Lieferkette: KI-gestützte Plattform zeigt Unternehmen weltweit ihre verursachten Emissionen an
Emissionen können nicht eingespart werden, wenn deren Ursprung nicht bekannt ist – ein logischer Zusammenhang. Daher legen immer Startups bei dieser Problemstellungen den Finger in die Wunde. Eines davon ist das Berliner Unternehmen “Plan A” oder das ebenfalls aus Berlin stammende Startup Vaayu, wir berichteten. Diese haben eine Software entwickelt, mit welcher es in Echtzeit möglich sein soll, die emeritierten CO2-Emissionen aufzuzeichnen, zu reduzieren und zu kompensieren. Und noch ein Startup aus Berlin will den Unternehmen die Wahl der Lieferant:innen erleichtern: Das Berliner Startup The Climate Choice wurde im April 2020 von Lara Obst, Yasha Tarani und Rey Farhan gegründet. Das Jungunternehmen analysiert für bestehende Unternehmen die jetzige Klimabilanz und schlägt anhand dessen vor, welche Maßnahmen es braucht, um sich entsprechend der Klimaziele zu transformieren.
Das sind bereits gute Ansätze. Aber für einen großflächigen globalen Effekt braucht es mehr. Doch dieser Bedarf birgt einige Herausforderungen: Wie können all die hunderten Zwischenhändler:innen erfasst und deren CO2-Fußabdruck bestimmt werden?
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CDP Global Supply Chain Report
Dabei helfen will das Carbon Disclosure Project (CDP). Die globale gemeinnützige Organisation wurde 2000 gegründet und betreibt laut eigenen Aussagen das größte weltweite System zur Offenlegung von Umweltdaten für Unternehmen, Städte, Staaten und Regionen. In diesem Zusammenhang bewertet CDP beispielsweise jährlich globale Unternehmen nach ihrem Klimamanagement, wir berichteten. Mit ihrer neuesten Analyse CDP Global Supply Chain Report 2021 wenden sie sich nun der Lieferkettenproblematik zu.
In diesem Report kam das CDP zu dem Ergebnis, dass immerhin 71 Prozent der Zuliefernden schon ihre direkten Emissionen verringern. Allerdings arbeiteten nur 38 Prozent der Unternehmen, die ihre Daten der NGO offenlegten, mit ihren Zuliefernden im Bereich Klimaschutz zusammen.
„Unsere Daten zeigen, dass die Umweltambitionen der Unternehmen noch lange nicht ehrgeizig genug sind. Außerdem haben die Unternehmen Scheuklappen auf, wenn es darum geht, ihre indirekten Auswirkungen zu bewerten und mit den Zuliefernden zusammenzuarbeiten, um sie zu reduzieren,” so Sonya Bhonsle, Global Head of Value Chains & Regional Director Corporations beim CDP.
Das könnte mit ein Grund sein, warum sich die Organisation nun mit der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) an einer neuen Initiative arbeitet.
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Referenzplattform von CDP und BCG
„CO2 AI Product Ecosystem Plattform“ – das ist der neue, etwas kryptische Name des Projekts. Laut einer Aussendung der Unternehmensberatung wird es sich dabei um eine Referenzplattform handeln, die den Austausch von Scope-3-Daten ermöglichen und somit die Dekarbonisierung innerhalb einer Lieferkette beschleunigen soll. Scope-3-Emissionen sind dabei Emissionen, die aus Aktivitäten resultieren, die nicht direkt zu dem Unternehmen gehören. Das sind zum Beispiel Emissionen bei der Abfallentsorgung, eingekaufte Waren, aber auch die Emissionen, die durch den Transport entstehen.
Die neue „CO2 AI Product Ecosystem Plattform“ soll es zukünftig ermöglichen, dass alle Unternehmen die Daten zu diesen Emissionen transparent austauschen können. Die Emissionen umfassen dabei nicht nur CO2-Austoß, sondern auch den Wasserverbrauch, Abfall, die Luftverschmutzung und anderer Faktoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Die Plattform unterstützt den Prozess laut BCG unter anderem durch Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence – AI).
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KI unterstützt Prozess
Das neue Projekt, das allen Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt werden soll, wird laut BCG der nächsten Schritt in der Entwicklung von CO2 AI by BCG. Das große Ziel der Zusammenarbeit sei eine KI-gestützte End-to-End-Lösung, die Unternehmen aller Branchen einsetzen können, um aktuelle Emissionen zu quantifizieren und Wege zu finden, sie in großem Umfang zu reduzieren.
„Die KI-gestützte Plattform wird es Unternehmen, Lieferant:innen und Kund:innen ermöglichen, Daten auf Produktebene auszutauschen und ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu berechnen. Sie bietet eine nahtlose Möglichkeit, Nachhaltigkeitsdaten über Lieferketten hinweg auszutauschen und gemeinsam an Hebeln und Fahrplänen zu arbeiten, um die Netto-Null-Bilanz ganzer Branchen zu erreichen“, sagte Charlotte Degot, Managing Director & Partner bei BCG und Gründerin und globale Leiterin von CO2 AI by BCG.
Lieferkettengesetz gefordert
Bisher ist die Offenlegung der gesamten Wertschöpfungskette noch weitgehend freiwillig, oder dem gesellschaftlichen Druck geschuldet. In Deutschland wurde jedoch bereits ein nationales Lieferkettengesetz beschlossen. Ab 2023 sollen zunächst Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter:innen für Menschenrechts- und Umweltschutzverletzungen entlang ihrer Lieferkette haften, ab 2024 dann Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter:innen, wir berichteten. Für Österreich wird von verschiedenen Initiativen ebenfalls ein Lieferkettenngesetz gefordert. Auch auf europäischer Ebene ist ein solches bereits im Gespräch.