Zinserhöhung im Euroraum kommt bis Ende September – Lagarde
Langsam aber sicher wird es konkret. In einem Blog-Post hat die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, nun erstmals relativ genau bekannt gegeben, wann die Leitzinsen im Euroraum angehoben werden sollen. Angepeilt wird nun offenbar das Ende des dritten Quartals 2022 – also der September.
„Da sich die Inflationsaussichten im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie deutlich nach oben verschoben haben, ist es angemessen, dass sich die nominalen Variablen anpassen – und dazu gehören auch die Zinssätze. Dies würde keine Straffung der Geldpolitik darstellen; Vielmehr würde ein unverändertes Leitzinsniveau in diesem Umfeld eine Lockerung der Geldpolitik darstellen, die derzeit nicht gerechtfertigt ist“, schreibt Lagarde. Die Inflation lagt zuletzt bei 7,5 Prozent im Euroraum, 7,2 Prozent in Österreich und 7,4 Prozent in Deutschland.
„Negativzinsen bis zum Ende des dritten Quartals zu verlassen“
Und weiter: „Vor dem Hintergrund der oben vorgelegten Beweise gehe ich davon aus, dass die Nettokäufe im Rahmen des APP sehr früh im dritten Quartal enden werden. Dies würde uns im Einklang mit unserer Forward Guidance eine Zinserhöhung bei unserer Sitzung im Juli ermöglichen. Ausgehend von den aktuellen Aussichten dürften wir in der Lage sein, die Negativzinsen bis zum Ende des dritten Quartals zu verlassen.“
Damit ist es nun fix, wann die EZB ihre Nullzinspolitik der letzten Jahre verlassen wird, um auf die hohe Inflation zu reagieren. Lagarde, die lange nicht eingestehen wollte, dass die COVID-Krise zu einer erhöhten Inflation führen wird, geht aktuell von einer Kern-Inflationsrate von 3,5 Prozent im April aus. Allerdings schließt diese Kerninflationsrate die Preise für Lebensmittel und Energie aus, weil diese besonders hohen Schwankungen unterliegen. Energie und Lebensmittel sind aber auch jene Dinge, die bei hohen Preisen die Konsument:innen sehr schnell und hart treffen.
Inflation: Warum die EZB den Leitzins immer noch nicht erhöht
Lieferengpässe, eine stockende Nachfrage, Ukraine-Krieg, die Null-COVID-Politik in China – Lagarde nennt in ihrem Blog-Eintrag eine ganze Reihe an bekannten Gründen für die hohe Inflation. Welche Folgen die enormen Corona-Hilfen der EU und der USA für die angeschlagene Wirtschaft bedeuten, darauf geht sich aber in ihrer Analyse nicht ein – und stellt sich damit auch nicht der Frage, wie die von vielen als „Gelddrucken“ bezeichnete COVID-Hilfen einen Einfluss auf den Euro hatten. Dieser könnte bald wieder Parität mit dem starken US-Dollar erreichen.
Ankaufprogramme laufen im Juli/August aus
Wie lange die EZB von der Nullzinspolitik abweichen will, lässt Lagarde offen. Klar ist das für die EZB vorgegebene Ziel, die Inflation bei 2 oder weniger Prozent zu halten. „Wenn sich die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent stabilisiert, ist eine schrittweise weitere Normalisierung der Zinsen in Richtung des neutralen Zinssatzes angebracht. Aber die Geschwindigkeit der politischen Anpassung und ihr Endpunkt werden davon abhängen, wie sich die Schocks entwickeln und wie sich die mittelfristigen Inflationsaussichten im weiteren Verlauf entwickeln“, so Lagarde.
Wie mehrmals berichtet, muss die EZB zuerst ihre Ankaufprogramme auslaufen lassen, über die Geld in die Wirtschaft gepumpt wird. Noch läuft das so genannte, aus der Prä-Corona-Zeit stammende Asset Purchase Programme(APP), und zwar bis August. PEPP (also das Pandemie-Notfallankaufprogramm) wurde mit Ende März 2022 beendet. Damit ist der Weg frei für die Zinswende.
Aktuell liegen der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 0,00 %, 0,25 % bzw. -0,50 %.
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