start-ups ihre digitalen Angebote in nicht so guter Qualität bzw. im gleichen Umfang zum Konsumenten bringen könnten.

Zero-Rating als Schlupfloch

Expertenmeinungen zufolge dürfte die BEREC grundlegende Regeln der Netzneutralität (alle Daten werden gleichbehandelt) berücksichtigen wollen. So sollen etwa Netzsperren, also das Blockieren von Webseiten, nicht möglich sein. Kritisch gesehen wird allerdings so genanntes Zero-Rating: Dabei handelt es sich um die bereits von einigen Mobilfunkern geübte Praxis, bestimmte Dienste vom monatlichen Datenvolumen auszunehmen. Bei Drei in Österreich oder T-Mobile in Deutschland wird Musik-Streaming via Spotify in speziellen Tarifen nicht in den Datentransferverbrauch einberechnet – auch nachdem man seine Gigabyte verbraucht hat, streamt Spotify in gewohnter Qualität (die Deutsche Telekom wird diese Option ab 2. August Neukunden allerdings nicht mehr anbieten).

Europäische Telekoms wollen solche Ausnahmeregelungen von der Netzneutralität, weil es ihnen Zusatzeinnahmen verspricht. „Spezialdienste werden in Zukunft wichtige Komponenten für Wettbewerb sein“, sagte Drei-Chef Jan Trionow zu TrendingTopics.at. Die Chefs der 17 größten Telekom-Konzerne Europas forderten in einem 5G-Manifest von BEREC eine Aufweichung der Netzneutralität, ansonsten würde man den Ausbau der nächsten Mobilfunkgeneration 5G verzögern.

Harter Schlag für Start-ups

„Beim Zero-Rating wird dein Internetanbieter zum Türsteher, der mitentscheiden will, welche Dienste du im Internet nutzt. Das alles gibt ihm einen Grund, dein monatliches Datenvolumen künstlich niedrig zu halten“, warnt die Initiative SaveTheInternet.eu rund um den österreichischen Aktivisten Thomas Lohninger. Die Initiative sammelte in den vergangenen Monaten online eigenen Angaben zufolge mehr als 510.000 Stimmen, um die Freiheit des Internets zu erhalten, wie es auf der Webseite heißt.

„Jeder Konkurrent zu einer Anwendung oder einem Dienst, für den Zero-Rating gilt, erhält einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil, weil es extra Geld kostet, die Anwendung oder den Dienst ungehindert zu benutzen“, heißt es seitens SaveTheInternet.eu. „Von diesen Nachteilen sind Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen besonders betroffen.“

Eine Koalition von rund 100 Internet-Unternehmern, Gründern und Risikokapitalgebern (u.a. Eric Wahlforss von SoundCloud, Niklas Zennström von Atomico oder Fred Wilson Union Square Ventures) haben die BEREC deswegen in einem offenen Brief aufgefordert, das Internet frei und offen zu lassen.

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